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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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im ganzen sieben Geschichten, weil es sieben Wochentage gibt.‹«
    Sonja nahm mir das Buch aus der Hand. »Wie heißt der Junge? Halmar?«
    Ich sagte: »Hjalmar.«
    »Ja«, sagte Gabelsberger und machte behutsam einen Schritt ins Zimmer auf uns zu. »Das hab ich früher schon zu ihr gesagt. Dass der Junge so heißt wie sie, fast genauso, mit einem j halt dazwischen. Das ist doch ein Zufall finden Sie nicht?«
    »Ich glaube nicht«, sagte ich.
    Sonja sah von dem Buch auf, und Gabelsberger wischte sich verblüfft übers schweißnasse Gesicht .
    »Vorn steht, wo Hans Christian Andersen geboren ist«, sagte ich. »Auf der Insel Fünen.«
    »Und?«, sagte Sonja.
    »In der Geburtsurkunde von Babette Halmar, von der wir annehmen müssen, dass sie gefälscht wurde, steht der Mädchenname ihrer Mutter. Fünen. Und die Geschichte vom Schlafgott kennt sie, seit sie ein kleines Mädchen war. Das wissen wir von Emmi Bregenz. Nein, Herr Gabelsberger, Ihre Freundin hat ihren Namen aus einem Märchen, ihr Vorname ist tatsächlich Ruth, so wie Tanja Vogelsang gesagt hat.«
    »Aber …« Gabelsberger hustete stoßweise. »Wieso hat sie denn ihr den richtigen Namen gesagt und mir nicht? Und allen anderen auch nicht. Sie hat doch immer Babett geheißen in Ismaning. Wieso?«
    Und als wir ihn vor dem achtstöckigen Mietshaus mit der rosafarbenen Fassade absetzten, sagte er wieder: »Wieso? Wieso macht die das, und niemand merkt was? Das ist doch strafbar, oder nicht? Das ist doch ein Verbrechen fast. Und jetzt, wo ist sie? Ich muss mit ihr reden. Ich werd sie zur Rede stellen! Und ich hab sie noch gesehen, mit der grünen Tasche, am Bahnhof. Wo wollt die denn hin?«
     
    »Ganz bestimmt grün«, sagte der Mann am Telefon . »Übrigens sind wir uns schon mal begegnet.«
    »Wo denn?« Der Anruf kam zwei Tage nachdem wir die Sache mit dem Namen entschlüsselt hatten .
    »Am Ostbahnhof.«
    Ich schwieg.
    »Sind Sie noch dran. Herr Süden?«
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Ich geb die Tasche im Reichenbachkiosk ab, da können Sie sie abholen.«
    »Ich möchte sie gern aus Ihrer Hand bekommen«, sagte ich.
    »Geht nicht, muss weiter.«
    »Ich gebe Ihnen eine Belohnung, Bogdan.« Das war der Name, den er seinerzeit bei unserem Treffen im Bahnhofslokal genannt hatte. Danach hatte ich ihn nie wieder gesehen, und das trieb mich um. Die Art, wie er sich übers Gesicht strich und dann die Hand vor den Mund hielt, hatte mich an meinen Vater erinnert, und ich wollte unbedingt noch einmal mit Bogdan reden, nur um ihm zuzusehen. Als er später einmal wegen einer anderen Sache im Dezernat anrief, war ich nicht im Büro .
    »Wie gesagt, die lag unter der Reichenbachbrücke, und ich hab mich an den Bericht in der Zeitung erinnert, ich les ja jeden Tag die einschlägigen Blätter, man will ja wissen, welche Klientel einem in Zukunft auf der Platte begegnet.«
    »Unbedingt«, sagte ich .
    »So kreuzen sich unsere Wege«, sagte Bogdan.
    Ich sagte: »Haben Sie aus der Tasche etwas rausgenommen? Geld interessiert mich weniger, ich meine Papiere . Persönliche Dinge.«
     
    »Nein«, sagte er. »Die Tasche ist leer. Ein paar Zettel liegen drin. Hat wahrscheinlich ein Kumpel schon ausgeleert. Kann ja sein, dass sie gar nichts mit Ihrem Fall zu tun hat.«
    »Kann sein«, sagte ich .
    »Viel Glück!«, sagte er und legte auf .
    Mein Vater war achtundzwanzig Jahre zuvor verschwunden, an einem Sonntag zwei Tage vor Heiligabend. Und dann tauchte Bogdan auf, und mein Herz veränderte seinen Rhythmus. Das tut es noch heute, wenn ich an ihn denke.
     
    »Soll schöne Grüße bestellen«, sagte der Kioskbesitzer .
    Wie er mir versicherte, hatte er den Mann, der die Tasche abgegeben hatte, vorher noch nie gesehen. »Er hatte einen alten Lederhut aufm Kopf und einen Mantel an, so einen runtergerissenen, grauen.«
    Wie der Sandler damals am Ostbahnhof .
    Ich kaufte eine Flasche Augustinerbier und stellte mich hinter das Häuschen ans Brückengeländer, von wo aus man auf die Isarwiesen und den Fluss sehen konnte .
    Mit mir feierten drei im Gegensatz zu mir bereits stimmungsvoll bebierte Männer die vorübergehende Regenpause.
    In die Reisetasche war ein durchsichtiges Plastikschildchen eingenäht, in dem ein Zettel steckte, beschrieben mit kleinen, akkuraten Buchstaben: Babette Halmar, Am Englischen Garten 1, 85737 Ismaning .
    Ich trank das Bier und holte mir eine zweite Flasche .
    Trotz des Auffindens der Tasche und einiger anderer Fahndungserfolge, die uns am Vortag gelungen

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