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Süden und die Frau mit dem harten Kleid

Süden und die Frau mit dem harten Kleid

Titel: Süden und die Frau mit dem harten Kleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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gesagt, der hat sich gewehrt, und sie hat nichts machen können. Sie war immer nett zu ihm, das ist mir aufgefallen, sie hat das ertragen, wie der war. Ich hätt das nicht geschafft .
    Ich bin froh, dass Jockei nicht trinkt. Auch wenns ihm schlecht geht, so wie jetzt, er trinkt nicht, das ist ein Segen, Herr Kommissar, wenn der Mann nicht dauernd trinkt, nur weil er ein Problem hat.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Ist ihm was passiert, dem Johann?«, fragte sie zum zweiten Mal, diesmal mit besorgtem Gesichtsausdruck .
    »Ich weiß nicht.«
    Sie drückte meinen Arm. »Er hat mir mal gesagt, dass er sich was antut, wenns so weit ist.« Sie beugte sich nah zu mir. »Meiner Meinung nach war der depressiv, der Johann, er hat so viel geredet, weil er so depressiv war, das ist meine Meinung. Ich hab kaum was verstanden von dem, was er geredet hat, aber mir ist das so vorgekommen, dass er irgendwie krank war … seelisch gesehen .
    Der hat keinen Halt gehabt. Wenn ich gewusst hätt, dass er eine Schwester hat …«
    »Was hätten Sie dann gemacht?«, flüsterte ich .
    »Ich hätt … ich hätt ihm geraten, sich von ihr helfen zu lassen oder … Ich weiß nicht. Lebt die hier in München?«
    »Auf dem Land«, sagte ich. »Sie wird heute in seiner Wohnung übernachten.«
    »Hoffentlich finden Sie ihn gesund«, sagte Bilka.
     
    Franz Beck war noch im Mantel, als er mir die Tür öffnete. Er wohnte ein Stockwerk unter Johann Farak .
    »Er ist viel rumgetrampelt«, sagte Beck. Auf dem Holztisch in der Küche lagen eine Zither und ein Stapel Notenblätter. Er nahm eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank, öffnete sie und goss ein Glas voll. »Ich komponier oft nachts, das ist die stille Zeit, da kommen die Noten von selber. Prost!«
    Ich nickte ihm zu. Das Trinken des ersten Schlucks Bier nach Feierabend schien für ihn ein erhabener Moment zu sein.
    »Nach einem ganzen Tag in der trockenen Schalterhalle, da verdunstet das Bier direkt im Mund.«
    »Haben Sie sich bei ihm beschwert?«, fragte ich .
    »Selbstverständlich!« Er machte eine Kopfbewegung zur Tür und wir gingen ins Wohnzimmer, in dem ein verzierter Bauernschrank, eine Truhe mit einem schmiedeeisernen Schloss und ein weiterer Holztisch standen. Über den Tisch war eine karierte Decke gebreitet. In einem schmalen Schrank in der Ecke, an dem die Türen fehlten, hatte Beck CDs, Schallplatten und Liederbücher ordentlich sortiert, hunderte an der Zahl.
    Wir setzten uns auf Holzstühle mit geschwungenen Lehnen. Zu trinken bot er mir nichts an .
    »Ist was passiert mit ihm?«, fragte er .
    Anscheinend hatte jeder, der ihn kannte, damit gerechnet, dass ihm etwas zustieß. Ich erklärte ihm, wir würden nach ihm suchen. Er wiegte den Kopf hin und her, trank einen Schluck und spitzte die Lippen .
    »Ich könnt mir vorstellen, er ist besoffen in die Isar gefallen oder so was«, sagte Beck. »Oder er hat sich irgendwo die Kugel gegeben. Der hat sich doch selber nicht mehr ertragen, der war doch ein Wrack, schon seit Jahren. Und nachts ist er ausgeflippt, trampelte durch seine Wohnung, warf Flaschen gegen die Wände …«
    Mir war nicht aufgefallen, dass die Wände beschädigt gewesen wären.
    »… schrie rum, hat sich aufgeführt. Unangenehmer Typ .
    Ich hab die Polizei angerufen, nicht nur einmal, und nicht nur ich, andere im Haus auch, sogar Nachbarn von drüben. Die Polizei ist gekommen, hat mit ihm geredet und dann sind sie wieder abgezogen. Er war dann auch ruhig. Aber ein paar Tage später gings wieder los. Durchgeknallt war der.«
    Er trank, dann stellte er das Glas ab und drückte mit den Fingern auf seine Augen. »Jedenfalls ist jetzt Ruhe, sehr angenehm, in den letzten vier Wochen hab ich fünf Stücke komponiert, Landler, Gstanzln, kurze Sachen, aber sehr gut. Finde ich. Finde ich.« Wieder spitzte er die Lippen.
    Ich stellte die unvermeidliche Frage: »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
    Er stand auf, ging zur Stereoanlage und schaltete sie ein .
    Klassische Klänge.
    »Der entspannt mich, der Vivaldi«, sagte Beck. »Wann hab ich den gesehen? Ist ein paar Wochen her. Ich hatte eigentlich gedacht, er ist zum ersten November ausgezogen. Stimmt das nicht?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. Tatsächlich hatten wir sein Mietverhältnis noch nicht übergeprüft. Seltsamerweise war ich bisher nicht auf die Idee gekommen, er könnte ausgezogen sein.
    »Waren Sie nicht in seiner Wohnung?«
    »Doch«, sagte ich. »Viel ist nicht drin. Aber ich glaube nicht, dass er umgezogen

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