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Suehne

Suehne

Titel: Suehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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eine Stunde lang versucht, die drei kleinen Schweinchen zu erhaschen und zu braten. Klein Evert hatte geheult wie ein Schlosshund und war erst von seinem Leiden erlöst worden, als er in die Hose gemacht hatte.
    »Aus dieser Heulsuse wird nie ein richtiger Polizist«, hatte sein Vater festgestellt, als er seinen einzigen Sohn wieder der Obhut und Fürsorge seiner zärtlichen Mutter übergeben hatte. Es hatte Kakao mit Schlagsahne und frischgebackene Zimtschnecken gegeben.
    Jetzt war es also wieder so weit. Die halbstündige Reportage handelte von einer Rehaklinik im Mittleren Westen der USA, in der Leute mit relativ harmlosen Schlaganfällen und Infarkten wieder ins Leben zurückgeführt werden sollten.
    Die Mehrheit von ihnen erinnerte stark an Bäckström, einmal abgesehen davon, dass sie sich nur noch schwankend mit Hilfe von Rollatoren fortbewegen konnten, sabberten und lallten. Das Feuer in ihren Augen war erloschen. Einer von ihnen, der Bäckström so ähnlich sah, dass sie eineiige Zwillinge hätten sein können, bewegte sich gerade von der Kamera weg, als ihm seine Hose auf die Knöchel rutschte und eine riesige, hellblaue Windel zum Vorschein kam. Er drehte sich daraufhin zur Kamera um, lächelte mit seinen hängenden Lippen und sagte lallend:
    »No panties.« Dann war die milde Stimme des Sprechers zu vernehmen, die erklärte, dieser Patient sei trotz seines Aussehens erst fünfundvierzig Jahre alt und habe jahrelang cholesterinhaltige Lebensmittel zu sich genommen und außerdem noch sehr viel Bier und Bourbon getrunken, weil er abwegigerweise angenommen habe, dass das eine das andere kompensiere. Der Patient habe einige Monate zuvor ein eher harmloses Blutgerinnsel im Gehirn erlitten. So war das also, aber Bäckström hatte bereits die Augen geschlossen und bemühte sich verzweifelt, auf der Fernbedienung den Aus-Knopf zu finden.
    Dann hatte er sich einen alten Trainingsanzug mit dem Wappen der Bereitschaftspolizei angezogen. Er hatte ihn bekommen, als er einmal mit diesen Halbaffen auf einer Fortbildung gewesen war, weil irgendein Genie in der Polizeiführung es sich in den Kopf gesetzt hatte, dass sie für den Fall einer akuten Krise Teamwork üben müssten.
    Wer würde sich schon hilfesuchend an solche Leute wenden?, dachte Bäckström, während er mit gewisser Mühe seine neuen Joggingschuhe zuschnürte, um dann einen Spaziergang um Kungsholmen herum zu machen. Zwei Stunden später war er zurück, und als er den Schlüssel in das Schloss seiner Wohnungstür steckte, ereilte ihn eine Offenbarung.
    Aber natürlich!, dachte Bäckström. Dieses kleine Genie im weißen Kittel hatte alles missverstanden, und falls noch irgend eine Gerechtigkeit auf der Welt existierte, dann sollte dieses sich schleunigst an seinen eigenen Därmen aufhängen: nur saufen, nicht essen, dann werden die Blutgefäße wieder so sauber wie ein Gebirgsbach im Frühling, dachte Bäckström. Dazu brauchte man kein Arzt zu sein, um das zu begreifen. Das wusste doch jeder, dass Alkohol das beste Lösungsmittel war, das man sich vorstellen konnte.
    Gesagt, getan, nach zwei Minuten klingelte er bereits bei seinem Nachbarn, dem ehemaligen Fernsehboss.
    »Bist du nicht in Ferien, Bäckström?«, lallte sein Nachbar und fuchtelte mit einem Glas von Bäckströms erstklassigem Maltwhisky herum.
    »Ich musste das ein paar Tage aufschieben«, log Bäckström, »und deswegen hätte ich gerne gewusst, ob ich nicht ein paar Flaschen von denen, die ich dir vor ein paar Tagen verkauft habe, zurückkaufen kann? Eine Flasche reicht auch. Vorzugsweise ein Maltwhisky, wenn davon noch was übrig ist.« Er schaute auf das Glas, das der Fernsehmann in der Hand hielt.
    »Zurückgetauscht wird nicht«, lallte der Fernsehchef und schüttelte den Kopf. »Verkauft ist verkauft.« Dann machte er einfach die Tür zu und drehte innen zweimal den Schlüssel herum.
    Bäckström versuchte, ihn durch den Briefkastenschlitz zur Vernunft zu bringen, was aber nur zur Folge hatte, dass auch noch die Innentür zugeknallt wurde.
    Da musste dann selbst Bäckström aufgeben. Er trottete zurück in seine Wohnung, duschte ein weiteres Mal, putzte sich die Zähne und nahm drei von den Tabletten, die ihm dieser irre Arzt verschrieben hatte, eine braune, eine blaue und eine lilane. Dann ging er zu Bett. Er machte das Licht aus. Er hatte nicht vor, einen Abschiedsbrief zu schreiben. Dann schlief er so unvermittelt ein, als hätte ihm jemand einen Topfdeckel auf den Kopf gehauen. Als

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