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Süden und die Schlüsselkinder

Süden und die Schlüsselkinder

Titel: Süden und die Schlüsselkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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mit seiner Kollegin Sonja hatte keiner von beiden eine Heirat in Erwägung gezogen. Im Nachhinein begriff er, dass sie überzeugt war, sie würden sowieso nicht für immer zusammenbleiben.
    Keine seiner flüchtigen Freundinnen war je schwanger geworden. Und heute, mit Anfang fünfzig, konnte er sich nicht mehr vorstellen, Vater zu werden. Oder doch?
    Was dachte er in der Gegenwart von Kindern? Was dachte er, wenn er sie beim versunkenen Spielen beobachtete? Wenn er ihren Gesprächen über die Welt lauschte? Wenn er sie schlafen sah? Wenn er ihren Zorn miterlebte, ihren Übermut, und wenn sie weinten und im nächsten Moment damit aufhörten? Was dachte er dann?
    Er dachte, dass er sich vorkam wie der Zaungast eines seltsamen Glücks, das ihm selbst nicht vergönnt war, in dessen Nähe er aber immerhin verweilen durfte. Dieses Glück färbte jedes Mal auf ihn ab wie ein buntes Lachen.
     
    Fanny lachte, als sie zurück ins Büro kam und ihm auf die Schulter klopfte, damit er die Augen wieder öffnete.
    »Auf dem Klo hängt ein Bild, da pinkelt ein Vogel beim Fliegen an einer Pfütze vorbei. Fahren wir jetzt wieder nach Hause?«
    »Ja.« Süden stand auf, nestelte an seinem Gürtel und überlegte, ob er ebenfalls zur Toilette gehen sollte. »Sie kennen den Geliebten von Frau Richter«, sagte er zu Evelin.
    Sie zögerte. »Nein.«
    Süden schwieg.
    Fanny trat von einem Bein aufs andere, rieb sich die Augen.
    »Sagen Sie mir den Namen.«
    »Ja, schnell«, sagte Fanny, und Süden nickte ihr zu.
    »Geliebter! Er ist ein Freund«, sagte die Hotelchefin.
    Süden zog den Reißverschluss seiner Daunenjacke zu und wandte sich zur Tür, die Fanny schon erreicht hatte. »Wahrscheinlich bringt mich der Mann nicht weiter, aber ich muss mit ihm sprechen, wie mit jedem im Umfeld der Familie. Verstehen Sie das?«
    »Verstehst du das?«, fügte Fanny hinzu, wie es ihre Art war.
    Verblüfft sah Evelin Montag sie an. Die Antwort kostete sie Überwindung.
    »Er arbeitet im selben Baumarkt wie Hannah. Nils. Familiennamen weiß ich nicht. Ich weiß nicht, was genau zwischen den beiden ist, sie redet nicht viel darüber. Bisher hab ich ihn nicht kennengelernt, ich hab auch keine Ahnung, wie lang das schon geht. Ludwig weiß nichts davon, zumindest behauptet Hannah das. So häufig sprechen wir nicht miteinander, ich hab viel zu tun und sie auch. Jetzt ist sie erst mal hier. Und Sie finden bitte möglichst schnell den Buben.«
    »Helfen Sie mir dabei.«
    »Tu ich doch.«
    »Helfen Sie mir mehr.«
    Sie blieb an der Tür stehen. »Mehr weiß ich nicht.«
    »Was wollte Ludwig Richter im Hotel?«
    »Mit Hannah sprechen, was sonst?«
    »Warum?«
    »Weil sie von zu Hause weg ist.«
    »Wie ihr Sohn.«
    »Und?«
    »Ich glaube nicht, dass er mit ihr sprechen wollte, weil sie von zu Hause weg ist.«
    »Sondern?«
    »Weil Adrian weggelaufen ist.«
    »Aber …« Sie verwarf den Gedanken wieder. »Nein. Das würde ja bedeuten, Ludwig weiß von Adrians Verschwinden. Das kann nicht sein.«
    Süden sagte: »Einen anderen Grund hätte er nicht gehabt, um herzukommen. Adrian hat ihm eine SMS geschickt oder ihn sogar angerufen und ihm das Gleiche angekündigt wie Fanny: dass er auf dem Weg hierher sei.«
    »Aber er ist doch nicht hier.«
    Süden bat Evelin, bei dem Mädchen zu bleiben, während er einen schnellen Rundgang durchs Haus machte. Wie bei der Suche im Sankt-Zeno-Haus rechnete er nicht damit, den Jungen zu finden, trotzdem durfte er keine Möglichkeit außer Acht lassen. Seine mangelnde Kondition beim Treppensteigen erschreckte ihn wieder. Im zweiten Stock horchte er an Hannahs Tür und hörte nichts außer Stimmen und Musik aus dem Fernseher. Zurück im Parterre, ging er in den Hinterhof, schaute hinter und in den Müllcontainern nach und stieg anschließend die Kellertreppe hinunter. Sämtliche Türen waren abgesperrt.
    »Wir brechen auf.« Keuchend erreichte er das Büro. Eigentlich hätte er in der Detektei anrufen und um Verstärkung bitten müssen. Jemand sollte das Hotel überwachen, für den Fall, dass der Junge doch noch auftauchte, dann aber – aus welchem Grund auch immer – nicht hineingehen würde.
    »Natürlich meld ich mich sofort, wenn ich Adrian sehe.« Evelin wartete noch, bis Süden und das Mädchen ins Taxi gestiegen waren. Dann rieb sie sich vor Kälte die Hände und zog die Eingangstür hinter sich zu. »Auch einen Tee mit Schuss?«, fragte sie Peter, ihren Angestellten, der an der Rezeption telefonierte.
     
    »Was machst du

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