Sühnetag - Patterson, J: Sühnetag - Worst Case
verblassten Marmor schwarz aus. Ich robbte auf ihn zu, als er erfolglos versuchte, auf den Auslöser zu drücken. Seine Hände hingen nur noch locker an seinen Handgelenken.
Die Kugeln hatten den Auslöser verfehlt, aber die Nerven an Mooneys beiden Handgelenken vollkommen durchtrennt.
Mooney, der sich auf dem Boden wand und stöhnte und Blut verspritzte, tat mir leid.
Doch das war, bevor er » Amen« flüsterte und sich nach vorn beugte, um den Auslöser mit seinem Kinn zu erreichen.
Der dritte Schuss traf ihn in die Schläfe, noch bevor ich den halben Weg auf ihn zugekrochen war. Statt nach vorn zu fallen, kippte er gefahrlos zur Seite.
» Feuer einstellen!«, rief ich in mein Funkgerät, als Schritte die Treppe heraufdonnerten.
» Nein!«, warnte ich Jeremy Mason, der sich umdrehen wollte, um nach dem zu sehen, was von Francis X. Mooney übrig geblieben war.
Ich kniete mich vor den jungen Mann, der sich in den Sprengschnüren verfangen hatte, und schirmte ihn von Mooneys Leiche ab. Er hatte schon genug durchgemacht. Das hatten wir alle.
Ich wischte dem Wahnsinnigen das Blut, mit dem auch er bespritzt war, aus dem Gesicht. » Schau nicht hin, bleib einfach ganz ruhig liegen. Jetzt ist alles in Ordnung.«
97
Ich versuchte gerade, die Jungen zu entfesseln, als mich einer der Sprengstoffexperten von hinten packte und zurück zur Treppe schob.
Die St.-Edward’s-Schüler kamen weniger als fünf Minuten später herunter. Beide Väter weinten, als sie ihre Söhne in der Eingangshalle in Empfang nahmen. Selbst der stämmige Sicherheitschef umarmte schluchzend seinen Sohn, der kurz darauf nach unten kam.
Polizisten und Broker auf der Broad Street johlten, als die Väter und ihre Söhne ins Freie traten. Jemand stimmte aus irgendwelchen Gründen einen Sprechchor mit » U-S-A« an. Erleichtert, dass wir noch am Leben waren, fielen Emily und ich uns in die Arme, bevor wir hochgestimmt mitmachten.
Die Bombenexperten brauchten eine halbe Stunde, um den Sprengstoff zu sichern und zu entfernen. Nachdem sie abgezogen waren, ging ich mit Emily und den Leuten von der Spurensicherung zurück auf den Balkon. Kopfschüsse sind schrecklich, und dieser hier war keine Ausnahme. Mooney war sprichwörtlich aus seinen Schuhen geschossen worden. Ich betrachtete die blutigen Rillen, die die Kugel vom Kaliber . 50 in den alten Mauern hinterlassen hatte. Ja gut, Mooney hatte etwas hinterlassen.
Schweigend sah ich mit Emily zu, wie der Gerichtsmediziner den Leichensack schloss.
» Schaut euch das mal an«, sagte einer der Spezialisten, der mit einem Blatt Papier in einer Beweismitteltüte auf uns zukam. » Das steckte in Mooneys Jackentasche.«
» Warnung an eine Welt am Vorabend der Zerstörung«, lautete der Titel. Das Blatt enthielt eine Liste all dessen, was mit der Welt nicht stimmte. Fakten über Armut, Hungersnöte und Krankheiten. Unten auf dem Blatt hatte Mooney mit rotem Stift » Niemand hört mir zu« geschrieben.
Emily hob eine Augenbraue, als ich das Blatt aus der Tüte zog und in zwei Hälften zerriss. Und dann noch einmal.
» Alles, was dieses Schwein zu sagen hatte, war in dem Moment hinfällig, als er unschuldigen Menschen Schaden zugefügt hat«, sagte ich und zerriss das Blatt ein drittes Mal. » Ich scheiß auf diese Botschaft, egal ob sie wahr oder falsch ist. Keine der beiden Aussagen trifft zu. Ich nehme Antwort C.«
Parker legte ihre Hand in meinen Nacken, während ich die Papierfetzen vom Balkon warf.
» Amen, Mike«, sagte sie, als die Fetzen zwischen den Stock Tickets verschwanden, mit denen der Boden übersät war.
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Emily kam ganz gut weg, weil sie mich an diesem Abend nicht zum Essen einladen musste. Parrish und Mason taten sich zusammen und bestanden darauf, die gesamte Sondereinheit in keinem geringeren Restaurant als dem Tavern on the Green auf der Central Park West einzuladen.
Sie mieteten für die hundert Polizisten, die aufkreuzten, einen der kleinen Speisesäle. Schultz und Ramirez, die sich schon früh an die Bar gesetzt hatten, sahen aus, als hätte die Anzahl ihrer Bellinis bereits den zweistelligen Bereich erreicht. Wahrscheinlich die Hoffnung auf eine Gehaltserhöhung vor Augen, legten sie einander die Arme um die Schultern, als die Zehn-Mann-Swingband » New York, New York« anstimmte.
» I want to wake up in a city that doesn’t sleep«, sangen sie, während sie vor den lachenden Musikern in Smoking in fernsehballettreifer Manier die Füße hochschmissen. » To find I’m a
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