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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Peltzer
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Nacht, mein bester Franz?«
    »Ich kann nicht klagen, Pieter«, sagte Belasc und schwenkte die Pfanne gekonnt über der Flamme.
    Vor den Elf-Uhr-Nachrichten kam Gymnastik am Vormittag. Eine weinerliche Frauenstimme beschrieb Streckübungen gegen die Polster an Schenkel und Po.
    Vergnügt tunkte Steenbergen ein Stück Toast in ein Eigelb, das klebrig im Teller verlief. Belasc blätterte kauend durch die Zeitungen. Lediglich im Lokalteil des ›Tagesspiegels‹ und auf der letzten Seite der ›Frankfurter Rundschau‹ wurde in knappen Worten der Diebstahl gemeldet.
    »Sieht ja gut aus«, sagte Steenbergen zufrieden und überflog noch einmal die beiden Artikel. »Warum steht im ›Tagesspiegel‹ nur so ein kleiner nichtssagender Bericht?«
    »Ist kloar«, sagte Belasc. »Weil das Bild ein Oelze und kein Rubens war. Unbekannter Surrealist.«
    »Die Sache ist zu wichtig, Franz. Es wäre absurd, würde jetzt jemand anfangen, nach der Herkunft des Bildes zu fragen. Ich muß dich nicht erinnern, daß auf meinen Wunsch … das weißt du selbst. Das war jedenfalls das letzte Mal, daß ich etwas für eine Ausstellung herausgebe. Und die Meißener Fayencen, die die Herren diesmal liefern, kommen gleich in den Tresor.«
    Belasc grinste.
    »Und du gehst dann zur Bank und setzt dich auf eine halbe Stunde vor dein Fach?« Er räumte den Tisch ab.
    Steenbergen zog sich an seinen Sekretär zurück und beschäftigte sich mit einer Mappe, die Florence für ihn zusammengestellt hatte: alte sächsische Porzellanmalerei – Jagdszenen, Landschaften, Tiermotive; Hase, Igel, Marder. Die Verrechnungsbedingungen entsprachen internationalen Gepflogenheiten, abgesehen davon, daß Zoll und Finanzamt phantasievolle Rechnungen vorgelegt wurden; Florence arbeitete sehr sorgfältig.
    Franz Belasc fütterte die Spülmaschine und nahm sich vor, am Nachmittag den Strich abzuleuchten.
     
    Im Radio lief die internationale Presseschau. Blätter des In- und Auslands spekulierten über den fallenden Dollarkurs. Ungeduldig suchte Florence einen anderen Sender. Der Verkehr quälte sich schrittweise über den Kurfürstendamm. Auf dem breiten Bürgersteig lief ein Mann mit einem Holzschild Reklame für den Eden-Night-Club: Girls, girls, girls. Als Florence abbog, drehten die Räder ihres Lancias durch, blaugraue Abgasfahnen stiegen in die trübe Luft. Die beheizten Terrassen der Hotels und Cafés waren mit Touristen und Müßiggängern dicht besetzt.
    Im Aufgang des Hauses hing ein großer rechteckiger Spiegel, unter dem ein marmorner Sims hervorsprang. Florence Blumenfeldt stellte ihre Handtasche ab und suchte Pinsel und Rouge. Sie schnitt sich ein Gesicht. Aus dem Souterrain starrte der Hauswart auf ihre Beine.
    Pieter van Steenbergen küßte sie zur Begrüßung auf beide Wangen und geleitete sie ins Wohnzimmer. Belasc hantierte geräuschvoll in der Küche. Der Holländer ging zu der Truhe mit den Getränken und deutete einladend auf eine Flasche.
    »Danke, gerne«, sagte Florence.
    Sie nippte am Portwein, Steenbergen stand mit gesenktem Kopf vor ihr und sah sie von unten an.
    »Was ist los mit dir?«
    »Was soll los sein?« fragte Florence, unwillkürlich bewegten sich ihre Lider. Steenbergen trat behutsam auf sie zu.
    »Ich wollte gestern abend nichts sagen.« Er setzte sich auf die Sessellehne, und Florence rückte zur Seite.
    »Mit dir stimmt doch was nicht.«
    Als er seine Hand in ihren Nacken legte, fuhr ihr eine Gänsehaut von den Haarspitzen in die Fußsohlen.
    »Ich weiß auch nicht.« Florence spürte die Spannung ihrer Gesichtshaut, eine unangenehme Hitze kroch unter ihre Schminke, und es fühlte sich an, als würde alles verlaufen. Belasc stand lauschend hinter der Türe. Steenbergens Finger strichen über den Flaum in ihrem Nacken. Sie zitterte. Plötzlich wußte sie alles. Sie hätte am liebsten das Glas in seinem Gesicht zerrieben, Portwein und Blut hätten sich auf seiner Haut gemischt. Florence sprang auf und trank ihr Glas in einem Zuge leer. Ihr fiel nicht mehr ein, was sie sagen wollte.
    »Ich bin Kunsthistorikerin!«
    Langsam drehte sie sich zu Steenbergen, der immer noch auf der Sessellehne saß.
    »Das weiß ich.«
    »Ich meine …«
    »Was?«
    »Professor Wagenknecht hat mir angeboten, bei ihm als Assistentin zu arbeiten.«
    Steenbergen verzog keine Miene.
    »Das ist schön für dich.«
    »Weißt du, was das heißt?«
    Steenbergen hielt sein Glas gegen das Licht und kniff ein Auge zu. Von der Straße drang Kinderlachen in das

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