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Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption

Titel: Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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trinkt mit zurückgelegtem Kopf und spreizt dazu die Schenkel, damit der Junge begutachten kann, was sich unter ihrem Schlüpfer verbirgt. Die Haustür geht auf, eine alterslose Frau kommt mit einem Korb Wäsche heraus. Sie sagt etwas zu der Dicken, doch die zeigt ihr nur den gereckten Mittelfinger. Der Junge spuckt auf die Stufen. Die Frau hängt auf der Veranda die Wäsche auf. Die beiden kichern und befummeln sich hinter dem Rücken der Frau. Den alten Jeep, der jetzt vor dem Zaun hält, sehen sie nicht.
    Wendy zieht sich den Mützenschirm ins Gesicht. Helliwell hievt sich aus dem Wagen und wankt durch den Regen aufs Haus zu. Er trägt dieselbe Latzhose wie auf den Fotos von Marcellus. Aus seinem flachsblonden Haar tropft es ihm in den Hemdkragen. Die Kinder plärren. Helliwell steigt die Verandastufen hinauf. Er tritt mit dem Fuß nach dem Jungen, der sich wegduckt. Das dicke Mädchen hängt sich wie eine Klette an ihn. Der Junge nutzt die Gelegenheit zur Flucht. Helliwell hat einen Lederriemen hervorgezogen und lässt ihn auf die Schenkel und den Hintern des Mädchens schnalzen. Schreiend verschwindet sie im Haus. Helliwell dreht sich um, zieht seinen Hosenstall auf und pinkelt in den Regen hinaus. Shepard drückt seine Zigarette aus.
    »Geh nicht, Pete.«
    Helliwell betritt das Haus. Peter steigt aus. Wendy folgt ihm.
    Sie haben die Veranda erreicht. In dem Moment, als Peter anklopfen will, wird drinnen die Tür geöffnet. Helliwell hat seine Latzhose ausgezogen. Peter starrt ihm in die Augen.
    »Profos Helliwell?«
    Panik huscht über das Gesicht des Schlägers. Peter drückt den Lauf seiner Pistole in Helliwells Wanst.
    »Ich wette, auch du bist ein Freund des Bowlings, stimmt’s?«
    Helliwells Gesicht ist aschgrau geworden. Sein Atem stinkt nach Bier und Zigarillos. Eine Stimme hinter ihm fragt: »Wer ist das?«
    Helliwell dreht sich zu seiner Frau um, die in der Küchentür steht. Sie hat rote Augen.
    »Zieh Leine, Alte«, sagt er.
    Die Frau verschwindet. Die Augen des Schlägers heften sich wieder auf Peter.
    »Verdammt, Mann, das ist wahnsinnig lang her.«
126
    Die Reifen schlittern, die Radaufhängung quietscht, die Stoßdämpfer ächzen in den regengefüllten Schlaglöchern. Tief hängende Zweige schrammen über die Karosserie. Seitdem sie durch den Wald von Meadville fahren, hat Peter kein Wort gesprochen. Wendy berührt seine Wange, die eiskalt ist.
    »Bitte, Peter. Red mit mir.«
    An Peters Händen, die das Steuer halten, werden die Knöchel weiß. Er biegt in einen Weg ein, der mit leichtem Gefälle durch einen Hochwald führt. Am anderen Ende öffnet sich eine Lichtung. Er schaltet den Motor aus. Alles ist still, nur der Wind pfeift. Peter blickt in den Rückspiegel. Er scheint im Begriff, etwas zu sagen, besinnt sich aber und steigt aus. Seine Schritte rascheln im Laub. Der Kofferraum wird geöffnet. Wendy hört Helliwell stöhnen. Sie steigt ebenfalls aus. Peter ist leichenblass. Mit gezückter Waffe fordert er Helliwell auf, ihm zu folgen.
    Umgestürzte Baumstämme liegen, von Moos überwachsen, kreuz und quer auf der Lichtung, und dahinter steht ein Wald aus Farnen, auf deren schwere, sattgrüne Blätter leise der Regen fällt. Peter drückt Helliwell den Lauf der Pistole in den Rücken. Die Hände im Nacken verschränkt, stolpert der Exprofos dahin und wäre beim Übersteigen eines Baumstamms beinahe der Länge nach hingefallen. Seine Unterhose und sein T-Shirt sind triefend nass; er stinkt. Peter treibt ihn ins Farndickicht hinein. Wendy folgt ihnen. Sie hat die Hände in den Taschen ihres Regenmantels vergraben, zwischen ihren Lippen klemmt eine brennende Zigarette. Der Waldboden unter den Füßen wird zunehmend weich.
    »Halt! Runter auf die Knie!«
    Helliwell dreht sich um und gehorcht. Kälteschauer lassen seinen Wanst erbeben.
    »Wie bist du lebend aus Redemption rausgekommen?«
    »Ich hab mich im Lüftungsschacht versteckt, als deine Kumpel im Quartier der Profose meine Leute massakriert haben. Dort war ich bis zum Morgen.«
    »Und das Gas, mit dem die Häftlinge vergiftet wurden, wer war das?«
    »Scheiße, Mann, das ist doch alles ewig her.«
    »Warst du’s?«
    Der Schläger nickt.
    »Warum?«
    »Weil das der Befehl war und weil das Arschloch Esterman uns in der Hand hatte.«
    Peter schlägt dem ehemaligen Profos den Lauf seiner Waffe ins Gesicht. Helliwell schreit auf. Peter zündet sich eine Zigarette an. In der kalten Luft verfliegt der ausgeatmete Rauch im Handumdrehen.

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