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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Peltzer
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kultivierten Spießer, der sich ständig von ihm Tips geben lassen wollte, welcher Trend auf dem Kunstmarkt als Kapitalanlage in Frage käme.
    »Was gibt es Neues?«
    »Lieber Dr. Kleinschmid, es gibt – zu meinem Bedauern – nichts.«
    »Die haben sich also nicht gemeldet?«
    »Keine Spur. Ich denke, die wollen zuerst Gras über die Sache wachsen lassen.«
    »Ihr Wort in Gottes Ohr«, brummte Kleinschmid und stopfte sich mit einer Hand seine Pfeife. Maier-Brüninghaus druckste.
    »Mir ist die Geschichte genauso peinlich wie Ihnen, das können Sie mir glauben.«
    »Sie kostet’s Geld, mich meinen Ruf«, sagte Kleinschmid trocken.
    »Die Alarmanlage hat ja funktioniert, die Polizei war nur nicht rechtzeitig da«, versuchte ihn der Versicherungsmann zu besänftigen.
    »Hat Steenbergen von sich hören lassen?«
    »Keine Sorge, das regeln wir schon.«
    Kleinschmid verkniff sich eine böse Bemerkung über Sammler. Beide schwiegen. Schließlich sagte Maier-Brüninghaus:
    »Ich schicke Ihnen dann die Formulare, Sie wissen schon.«
    »Ich weiß«, sagte der Akademiedirektor und saugte die Flamme eines Streichholzes in den Pfeifenkopf.
    »Wir bleiben in Verbindung. Einen schönen Tag noch.«
    »Meinerseits.«
    Der Sekretär kam mit der Thermoskanne und stellte sie vor ihm ab.
    »Ich brauche einen Cognac!«
    »Aber es ist doch erst kurz nach neun!«
    »Das mußt du schon mir überlassen«, sagte Kleinschmid und schlug die Beine übereinander.
     
     
    Florence Blumenfeldt lief unstet durch ihre Wohnung. Sie trug den bestickten Kimono, dessen Gürtelband achtlos aus den seitlichen Laschen hing. Heute oder morgen mußte sie ihre Entscheidung treffen. Die Haut um ihre geröteten Augen war noch ein wenig geschwollen; ihr Haar hatte sie mit zwei Perlmuttspangen über die Ohren gesteckt.
     
    Als bei Kleinschmid das Telefon schellte, nippte er an seinem zweiten Cognac.
    »Dr. Kleinschmid? Hier ist Florence Blumenfeldt.«
    »Florence, wie geht es Ihnen? Alles gut überstanden?«
    »Es tut mir schrecklich leid, aber ich fühle mich nicht gut und …«
    Kleinschmid war es nur recht. Das Gespräch plätscherte dahin, bis Florence sagte:
    »Und bitte, das ist sicherlich auch in Ihrem Interesse, der Presse gegenüber …«
    »Frau Blumenfeldt, darüber brauchen wir kein Wort zu verlieren!«
    Kleinschmids Sekretär setzte sich neben ihn und legte fest einen Arm um seine Schulter.
     
    Jeden Morgen verfluchte Irene Rabbia die Unsitte, den Tag so früh zu beginnen. Ihr elfjähriger Sohn sprang mit dem Walkman durch die Wohnung, während sie zittrig im Bad stand und türkisfarbenen Lidschatten auflegte. Vorgestern nacht hatte sie gar nicht geschlafen und gestern nicht genug. Seit sechs Jahren lebte sie allein mit ihrem Kind, und so war es bisher gut gewesen. Sie war dreißig Jahre alt, hatte braunes Haar und war auf eine spröde Art anziehend. Männer konnten ihr nichts mehr vormachen. Entweder waren sie Schwätzer, Waschlappen oder Kletten, oder schlimmstenfalls alles zusammen. Manche waren auch skrupellos, skrupellose Muttersöhnchen.
    Der Pinsel ihres Lidschattens rutschte ab. Sie atmete vor dem Spiegel tief durch und horchte in die Wohnung. Ihr Sohn sprang im Flur Seilchen, und aus seinem Kopfhörer summte Hitparadenmusik.
    »Mein Gott Raffael, mußt du eigentlich schon am frühen Morgen das Ding über den Ohren haben?«
    Keine Reaktion. Sie ging zu ihrem Sohn und schaltete den Walkman aus.
    »Meinst du nicht, es ist noch zu früh?«
    »Was?« brüllte er. Sie deutete auf das Seil und den Recorder.
    »Sport und Musik, wie?«
    »Fit in den Tag«, erwiderte Raffael, schaltete das Gerät ein und sprang weiter.
    Im Bad hielt Irene ihr Gesicht dicht an den Spiegel. Zwei, drei dünne Falten entsprangen den Augenwinkeln. Raffael setzte zu einem furiosen Schlußspurt an. Das Seil sirrte durch die Luft und schlug vor Tapete und Teppich.
    An ihrem ersten Arbeitstag vor drei Jahren hatte sie Bernhard Lacan in der Kantine des Senders entdeckt. Er hockte damals mißmutig vor einem Bier und las in einer Zeitung. Erst als sie am Abend jenes Tages über die Begegnung nachdachte, war ihr aufgefallen, wie verloren er da gesessen hatte. Später erfuhr sie von Leschek, daß er geschieden war und seine Frau und seine Tochter bei einem Fernsehredakteur Unterschlupf gefunden hatten. Vom ersten Augenblick an stand fest, daß aus ihr und Lacan kein Paar würde, obwohl für beide niemand sonst in Frage kam.
    Irene Rabbia beendete ihre Kosmetik und packte

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