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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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haben. Sie verpetzte Schüler, die der Lehrerin Brautlich Brautloch hinterhergerufen oder unseren Deutsch- und Geschichtslehrer Schmittke als fetten Naziarsch bezeichnet haben, der zu feig ist, in den Krieg zu ziehen. Was glaubst du, Lore, hat der mit den Buben gemacht, die so was getan haben? Und mit den Mädchen hat er dasselbe gemacht. Er hat sie geschlagen und in die Ecke gestellt. Und niemand hat sich gewehrt! Keine Mutter. Kein Vater, falls einer da war. Alle haben sich das gefallen lassen. Alle! Alle! Und meine Mutter auch. Und die Mutter deines Vaters auch! Alle! Nur die Familie Rosbaum nicht. Die hat sich gewehrt. Und da hat meine Schwester etwas getan, was sie nicht hätt tun dürfen .
    Nicht? Von da an wollt ich, dass sie tot ist. Und ich hab alle Bilder weggeschmissen, auf denen sie drauf war, die ganzen Kinderfotografien, alle zerrissen. Und dann war sie tot. Und da hab ich mich gefreut, und niemand hat geweint um sie, nicht mal unsere Mutter. Nicht mal unsere Mutter.«
    Die Tränen tropften ihr vom Gesicht auf den Schoß. Sie scheuerte mit dem Taschentuchknäuel über ihre Wangen und verschmierte die Schminke und rieb so fest in ihren Augen, als wolle sie für alle Zeit ihr Schauen loswerden .
    Lore Vogelsang trat einen Schritt auf ihre Mutter zu .
    Aber Emmi streckte ihr den Arm entgegen, zeigte mit dem Finger auf sie und rief: »Und du bleib stehen! Sonst schlag ich dir ins Gesicht!«
    Sogar Max Bregenz, der noch keinen Laut von sich gegeben hatte, stieß ein Brummen aus, das nach Widerspruch klang.
    »Der Daniel ist ein hübscher Junge gewesen, er hat niemandem was getan. Max und ich, wir haben heut Morgen über ihn gesprochen, bevor ich im Dezernat angerufen hab. Der Daniel. Und jetzt sag ich dir was, und ich wollts dir nie sagen, weil mich das eigentlich nichts angeht. Weil es um deine Familie geht, und auch wenn ich deine Mutter bin, so respektier ich, was du tust, ob mir manches passt oder nicht. Das weißt du. Ja?« Sie ließ ihre Tochter nicht zum Nicken kommen. »Wieso du dich so aufregst, hab ich sofort durchschaut. Weil du dich selber belügst! Weil du glaubst, wenn du andere beschimpfst, dann kommst du ungeschoren davon. Zu spät, Lore, du hast dich verraten, und das gönn ich dir! Ich hab mich nie eingemischt, wenns um deinen Mann ging, um deine Freunde, um deine Tochter, die rausgeht und Leute beklaut und schon in der Zeitung abgebildet war, weil sie mit ihrer Bande durch die Stadt zieht und Unsinn treibt! Für die Leute ist das aber kein Unsinn, und für mich auch nicht! Mach, was du willst.« Und dann schrie sie wieder einen Satz: »Aber sag nicht zu mir, ich bin ein Lügenbiest!« Fahrig, mit zitternder Hand tupfte sie sich den Mund ab. »Du bist verheiratet, Lore, und was ist? Dein Mann hat eine andere Frau. Du bist die Mutter eines halbwüchsigen Kindes, und? Dein Mann weiß bis heute nicht, dass Tanja nicht seine Tochter ist. Und er wills gar nicht wissen, ist ihm egal. Und dir auch. Und wenn dein Mann nach Afrika fliegt, weil er da angeblich lebenswichtige Projekte zu betreuen hat, nimmt er seine Geliebte mit, und du weißt das, und es kümmert dich nicht . Wozu gibts Tabletten? Sinds immer noch diese gelben, länglichen? Wirken die immer noch so gut wie früher? Dein Vater und ich …«
    »Was ist mit meinem Vater?« Mit einem dumpfen Schlag gegen das Büfett versuchte Lore Vogelsang sich aus ihrem Anwesenheitsverlies zu katapultieren. Nach zwei Schritten auf ihre Mutter zu blieb sie stehen und richtete den Zeigefinger auf Max Bregenz. »Meinst du den? Wer ist das? Das ist nicht mein Vater! Das ist der Mann, den du geheiratet hast, weil du schwanger warst und mein Vater verschwunden war. Oder? Oder, Max?«
    Bei der Nennung seines Vornamens verkrampfte sich der Körper des alten Mannes auf der Couch, er winkelte den herunterhängenden Arm an, bis seine Finger fast sein Gesicht berührten. Es sah aus, als wolle er an ihnen riechen. Dann stöhnte er leise vor Anstrengung und legte die Hand auf seine Brust, wo die Finger sich in den Pullover krallten. Den Kopf auf der Sitzfläche, blickte er schräg zu seiner Tochter hinauf, und ich war mir nicht sicher, ob er sie überhaupt sah. Wie Gewichte fielen ihm ständig die Lider zu, und wenn er die Augen öffnete, blinzelte er lange.
    Während er seine hilflosen Bewegungen bewältigte, redete Lore Vogelsang weiter auf ihn ein, nur auf ihn, obwohl sie halb ihrer Mutter zugewandt dastand. »Du warst der Ersatzspieler. Ja, das habt ihr mir

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