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Süden und das Lächeln des Windes

Süden und das Lächeln des Windes

Titel: Süden und das Lächeln des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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unter Kontrolle.
    »Mit neun hat man keine Freundin, das wissen Sie doch.« Unbeweglich saß sie da und zähmte ihre Stimme. »Das Mädchen stiftet ihn zu Sachen an, für die er noch viel zu klein ist, viel zu klein. Zum Beispiel geht sie mit ihm in ein Lokal und bestellt was zu trinken und bezahlt dann auch, sie bezahlt das sogar, was sie konsumieren. Oder sie fährt mit ihm mit der S-Bahn in die Stadt und läuft mit ihm da rum, ganz allein. Das darf die nicht, und das sag ich ihr auch. Ich hab ihr das verboten, aber ihre Mutter erlaubt ihr alles.«
    »Haben Sie mit Frau Tiller darüber gesprochen?«
    »Manchmal«, sagte Susanne, sah zu Boden und ballte die linke Hand zur Faust.
    Ich warf Martin, der mit dem Kugelschreiber auf seinen Block klopfte, einen Blick zu und strich mir übers Gesicht. Und für die Dauer einer Erscheinung sah ich den zerstörten alten Mann in der Bahnhofskneipe vor mir und dann, als bestehe ein Zusammenhang, den Jungen im Wald, der ich war, ich kauerte auf dem Hochsitz, ein Bündel frierende Furcht.
    »Es muss jetzt mal die Wahrheit raus«, sagte Berghoff. Susanne, schien mir, hielt die Luft an.
    »Die Sache ist«, sagte Berghoff ohne jede Veränderung in Stimme und Haltung, »Timo ist nicht mein Sohn. Das ist das eine. Dann ist die Sache, er weiß das nicht, wir haben es ihm nicht gesagt, Susanne wollte das so, sie wollte, dass er denkt, ich bin sein Vater. Ich wollte das nicht so. So. Dann ist die Sache, ich hab wenig Zeit, ich brauch eine neue Arbeit, und das ist das Wichtigste, verständlich, oder nicht? Noch mal zu der Vatersache: Ich bin kein Vater, ich will keiner sein, ich war nie einer und ich werd nie einer sein, das sind Entscheidungen, die man treffen muss. Meine Entscheidung ist: Vaterschaft, nein! So. Dann ist die Sache, dass ich keinen Draht zu Timo hab, nie gehabt habe, ich hab versucht, in Ordnung zu sein, hat möglicherweise funktioniert, weiß ich nicht. Ist nicht mein Problem, hab ich nie als mein Problem gesehen. Susanne sieht das anders, ist ihre Sache. Der Junge ist ihr Sohn, und sein Vater ist irgendwo, ich weiß nicht, wo, geht mich nichts an. Das ist der Zustand in diesem Haus, ich bin hergekommen, um das zu klären. Ist das jetzt geklärt? Gut.«
    Ohne auch nur einen Finger bewegt zu haben, hatte Susanne zugehört, oder auch nicht. Wozu sollte sie zuhören, sie kannte die Wahrheit, und es schien ihr nichts auszumachen, dass nun auch wir sie erfahren hatten.
    »Das alles hätten Sie mir doch sagen können, Frau Berghoff!«
    »Das geht Sie doch überhaupt nichts an«, sagte sie vor sich hin. Ich stand höchstens einen Meter von ihr entfernt, und sie starrte meine schwarzen Jeans an, redete geradezu an sie hin. »Das sind Sachen, die niemand außerhalb der Familie was angehen, auch die Polizei nicht, auch Sie nicht, auch jetzt nicht. Ich hab Ihnen gesagt, mein Mann macht die Prüfungen, die sind für ihn wichtig, und das muss genügen. Wenn da was in den Zeitungen steht morgen, zeig ich Sie an, ich verbiet Ihnen, über das zu sprechen, was Sie hier hören.«
    Sie dachte nicht daran, den Kopf zu heben.
    »Könnte Ihr Sohn bei seinem leiblichen Vater sein?«, sagte ich.
    »Nein«, sagte Susanne.
    »Wo lebt Timos Vater?«
    »Irgendwo in Griechenland.«
    »Sie haben keinen Kontakt zu ihm.«
    »Nein.«
    »Weiß er, dass er einen Sohn hat?«, sagte ich.
    »Nein«, sagte Susanne.
    Ich sagte: »Kennt Ihre Schwester die Wahrheit?« Susanne sagte nichts.
    »Carola Schild weiß Bescheid«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Berghoff. »Ist das wichtig?«
    Ein Handy klingelte. Automatisch griff Martin nach dem Gerät auf dem Tisch. Doch es war Berghoffs Telefon, er hatte es neben die Couch auf den Boden gelegt.
    »Hallo?«, sagte er. »Nein… Jetzt? Geht nicht… Ich hab… Danke für Ihr Verständnis.« Er beendete das Gespräch und behielt das ovale silberne Ding in der Hand. »Ein ehemaliger Kunde, er hat einen brutalen Virus…« Er verstummte, betrachtete das Handy und schürzte die Lippen.
    »Ist er schwer krank?«, fragte ich allen Ernstes. Vielleicht brauchte ich dringend frische Luft.
    »Nicht er hat den Virus«, sagte Berghoff, »sondern sein Apple.«
    Da stand ich mitten im Raum, ein ein Meter achtundsiebzig hoher, achtundachtzig Kilo schwerer Deppenhaufen.
    »Würden Sie uns bitte einen Kaffee kochen?«, fragte Martin Susanne Berghoff mit einem überflüssigen Grinsen.
    »›Ist er schwer krank?‹«, äffte Martin mich nach. Wir warteten im Kinderzimmer darauf, dass Susanne

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