Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Peltzer
Vom Netzwerk:
auch?«
    »Wohnt ihr noch zusammen?«
    »Noch ist gut.« Ungeduldig pulte Hartmann seine Scampi aus der Schale. »Seit zwei Jahren versuchen wir uns scheiden zu lassen. Können wir uns nicht leisten, in gegenseitigem Einverständnis.«
    »Aber ’n Jaguar hast du noch.« Lacan tunkte ein Stück warmes Weißbrot in die Soße, die nach Gorgonzola und Salbei schmeckte. Hartmann bestellte Nachschub, er wedelte mit der leeren Flasche. Ein Kellner in einem schwarzen Spenzer entkorkte die neue Flasche und schenkte ein. Hartmann hob sein Glas und trank Lacan zu, eine Geste, die sie beide verabscheuten und darum immer wieder imitierten.
    »Einen Jaguar habe ich noch. Auch noch. Wie ’ne Frau. Und du?«
    »In jeder Beziehung Opel. Und du?«
    »Was?«
    »Wie finanzierst du den Jaguar?«
    »Gar nicht. Deshalb fahre ich ihn ja noch. Noch. Ich finde, ›schon‹ beschreibt meinen Zustand besser. Mein letzter Auftraggeber sitzt nämlich schon in Spanien.«
    Lacan lächelte schadenfroh.
    »Anstatt das Honorar zu zahlen, hat der mich zu einem Warentermingeschäft überredet und ’ne schnelle Mark versprochen.« Hartmann schüttelte den Kopf. »In Bolivien wächst kein Weizen.«
    »Da wächst was anderes«, feixte Lacan. Hartmann beugte sich vor.
    »Hast du was da?«
    Lacan machte ein Wovon-denn?-Gesicht und aß eine Tomate.
    »Ich könnte vielleicht was besorgen.«
    »Vergiß es, eigentlich bin ich blank.«
    Hartmann warf die Serviette neben den Teller. Am Tisch der beiden Schwulen wurde der Karpfen tranchiert, dessen verkochte Augen trübe in den Höhlen lagen.
    Luis kam mit den beiden betrunkenen Schauspielerinnen im Schlepptau ins Lokal und wurde von einem Mann, der hinter dem Tresen hervorschoß, mit Handschlag begrüßt und an einen guten Tisch gesetzt. Lacan fragte sich, warum er die Mädchen noch zum Essen einlud. Er wandte sich wieder zu seinem Freund.
    »Ich dachte, du wärst bei Kasse?«
    Hartmann winkte ab.
    »Kein Luxus. Und wie sieht’s bei dir aus?«
    »Soll ich ehrlich sein?«
    Hartmann kniff lachend die Augen zusammen.
    »Wir kennen uns doch lange genug.«
    Ein Kellner brachte auf einer Untertasse die gefaltete Rechnung.
    »Also gut«, begann Lacan. » 12000 bei Eddie …«
    »Wer ist Eddie?«
    » 12000 «, wiederholte Lacan. »Natürlich nicht bei dieser Ratte, sondern bei seinem Chef, Spielcasino, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ich verstehe«, sagte Hartmann. »Und sonst noch?«
    »’nen Kleinkredit bei der Volksbank und die Alimente für Valeska und Alexandra.«
    Die letzten Worte verschluckte Lacan, doch Hartmann hatte alles genau verstanden.
    »Ach Valeska. Wie geht’s der denn?«
    »Das ist mir scheißegal«, sagte Lacan trotzig.
    »Bernie, ich habe dich immer gewarnt.«
    »Das hilft mir jetzt wenig.«
    »Wer nicht hören will …«
    »Ist gut. Das habe ich heute schon einmal gehört. Und außerdem das Übliche: da einen Schein und da einen.«
    Hartmann schob zwei Hunderter zwischen die Rechnung, die der Kellner mit den Fingerspitzen vom Tisch zog.
    »Verdienst du nicht ganz gut?« fragte Hartmann. Lacan sah ihn mitleidig an.
    »Ich werde gepfändet, was denkst du denn?«
    Sie leerten ihre Gläser, Hartmann zurrte seine Krawatte fest.
    »Multiplizier’ deine Schulden mit zehn, dann weißt du, warum ich noch einen Jaguar fahre. Das ist alles eine Frage der Größenordnung.«
    Bei Hartmann ist also nichts zu holen, dachte Lacan erleichtert. Es wäre ihm unangenehm gewesen, den alten Freund um Geld zu bitten. Hartmann blinzelte über den Tisch. Warum läßt der bloß das Zocken nicht? Und sucht sich statt dessen eine vermögende Frau? Er sieht doch gut aus und ist nicht dumm; aber schon in der Schule hatte Lacan es nicht verstanden, aus seiner Erscheinung Kapital zu schlagen.
    »Trinken wir den Kaffee irgendwo anders?« fragte Hartmann.
    »Wo?«
    »Mir gleich. Zeig’ mir die Stadt.«
    »Du warst doch oft genug hier.«
    »Also meinetwegen ins ›Amazonas‹.«
    »Na gut.«
    Sie standen auf. Die beiden Schauspielerinnen an Luis’ Tisch waren sehr ausgelassen, und der Portugiese warf Lacan einen Blick zu. Paß auf, sonst hast du später keinen Spaß mehr, dachte Lacan, als sie durch den roten Windfang auf die Straße traten.
     
    Die Mutter des Polizeimeisters Schulz hatte in ihrer Jugend für Harry Piel geschwärmt, keinen seiner Filme versäumte sie. Es war nur natürlich gewesen, daß sie ihren ersten Sohn nach ihm benannte. Harry war in Neukölln aufgewachsen, seit seiner Heirat vor zwanzig

Weitere Kostenlose Bücher