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Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Titel: Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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so tief er kann in die Frauen. Lauter Widersprüche, ein widersprüchlicher Steuerberater, der in einem hübschen Haus in Gern lebt und jede zweite Frau heiraten möchte, in die er seine Finger bohrt. Ich wünsche ihm, dass eines Tages eine ja sagt, eine, die ihm die Angst wegnimmt und nur noch Freude bereitet, eine, die keine Kloake ist wie ich.
    Es ist schon nach Mittag, und ich weiß nicht, wohin ich soll. Ich will begehrt werden, versteht ihr das nicht? Ich will begehrt werden als Frau. Und ich hasse euch und ich will, dass ihr so dreckig werdet wie ich. Macht, was ihr euch vorstellt in eurer Phantasie, ich tu alles für euch. Das wisst ihr doch, ich bin bloß ein Schwamm, ich nehm jeden Schmutz.

    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Frau neben ihr in der Straßenbahn.
    »Nein«, sagte Ariane Jennerfurt, »meine Kontaktlinsen tun nur weh.«
    Sie fuhr durch die Stadt. Bei jeder Haltestelle wischte sie mit dem Ärmel über die beschlagene Scheibe. Und schaute hinaus. Die Tram war überhitzt. Und es roch nach Feuchtigkeit und Kräutermedizin.
    Durchnässt war sie in der Nähe des Nymphenburger Kanals eingestiegen. Und nach ein paar Metern empfand sie das Dasitzen und Gefahrenwerden wie ein Geschenk.
    Und etwas, so schien ihr, begann sich zu verändern. Sie würde abwarten. Sie würde genau aufpassen. Sie wollte sich nicht ablenken lassen.
    Am Hauptbahnhof zögerte sie. Gegenüber der Haltestelle war das Bistro, in dem sie getrunken und den Mann getroffen hatte.
    Dahin wollte sie nicht. Sie blieb sitzen. Leute drängten sich im Gang. Und sie war froh, auf einem Einzelplatz zu sitzen. Durch die Scheibe, die schnell beschlug, sah sie die pompöse Fassade des Justizpalastes. Und Fußgänger unter riesigen Schirmen. Vor dem »Königshof« hielt die Straßenbahn. Und ohne vorher daran gedacht zu haben, sprang Ariane auf. Zwängte sich zwischen den stehenden Fahrgästen hindurch und stieg aus. Und lief los.
    Unter dem Baldachin des Nobelhotels hielt sie inne. Ein Portier, der eine Livree und einen grauen Zylinder trug, stand hinter der gläsernen Schiebetür im Vorraum. Sie sah zu ihm. Er nickte freundlich.
    Sie spürte ihre nassen Schuhe durch die Strümpfe. Dann sah sie den roten Teppich.
    In dem Grau und der Monotonie dieses Tages kam ihr dieses Rot wie ein Signal vor, das sie antrieb. Noch einmal hob sie den Kopf in Richtung des Portiers. Und dieser machte einen Schritt nach vorn. Und die Schiebetür öffnete sich. Obwohl er nichts sagte, glaubte Ariane zu verstehen, dass er sie aufforderte einzutreten. Sie stand allein da. Niemand kam heraus. Kein Auto mit neuen Gästen hielt auf dem Vorplatz.
    Sie konnte sich nicht entschließen. Was sollte sie im Hotel? Der Portier wollte nur freundlich sein. Er tat seinen Job. Eine Frau im Regen musste getröstet werden. Das gehörte sich so.
    »Hallo«, sagte sie.
    »Hallo«, sagte er und faltete die Hände, die er bisher hinter dem Rücken gehalten hatte, vor dem Bauch. Er trug weiße Handschuhe.
    Ariane bückte sich. Dann zog sie ihren linken Schuh aus. Hielt ihn schräg. Um ein Rinnsal Wasser herauslaufen zu lassen, und schüttelte ihn. Dann zog sie den rechten Schuh aus. Drehte auch ihn um. Nahm daraufhin beide Schuhe in die Hand und wandte sich zum Gehen. Gern hätte sie dem Portier noch einen Gruß zugerufen. Dafür war jetzt keine Zeit. Sie musste die Straßenbahn erwischen. Das hatte sie soeben beschlossen. Ihre Reise war noch nicht zu Ende.
    In Strümpfen lief sie die Treppe zur Unterführung hinunter, die schwarze Tasche über der Schulter, die Schuhe in der Hand. Angestarrt und angegrinst.
    Wenig später saß sie in einer alten scheppernden Straßenbahn mit bullernder Heizung, vor die sie ihre Schuhe stellte.
    Dann wurde ihr bewusst, dass sie seit fünf Minuten nicht an ihr Leid gedacht hatte.
    Ein ungeheuerlicher Moment war das.

    Im Bad trank er Wasser aus dem Hahn. Den Mund wischte er sich nicht ab.
    Nachdem er das Fenster geöffnet hatte, zog er sich aus. Er warf die Sachen, Jeansjacke, Jeans, Unterwäsche, auf einen Stuhl. Klappte den Koffer auf. Holte das rote Indianermesser heraus. Es steckte in einem Lederetui, das mit einem kleinen hellblauen Stein verziert war. Das Etui warf er ebenfalls auf den Stuhl. Dann hockte er sich auf den Boden und lehnte sich an die Wand.
    Der Perlmuttgriff lag ruhig in seiner Hand. Das Messer war leicht, die Klinge blitzsauber, die Spitze geschliffen. Er hatte es noch nie benutzt.
    Nichts hatte er geplant. Alles geschah wie

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