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Süden und das Lächeln des Windes

Süden und das Lächeln des Windes

Titel: Süden und das Lächeln des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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ich.
    »Ja«, sagte sie. »Erst hab ich gedacht, ich mach gar nichts, ich wart einfach ab wie immer. Ich hab Carola angerufen, sie hat gesagt, ich soll mich nicht aufregen, ich soll mich lieber besser um ihn kümmern, da hab ich gleich aufgelegt. Sie hat mich immer rumkommandiert, sie wollt immer was Besseres sein, sie hat gedacht, bloß weil sie älter ist, weiß sie alles besser. Sie hat nicht mal ein Kind und ist schon fast vierzig, sie ist Sprechstundenhilfe, sie ist nicht mal selbstständig. Aber sie weiß immer noch alles besser. Ich kann nicht verstehen, wieso Timo zu ihr geht, der geht so oft zu ihr, und ich weiß nicht, wieso. Er mag sie halt. Ich verbiet ihm das nicht. Ich muss ja auch arbeiten, ich bin den ganzen Tag weg, oft auch abends. Lang schaff ich das nicht mehr.«
    Sie spielte mit den Fingern, kratzte sich hektisch am Daumennagel. »So lang ist er noch nie weggeblieben, und jetzt stehen wir in der Zeitung. Aber ich hab kein Interview gegeben, so was mach ich nicht.«
    »Das ist gut«, sagte ich.
    »Die rufen hier an, woher haben die die Nummer? Von Ihnen?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Ist ja gleich«, sagte Susanne, »ich geh sowieso nicht dran.«
    »Ihr Mann redet nicht mehr mit Ihnen.«
    »Nein, er hat mich durchschaut, er hat gleich gemerkt, dass ich nur wegen ihm zur Polizei bin, dass ich da was vorhab, was nur ihn und mich was angeht. Und wenn die Polizei da oben in Wolfsburg nicht so hartnäckig gewesen wär, war er nicht gekommen, das hat er mir gesagt.
    Er hat gesagt, in dem Moment, wo Sie zur Tür reinkommen, redet er kein Wort mehr mit mir, es ist ihm gleich, was Sie über ihn denken oder über uns, ihm ist alles gleich, er will die Prüfungen schaffen, und dann zieht er nach Wolfsburg und dann fängt er was Neues an.«
    Sie blinzelte und stand abrupt auf. Sie verbat sich auch nur eine Träne zu vergießen. »Langsam hab ich wirklich Angst, so lang war er noch nie weg, noch nie war er so lang weg, über Nacht und nicht bei Carola.«
    »Hat er sich noch nie mit Sara versteckt?«, fragte ich.
    »Vielleicht hat er mal eine Bleibe erwähnt, wo Sara manchmal hingeht, einen Schuppen, eine Wohnung.«
    Sie dachte nach, schob den Stuhl nah an den Tisch, drehte sich zu mir um, die Hände in den Hosentaschen, was sie beinah lässig wirken ließ. »Ich kenn keine Wohnung… nein… Er hat mal erzählt, ihr Vater hat einen Freund, der mal im Knast war und heut auf Mallorca lebt, er ist da Manager oder so was, und der… Jetzt fällt mir was ein… der hat noch eine Wohnung in München, und da war Sara schon mal, das hat mir Timo erzählt, weil Sara behauptet hat, sie hätt in dieser Wohnung eine richtige Pistole gefunden… Aber die erzählt viel, die erzählt so viel, weil Timo alles glaubt. Der glaubt doch alles, der macht alles nach.«
    »Wissen Sie, wie der Mann heißt?«
    »Nein.«
    »Kennen Sie Frank Tiller näher?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte sie. »Ich mag ihn nicht. Er hat letztes Jahr sein Haus komplett renoviert, niemand weiß, von welchem Geld. Der treibt Geschäfte mit Leuten im Knast, das sagt jeder am Falkenweg, das ist ein zwielichtiger Kerl, ich mag den nicht. Seine Frau ist ihm total ergeben, die Bettina, die ist in Ordnung, mit der treff ich mich, sie kommt heimlich im Hotel vorbei, und dann trinken wir was zusammen.«
    »Wieso heimlich?«
    »Sie ist so«, sagte Susanne Berghoff. »Sie ist eine Heimlichtuerin, das hat sie von ihrem Mann, Und Sara ist eine eingebildete, ausgekochte Göre. Und sie hat Macht über Timo, sie hat den in der Hand. Sie waren zusammen im Kino.«
    Sie zeigte auf das Plakat an der Tür.
    »Sie hat es geschafft, ihn in diesen Film reinzubringen, an der Kasse vorbei, und sie darf selber noch nicht rein. Aber sie ist schlau, sie ist ausgekocht. In dem Film waren die! Wenn ich das vorher gewusst hätt!«
    »Haben Sie Timo deswegen bestraft?«, fragte ich.
    »Und wie!«, sagte sie, griff nach der Klinke, doch anstatt sie niederzudrücken, lehnte sie die Stirn gegen die Tür und verstummte. Im Wohnzimmer klingelte ein Handy, und dann hörte ich undeutlich Martins Stimme. Susannes Hand umklammerte die Klinke, als wollte sie sie zerquetschen.

12
    I m weißen Licht, das uns blendete, gingen Martin und ich unweit des Falkenwegs zu dem kleinen Spielplatz unter den Bäumen. Die Luft war kalt und angenehm, der Schnee knirschte unter unseren Schuhen, und dieses Geräusch vertrieb vorübergehend alles Schwere in meinen Gedanken. An einigen Stellen funkelte der Schnee. Ich

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