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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Peltzer
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Flüssigkeit.
    »Auf was?«
    »Auf den Erfolg!« Hartmann hatte den Gin in einem Zug geleert.
    »Wo?« Lacan drehte das kühle lange Glas in seinen Händen. Hartmann zögerte. Hoffentlich kommt jetzt kein Geständnis, dachte Lacan, doch Hartmann schüttelte den Kopf und rief nach dem Kellner.
    Plötzlich war Aufruhr am Eingang. Der Holzschirm vor der Garderobe brach unter dem Gewicht kämpfender Körper zusammen. Ein Barmann schob sich hektisch durch die Gäste zur Türe, und die Frau in der Lederuniform trat jemandem mit der Spitze ihres Stöckelschuhs in die Seite. Der unerwünschte Gast schrie auf und taumelte benommen zwischen die Kleiderständer. Als er zu sich kam, lag er schon auf der Straße. Die Musik spielte weiter.
    »So kann’s gehen«, sagte Lacan. Der Wasserstoffblonde hatte bereits die nächste Lage gebracht. Sie tranken, und Lacan fühlte den Rausch in seinem Körper hochsteigen.
    »Was machen wir noch?« fragte er.
    Hartmann löste die Krawatte, auf seiner Stirn standen kleine Schweißperlen.
    Eine Frau beugte sich von hinten über Lacan und küßte ihn. Ihre schwarzen Haare waren wirr toupiert, und ihr großer Mund wirkte durch den violetten Lippenstift wie ein gefährlicher Saugnapf. Sie rutschte um den Stuhl, um sich auf Lacans Beine zu stützen. Ihr Lederwams war tief dekolletiert, und Hartmann sah von der Seite die Spitzen ihrer feisten Brüste. Er schwitzte noch mehr. Lacan hatte grinsend einen Arm um ihren Hals gelegt.
    »Come stai, bellissimo?« fragte sie.
    »Bene, sempre bene, bellezza«, gab er das Kompliment zurück. Sie drängte sich näher an ihn.
    »Che fai stasera? Sei solo?«
    »Ich habe eine Verabredung«, sagte Lacan und gab ihr einen Kuß. Sie öffnete die Lippen und versuchte, ihre Zunge in seinen Mund zu schieben. Als er den Kopf zurückzog, war sie erstaunt, wie man ein so einfaches Angebot ausschlagen konnte. Sie starrte mit kleinen Drogenaugen über den Tisch auf Hartmann.
    »Laß gut sein, wir müssen was besprechen.«
    »Kann er nicht alleine entscheiden?« fuhr sie Lacan an.
    »Nein, nein, morgen vielleicht«, sagte Hartmann.
    »Vaffanculo!« fluchte die Italienerin und stand auf. Auf der Treppe drehte sie sich noch einmal um und rief verächtlich: »Finocchi!«
    Lacan hob gelangweilt die Augenbrauen. Die Musik und das Stimmengewirr wurden immer lauter. Hartmann zog seine Krawatte ab und steckte sie in die Anzugtasche. Schweiß lief über seine Wangen. Die Ventilatoren an der Decke verteilten den Rauch und den Lärm gleichmäßig im Lokal. Die drei jungen Männer von unten waren auf der Toilette, um aus einer mitgebrachten Flasche Schnaps zu trinken und Captagon zu schlucken. Hartmann war betrunken. Mit einer eckigen Bewegung winkte er Lacan nah an sein Gesicht.
    »Gehn wir innen Puff?«
    »Was willst du da? Da siehst du sowieso nur die Bräute, die auch hier rumhängen.«
    Hartmann glotzte.
    »Oder denkst du, die Herrschaften finanzieren ihre Exzesse am Fließband bei Siemens?«
    Hartmann kniff die Lippen zusammen und zischte:
    »Ich will lieber saufen.«
    »Wir sind doch dabei.« Lacan fühlte sich niedergeschlagen. »Wir sollten das besser in der Domino-Bar hinter uns bringen.«
    Hartmann nickte erleichtert. Vorsichtig stieg er die Treppe herunter, eine Hand fest am Geländer.
    Im »Amazonas« stauten sich jetzt die Gäste, die Musik war ohrenbetäubend. Als sie zum Ausgang drängten, sah Lacan Irene Rabbia an eine Säule gelehnt. Sie trug ein blaues Cocktailkleid, dessen Kragen mit blitzenden Pailletten besetzt war. Ihre Haare waren geölt und streng zurückgekämmt. Er bereute, ihr heute mittag einen Korb gegeben zu haben. Neben Irene stand ein Mann in Lacans Alter mit schlaflosen melancholischen Augen und unterhielt sich mit ihr. Sie hatte Bernhard nicht gesehen. Er schob sich weiter. Hartmann hielt die Augen geschlossen, er wollte schnell an die frische Luft. Die Frau in der Lederuniform balancierte neben der Tür auf einem Bein und massierte die Zehen des Fußes, mit dem sie getreten hatte.
     
    Auf der Straße war dichtes Schneetreiben. Es war kurz nach zwei, und Lacan hoffte, daß dieser Tag, der doch nicht schlecht angefangen hatte, kein böses Ende nähme.
     
    Florence Blumenfeldt war in einer mäßig besuchten Spätvorstellung gewesen. Nach dem Kino sprach sie ein Mann an, der schräg hinter ihr gesessen hatte. Schroff hatte sie ihn zurückgewiesen und, als er nicht lockerließ, laut beschimpft. Seit einer Stunde lief sie ziellos durch die Innenstadt. Ihre

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