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Südlich der Grenze, westlich der Sonne

Südlich der Grenze, westlich der Sonne

Titel: Südlich der Grenze, westlich der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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wollte. Sie hätte sich nur geärgert, dass er mich in so etwas hineinzog. »Natürlich hat er dir Geld geliehen, aber das hat ja damit nichts zu tun. Außerdem zahlst du es mit Zinsen zurück«, hätte sie bestimmt gesagt. Aber so einfach war das alles nicht.
    Unsere jüngste Tochter schlief in ihrem Zimmer. Als wir unseren Kaffee getrunken hatten, lockte ich Yukiko ins Bett. Wir zogen uns aus und liebten uns in aller Ruhe im hellen Licht des Nachmittags. Ich nahm mir viel Zeit, bevor ich in sie eindrang. Doch selbst während ich in ihr war, musste ich unausgesetzt an Shimamoto denken. Mit geschlossenen Augen stellte ich mir vor, Shimamoto in meinen Armen zu halten und ejakulierte heftig.
    Nachdem ich geduscht hatte, beschloss ich, mich noch einmal hinzulegen und ein bisschen zu schlafen. Yukiko war schon wieder angezogen, aber als ich wieder im Bett war, legte sie sich neben mich und drückte ihre Lippen an meinen Rücken. Ich fühlte mich schuldig, weil ich an Shimamoto gedacht hatte, während wir miteinander schliefen. Ich schwieg und hielt die Augen geschlossen.
    »Ich liebe dich wirklich, weißt du«, sagte Yukiko.
    »Jetzt sind wir schon sieben Jahre verheiratet und haben zwei Kinder«, sagte ich. »Eigentlich solltest du mich allmählich satthaben.«
    »Stimmt, aber ich liebe dich trotzdem.«
    Ich zog sie an mich. Dann begann ich sie auszuziehen. Ihren Pullover, ihren Rock und ihre Unterwäsche.
    »Was soll das denn werden? Nicht das, was ich denke, oder?«, sagte sie erstaunt.
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Das muss ich in mein Tagebuch eintragen«, sagte sie.
    Diesmal bemühte ich mich, nicht an Shimamoto zu denken. Ich umschlang Yukiko, sah ihr ins Gesicht und konzentrierte mich ganz auf sie. Ich küsste ihre Lippen, ihren Hals und ihre Brüste. Und kam in ihr. Danach hielt ich sie noch lange im Arm.
    »Stimmt irgendwas nicht?«, fragte sie und sah mich an. »War was mit Vater?«
    »Nein, überhaupt nichts«, sagte ich. »Nicht das Geringste. Ich möchte nur noch eine Weile so liegen bleiben.«
    »Natürlich, solange du willst«, sagte sie und drückte mich fest an sich, während ich noch in ihr war. Ich schloss die Augen und klammerte mich an sie, um nicht irgendwohin zu verschwinden.
    Als ich Yukiko so in den Armen hielt, fiel mir plötzlich ein, was ihr Vater mir von ihrem Selbstmordversuch erzählt hatte. ›Ich dachte, sie würde nicht mehr aufwachen. Ich war sicher, sie würde sterben.‹ Wäre damals irgendetwas schiefgelaufen, wäre sie jetzt nicht mehr da, dachte ich. Sanft berührte ich die Schultern, das Haar und die Brüste meiner Frau. Sie fühlten sich warm an, weich und wirklich. Ich konnte Yukikos Existenz mit meinen Händen spüren. Dennoch wusste niemand, wie lange all das noch existieren würde. Alles, was Form hatte, konnte jeden Augenblick verschwinden. Yukiko ebenso wie unsere Wohnung. Die Wände, die Decke, die Fenster, alles konnte im Nu verschwunden sein. Plötzlich musste ich an Izumi denken. Vermutlich hatte ich Izumi ebenso tief verletzt wie dieser Mann Yukiko. Später hatte Yukiko mich kennengelernt. Aber Izumi war allein geblieben.
    Ich küsste Yukikos weichen Nacken.
    »Ich schlafe ein bisschen«, sagte ich. »Dann hole ich die Kleine vom Kindergarten ab.«
    »Schlaf gut«, sagte meine Frau.
    Ich schlief nur kurz. Als ich aufwachte, war es kurz nach drei Uhr nachmittags. Von unserem Schlafzimmerfenster aus konnte man den Aoyama-Friedhof sehen. Ich setzte mich auf einen Stuhl ans Fenster und blickte lange hinaus auf den Friedhof. Seit Shimamoto wieder in mein Leben getreten war, sah so vieles ganz anders aus. Aus der Küche hörte ich, wie Yukiko Vorbereitungen fürs Abendessen traf. Die Geräusche hallten dumpf in meinen Ohren, als würden sie durch ein Rohr aus einer anderen, fernen Welt übermittelt.
    Ich holte den BMW aus der Tiefgarage und fuhr in den Kindergarten, um meine ältere Tochter abzuholen. An diesem Tag fand dort ein besonderes Fest statt, und sie kam erst kurz vor vier Uhr heraus. Wie üblich stand vor dem Kindergarten eine Reihe blitzblank polierter nobler Automobile. Aus den Saabs, Jaguars und Alpha Romeos stiegen junge Mütter in teuren Mänteln, um ihre Kinder in Empfang zu nehmen und nach Hause zu fahren. Meine Tochter wurde als Einzige von ihrem Vater abgeholt. Als ich sie entdeckte, rief ich ihren Namen und winkte. Auch sie sah mich, winkte mit ihrer kleinen Hand und lief auf mich zu. Doch dann entdeckte sie ein anderes kleines Mädchen, das auf dem

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