Südafrika. Einmal Kap und zurück (Erlebnis südliches Afrika: Reisen in der Republik Südafrika, in Namibia, Zimbabwe, Botswana und Swaziland) (German Edition)
überqueren, nieselt es.
M. Auf einer Zuckerrohrfarm
In Pietermaritzburg, wo es stark regnet, vereinbaren wir telefonisch ein Treffen mit unseren Gastgebern. An der Wartburger Kirche, 60 Kilometer weiter, findet uns Gertrud, die wir in Pretoria kennengelernt haben, unter den mächtigen Bäumen des Kirchplatzes zitternd stehen. Sie bringt uns zur Zuckerrohrfarm ihrer Eltern. Zu nächtlicher Stunde geht die Fahrt zunächst über geteerte, dann über Farm-Schotterstraßen zwischen Mais- und endlosen Zuckerrohrfeldern hindurch, bis wir beim Farmhaus ankommen.
Gleich erhalten wir das Gästehaus zugewiesen, mit zwei Zimmern und Bad. Die überaus freundliche Aufnahme in dem Haus eines der Zuckerrohrbauern KwaZulu- Natals werde ich gern in Erinnerung bewahren. Unter der Last der aufgetragenen Speisen biegt sich der Tisch, als wir uns zum Abendessen versammeln.
Am nächsten Tag führt uns Gertruds Vater trotz schlechter Witterung durch seine Ländereien. An einem abgeernteten Zuckerrohrfeld halten wir an und verlassen den VW-Bus. Er zeigt auf die abgehackten etwa 15 cm langen Stücke eines Rohres. „So wird Zuckerrohr gepflanzt!“ „Die Stücke werden mit Erde bedeckt und beginnen, sobald es regnet, wieder zu keimen. Nach zwei Jahren sind sie reif zur Ernte. An die mannshohen Zuckerrohrpflanzen wird an einem windstillen Tag Feuer gelegt, damit die Teile, die nicht zur Verwertung bestimmt sind, vernichtet werden.“ „Dann kommen die Farmarbeiter, meistens Zulus, die mit Haumessern das Zuckerrohr abschlagen und auf einen Wagen werfen. In unserer genossenschaftlichen Zuckerfabrik werden die Pflanzen weiterverarbeitet. Interessant ist übrigens, dass in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts die in KwaZulu-Natal wohnenden Zulus zu stolz waren, in den Zuckerpflanzungen zu arbeiten! Was wurde gemacht, um dem Arbeitskräftebedarf gerecht zu werden? Eine große Anzahl indischer Gastarbeiter, hauptsächlich Hindus, wurden ins Land gebracht. Einige von ihnen gingen nach der Beendigung ihres Vertrages wieder nach Hause zurück, doch die meisten siedelten sich hier an. Dann folgten islamische Inder, die ihre Schiffspassage selbst bezahlt hatten. Sie blieben zum größten Teil hier. Das ist der Grund für die Anwesenheit von rund einer halben Million Inder in Südafrika. Wohl die meisten davon leben in der Gegend um Durban.
Wieder im Auto frage ich den Farmer: „In der Türkei haben wir gesehen, dass zur Baumwollernte Wanderarbeiter in Scharen auf die Felder geholt werden. Werden die Arbeitskräfte hier auch so rekrutiert?“ „Nein, wir beschäftigen etwa 50 Schwarze das ganze Jahr hindurch auf der Farm. Diese Stammbesatzung reicht in der Regel aus, um die Ernte einbringen zu können.“
Wir fahren durch Zulu-Dörfer, besichtigen kurz den hochmodernen Kuppelbau einer katholischen Kirche und bewundern die künstlerische Ader eines Zuckerrohrfarmers, der das Schild zur Einfahrt seiner Farm aus Motorteilen und Ketten zusammengeschweißt hat. Im inzwischen aufgezogenen Nebel sieht das befremdend aus.
„Ich habe in dem ganzen Gebiet hier nur ein einziges Farmschild mit einem deutschen Farmnamen gesehen. Wie kommt es, dass die Gegend hauptsächlich von Deutschstämmigen bewirtschaftet wird und trotzdem fast alle, auch Ihre Farm, englische Namen haben?“ „Das ist ganz einfach“, erklärt die Farmersfrau, „wir haben die Farm gekauft, und sie war im Grundbuch mit dem englischen Namen eingetragen. Wir haben den Namen gelassen. Wenn irgend jemand den englischen Farmnamen hört, weiß er genau, auf welche Farm er sich bezieht. Deshalb ist ein Wechsel des Namens nicht sinnvoll.“
Ich komme zu dem Schluß, dass die Pflege des Deutschtums bei den hier lebenden Deutschen nicht so sehr ausgeprägt ist wie zum Beispiel in Kroondal im Transvaal. „Wir sprechen im Alltagsgebrauch hauptsächlich englisch“, gibt der Farmer zu. Deshalb also ist das Deutsch unserer Gastgeber von direkt übersetzten englischen Wendungen durchzogen. Ein Beispiel: „Der Nachtisch ist sehr reich“ heißt es da, wenn man meint, dass der Fettgehalt des Speise hoch sei, vom englischen „rich“.
Warum wird ausgerechnet Zuckerrohr in dieser Ecke KwaZulu-Natals angepflanzt? Das hängt vor allem mit dem passenden Boden und dem subtropischen Klima zusammen, das den Anbau hier in dieser Gegend begünstigt. „Wisst Ihr, wo der Name Natal herkommt?“ fragt die Gutsherrin in die Runde. Sie gibt die Antwort gleich selbst:
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