Südlich der Grenze, westlich der Sonne
Außerdem geht es mir ja nicht um die Grundstücke. Da steckt viel Geld drin, aber in dieser Liga spiele ich nicht. Ich baue nur die Häuser.«
Ich seufzte tief.
»Das gefällt dir nicht, oder?«
»Was soll die Frage? Du hast mich doch schon eingeplant, ob es mir nun gefällt oder nicht. Du hast vorausgesetzt, dass ich zustimme, oder nicht?«
»Ehrlich gesagt, ja.« Er lachte etwas betreten.
Ich seufzte wieder. »Weißt du, Vater, mir gefällt das überhaupt nicht. Ich rede gar nicht von gesellschaftlicher Moral und so weiter. Aber wie du weißt, bin ich ein Durchschnittsmensch, der ein Durchschnittsleben führt. Und ich will möglichst nicht in solche Hinterzimmergeschäfte verwickelt werden.«
»Das weiß ich doch«, sagte mein Schwiegervater. »Überlass ruhig alles mir. Ich würde dich nie in Schwierigkeiten bringen. Schließlich würden auch Yukiko und die Kinder darunter leiden. Das würde ich nie zulassen. Du weißt ja, wie ich an ihr und den Kleinen hänge.«
Ich nickte. Ich war nicht in der Position, ihm seine Bitte abzuschlagen. Ein bedrückender Gedanke. Mit der Zeit würde ich in immer mehr Machenschaften verstrickt werden. Das hier war nur der erste Schritt. Hatte ich einmal Ja gesagt, stünde mir bald der nächste bevor.
Eine Zeit lang aßen wir schweigend. Ich trank Tee, aber mein Schwiegervater kippte weiter einen Sake nach dem anderen.
»Wie alt bist du jetzt eigentlich?«, fragte er unvermittelt.
»Siebenunddreißig«, sagte ich.
Er fixierte mich.
»Siebenunddreißig ist das beste Alter«, sagte er. »Man hat Erfolg im Beruf und ist selbstbewusst. Das zieht die Frauen an. Habe ich recht?«
»Zu mir zieht es sie nicht gerade in Scharen.« Ich lachte und versuchte, seine Miene zu deuten. Einen Moment lang fürchtete ich, er hätte von mir und Shimamoto erfahren und mich zu sich gerufen, um mich ins Gebet zu nehmen. Aber sein Ton hatte nichts Forschendes. Er wollte nur ein bisschen plaudern.
»Als ich in deinem Alter war, habe ich nichts ausgelassen. Deshalb sage ich auch nicht, du dürftest keine Affären haben. Es klingt vielleicht seltsam aus dem Mund eines Schwiegervaters, aber ich finde es besser, sich gelegentlich ein bisschen auszutoben. Das kann sehr erfrischend sein. Dampf ablassen tut dem Familienleben gut und verbessert die Konzentration im Beruf. Falls du also mit anderen Frauen schläfst, mache ich dir keinen Vorwurf. Nur solltest du sehr vorsichtig bei der Wahl deiner Partnerinnen sein. Eine falsche Entscheidung, und dein Leben gerät aus den Fugen. Ich habe das schon so oft mitangesehen.«
Ich nickte. Yukiko hatte mir erzählt, dass es in der Ehe ihres Bruders kriselte. Der Bruder, ein Jahr jünger als ich, hatte offenbar eine Geliebte und ließ sich kaum noch zu Hause blicken. Ich vermutete, dass mein Schwiegervater sich Sorgen um seinen Erstgeborenen machte und das Thema deshalb angeschnitten hatte.
»Jedenfalls sollte man sich nicht mit billigen Frauenzimmern einlassen. Wer das tut, ist selbst bald nichts mehr wert. Wer sich mit einer Dummen einlässt, wird selbst zum Dummkopf. Was aber nicht heißt, dass man sich eine allzu umwerfende Geliebte nehmen sollte. In dem Fall geht man nicht mehr gern zurück, und wenn man nicht zurückfindet, verirrt man sich. Verstehst du, was ich meine?«
»Ich glaube schon«, sagte ich.
»Aber wenn du einige Dinge beachtest, kann nicht viel schiefgehen. Vor allem darfst du der Frau keine Wohnung kaufen. Das ist tödlich. Außerdem solltest du immer spätestens um zwei Uhr zu Hause sein. Zwei Uhr ist die äußerste Grenze. Damit kommst du gerade noch durch. Und benutze nie deine Freunde, um eine Affäre zu decken. Wenn die Sache herauskommt, kann man nichts machen. Aber es ist schließlich nicht nötig, dabei einen Freund zu verlieren.«
»Du scheinst aus Erfahrung zu sprechen.«
»Richtig. Der Mensch lernt nur durch Erfahrung«, sagte er. »Allerdings gibt es Menschen, die lernen es nie. Aber zu denen gehörst du nicht. Du hast einen sehr guten Blick für Menschen. Den kann man sich nur durch Erfahrung aneignen. Ich war noch nicht oft in deinen Bars, aber eins habe ich gleich gesehen: Du hast gute Leute aufgetan und weißt, wie man sie behandelt.«
Ich schwieg und wartete ab, was als Nächstes kommen würde.
»Auch bei der Wahl deiner Ehefrau hast du das bewiesen. Bis jetzt funktioniert eure Ehe ja bestens. Yukiko ist glücklich mit dir. Und eure beiden Mädchen sind sehr liebe Kinder. Dafür muss ich dir danken.«
Inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher