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Süden und die Schlüsselkinder

Süden und die Schlüsselkinder

Titel: Süden und die Schlüsselkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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mit einem betrunkenen, eifersüchtigen Ehemann erst recht nicht.
    »Den Ludwig kenn ich seit zwanzig Jahren«, sagte sie. »Der war früher ein netter Kerl, interessanter Mann, cool, immer für einen Trip ins Ungewisse zu haben. Dann sind wir einfach losgefahren, er, die Hannah und ich mit wechselnder Begleitung. Gardasee, Toskana, Hauptsache, über den Brenner und dann ins Weite. Er war Chefverkäufer im Autohaus Riese an der Donnersberger Brücke, hochpreisige Autos, potente Kunden.«
    »Riese-Wiese«, sagte Fanny und saugte am Strohhalm in der Limoflasche.
    »Riese-Wiese«, wiederholte Evelin. »Seit die Kunden wählerischer geworden sind und die Reichen den Geiz entdeckt haben, läuft das Geschäft nicht mehr so, sie haben teilweise auf Kurzarbeit umgestellt, und Ludwig ist davon betroffen. Er hat öfter mal Mist gebaut, nichts Besonderes, aber dem Chef gefiel das nicht, wenn Ludwig gewisse Kunden, Kundinnen, bevorzugt hat oder wenn er ein paar Minuten zu spät zur Arbeit kam. Er hat sich verändert. Und mit dem Baby kam er auch nicht klar.«
    »Er war angebunden«, sagte Süden.
    »Anfangs hat er sich noch gekümmert, dann musste Hannah alles allein schaffen, das Kind, ihren Job im Baumarkt. Sie ist Kassiererin, sie verdient nicht schlecht, fast zweitausend im Monat, glaub ich, so einen Job gibt man heute nicht einfach auf. Und dann fing’s an: Ludwig blieb eine Nacht weg, zwei Nächte, ein paar Nächte. Immer dasselbe Spiel. Kenn ich: die Männer und ihre Freiheit.«
    »Aber die beiden haben sich nicht getrennt, bis heute nicht.«
    Evelins Telefon klingelte. Sie drückte auf einen Knopf, leitete das Gespräch um. »Ein Jahr vor Adrians Geburt haben sie geheiratet, und ein Jahr nach seiner Geburt fing ihre Ehe an zu zerbröseln. Seitdem: Brösel, wo man hinschaut. Aber: Sie picken sie auf und machen weiter. Wie so viele Paare. Waren Sie mal verheiratet?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Was ist eigentlich passiert? Adrian ist verschwunden?«
    »Er schickt Fanny SMS -Nachrichten, in einer davon hat er einen Besuch bei seiner Mutter im Hotel Daheim angekündigt.«
    »Er war nicht hier.«
    »Das behauptet seine Mutter auch. Sie verachtet ihren Sohn.«
    Evelin senkte den Kopf, schien nachzudenken. Vom Flur waren Stimmen zu hören, zwei Männer unterhielten sich laut in einer Sprache, die Süden nicht zuordnen konnte. Es klang, als würden sie sich anschreien. Doch dann lachten sie und entfernten sich ins Treppenhaus.
    »Meiner Meinung nach müsste Hannah zu einem Arzt«, sagte Evelin Montag. »Sie rief mich an und sagte, sie muss sofort aus der Wohnung, sonst springt sie aus dem Fenster. Sie würde die Wände nicht mehr ertragen, den Geruch in der Küche, den Anblick von Ludwigs Skischuhen an der Garderobe. Solche Sachen. Sie kam hier an mit nichts als ihrem Rucksack, sperrte sich im Zimmer ein und reagierte auf nichts. Natürlich rief gleich am ersten Tag Ludwig bei mir an und fragte, ob ich wisse, wo sie steckt. Ich sagte nein. Er rief immer wieder an, war ja klar. Und heute taucht er auf und will nach oben stürmen. Peter und ich haben ihn zurückgehalten, er roch nach Glühwein und Bier, er geht nicht zur Arbeit. Sie werden ihn feuern, wenn er sich weiter so verhält. Ich habe Hannah versprochen, dass sie über Weihnachten hierbleiben kann, wir haben wenig Gäste, da passt das schon.«
    »Bei seinem Vater hat Adrian sich auch nicht gemeldet«, sagte Süden und warf Fanny einen Blick zu. Das Mädchen blinzelte müde.
    »Das weiß ich nicht«, sagte Evelin. »Wahrscheinlich, sonst hätte er bestimmt was gesagt. Wo könnte Adrian denn sein? Wieso hat er es überhaupt geschafft, unbemerkt das Haus zu verlassen?«
    »Weil er schlau ist«, sagte Fanny.
    »Möchtest du noch eine Limo?«
    Fanny schüttelte den Kopf. »Ich muss mal aufs Klo.«
    Evelin stand auf und ging zur Tür. »Ich zeig dir den Weg.«
    Während die beiden den Flur hinuntergingen, legte Süden den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
     
    Ein einziges Mal hatte er einer Frau einen Heiratsantrag gemacht, da war er neunzehn. Vier Tage später bekam er solche Angst vor den Konsequenzen, dass er das Mädchen in sein Schwabinger Stammlokal bestellte und ihr unter dem Einfluss mehrerer Biere gestand, dass er seinen Antrag zurückziehen müsse, er hätte sich getäuscht und überschätzt.
    Soweit er sich erinnern konnte, verlief der Abend ohne Geschrei und Tränen, und vermutlich hatte er mit Bibiana sogar noch einmal geschlafen. Während der Beziehung

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