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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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gesagt, ja. Aber nicht freiwillig! Wenn die Elke mich nicht gefragt hätt, ob das stimmt, dass du gar nicht mein richtiger Vater bist, hätt ich es nie erfahren. Niemals! Und die anderen Kinder haben hinter meinem Rücken getuschelt und sich lustig gemacht. Jeder im Viertel hats gewusst! Nur ich nicht! War das keine Lüge! Ja?« Ihr Kopf schnellte zu ihrer Mutter herum. »Tu doch nicht so, als wär das alles deine freie Entscheidung gewesen! Als hättst du das alles so gewollt! Ohne die Elke wärst du nie mit der Wahrheit rausgerückt! Ich kenn dich doch! Wenn ich was gelernt hab von dir, dann das Lügen! Das hab ich sogar vererbt gekriegt, das Lügen! Du warst nie ehrlich zu mir. Und ich hab lang gebraucht, um dich zu durchschauen, lang, lang hab ich gebraucht, so lang! Und jetzt kommst du mit einer Schwester daher. Was hast du denn noch in der Hinterhand? Einen Bruder? Einen Sohn, von dem niemand was weiß? Ich glaub dir kein Wort mehr. Red einfach weiter. Sind noch genug Zuhörer da. Und noch was.«
    Schon an der Tür, drehte sich Lore Vogelsang noch einmal um. »Kümmer dich um deinen eigenen Dreck, lass meine Familie in Ruhe! Wie heißt dein Merksatz? Familie geht nur die Familie was an? Halt dich dran, Mama. Ja?«
    Sie schlug die Tür hinter sich zu, und ich hörte ihre stampfenden Schritte im Flur und kurz darauf eine zweite Tür, die zugeschlagen wurde.
    Unrhythmisch synchronisierte der Regen unser Schweigen.
    »Der kleine Daniel …«, sagte Emmi Bregenz und stopfte das durchnässte Taschentuch zwischen Sitzkissen und Lehne. »Er hat nicht kapiert, was die Männer von ihm wollten. Er ist immer so freundlich zu allen Leuten gewesen. Andre Kinder wären vor den Mänteln und den Pistolen erschrocken, er nicht, er hielt die Männer bestimmt für Polizisten, die sich Sorgen machen um seine Tante und seinen Onkel. Also hat er ihnen gesagt, wo sie sind. Er hat sie sogar hingeführt, glaub ich. In das Versteck . Der kleine Daniel. Und wenn Ruth nicht gewesen wär, würden die beiden vielleicht heut noch leben, die Tante und der Onkel.«
    Und leise, wie mit unterdrückter Stimme fügte sie hinzu: »Und die Frau Rosbaum. Und der Herr Rosbaum. Und der kleine Daniel.«
    Am Ende erhob sie sich, strich die Falten aus dem blauen Kleid, legte beide Hände flach an ihr Gesicht und sah zu der Stelle, an der ihre Tochter gestanden hatte. Dann drehte sie sich um, die Hände noch immer an den Wangen, und atmete schwer, überanstrengt vom vielen Sprechen, besorgt um ihren Mann, der die Augen geschlossen hatte und am ganzen Körper zitterte. Als sie die Hand hob und den rechten Daumen langsam ihrer Stirn näherte, begriffen Sonja und ich zuerst nicht, was sie vorhatte.
    »Ein oder zwei Jahre älter als Ruth ist er gewesen«, sagte Emmi Bregenz, nachdem sie sich wieder gesetzt hatte .
    »Sie hat ein leichtes Spiel mit ihm gehabt. Du hast Recht, Max, rothaarig war er, nicht schwarz, rothaarig wie unsere Mutter ganz früher, und er hat immer eine Mütze aufgehabt, so eine graue, abgegriffene Schiebermütze .
    Die war ihm zu groß. Er hatte so ein schmales, weiches Gesicht, ich habs mal gestreichelt. Sie wohnten vorn in der Thierschstraße, an dem kleinen Platz, wo heut Parkplätze sind. Wir haben ihn nicht besuchen dürfen, was für jemand wie Ruth eine einzige Verlockung war. Sie hat sich reingeschlichen. Und Daniel hat sie reingelassen, sie hat ihn bezirzt. Und dann … Dann … Die Frau Rosbaum ist keine Jüdin gewesen, Halbjüdin, nicht? Er schon, der Herr Rosbaum, der diesen wunderbaren Porzellanladen hatte. Meissner hat der geführt und Schälchen aus Asien, so was gabs bei uns gar nicht in Deutschland, damals nicht. Und so wundervolle Glasvasen, von denen meine Mutter immer so geschwärmt hat, mundgeblasen, wie Tulpenkelche geformt. In dem Laden war die Welt wie verzaubert. Nicht? Nicht, Max? Deine Eltern hatten auch kein Geld für die schönen Sachen. Aber anschauen hat ja nichts gekostet. Die Nazis haben Herrn Rosbaum in Ruhe gelassen, er hatte gute Beziehungen ins Rathaus, die Politikerfrauen haben alle bei ihm eingekauft. Und er war unauffällig. Aber seine Schwester und ihr Mann, die nicht, die sind auffällig geworden. Meine Mutter wusste Bescheid, sie hat Andeutungen gemacht, die hab ich mir gemerkt. Die beiden, die sind aus Augsburg geflüchtet. Hören Sie mir zu? Entschuldigen Sie, bitte. Max, ich muss das den Polizisten erklären.«
    Sie sah nicht zu ihm hin, sie hob den Kopf und tupfte sich den Mund ab. Auch wenn

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