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Sünden der Leidenschaft

Sünden der Leidenschaft

Titel: Sünden der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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eigenen Atem an, während er mit der Hand auf ihren kleinen Oberkörper drückte. Die Decke hob sich in einer winzigen Bewegung. »So bist du Papas Mädchen«, murmelte er mit erleichterter, zitternder Stimme, als könnte er die Luft in ihre Lungen zwingen. »Atme weiter, so ist es richtig … und wieder …«
    Die Ärztin wartete bereits, als die Waggons in Walker abgekoppelt und auf einem Seitengleis abgestellt wurden. Sie war eine strenge, praktische große Frau, die einen Blick auf Lucies blau angelaufene, trockene Haut warf und das schreckliche Wort »Cholera« sagte. »Zu dieser Jahreszeit tritt sie häufig auf«, sagte sie mit sachlicher Klarheit. »August und September sind die schlimmsten Monate, aber wenn wir alles absolut sauber halten, das Wasser abkochen und dafür sorgen, daß das kleine Mädchen die Flüssigkeit bei sich behält«, fuhr sie fort, und die Sicherheit die sie ausstrahlte, wirkte sofort beruhigend auf alle, »wird sie in einer Woche wieder gesund sein.«
    Während sie sprach, durchwühlte sie ihre Tasche nach einem aromatischen Kalkpuder. »Ich wußte, daß ich etwas dabei habe«, erklärte sie und zog eine Glasflasche heraus. »Ein wenig Opium in Kalk wird die Schmerzen verringern und dafür sorgen, daß die Medizin in ihrem Magen bleibt«, erklärte sie. »Wie geht es Ihnen, Mr. Serre?« erkundige sie sich beiläufig, aber mit klinischem Blick.
    »Mir geht es gut«, sagte Adam. »Besonders jetzt«, fügte er offensichtlich ermutigt hinzu. »Sind Sie sicher, daß die Medizin …«
    »Sie ist ein kräftiges kleines Kind, Mr. Serre«, unterbrach ihn die grauhaarige Ärztin. »Es ist gut, daß sie nicht so zerbrechlich und zart ist. Es wird ihr in ein paar Tagen wieder gut gehen. Aber es sieht so aus, als ob Sie auch ein wenig Ruhe nötig hätten.«
    »Lucie ist mein einziges Kind.«
    Das war eine Antwort, die die Ärztin verstand. »Wenn sie erst einmal das Wasser bei sich behält, sollten Sie auch ein wenig schlafen«, schlug sie vor. »Die kommenden Tage werden sehr anstrengend sein.«
     
    »Könnten Sie hierbleiben, bis Lucie wieder gesund ist?« fragte Adam.
    Er sagte nicht: Sagen Sie mir, was es kostet, weil er zu höflich war, auch wenn er das meinte. Dorothea Potts überlegte kurz, und nachdem sie sich in dem elegant ausgestatteten Waggon umgesehen hatte, war ihr klar, daß es sieh hier um wohlhabende Leute handelte. Ohne dabei an den Pferdewaggon auf dem Nebengleis zu denken und die schöne englische Lady, die ihr ohne Erklärungen als Lady Flora Bonham vorgestellt worden war. Zweifellos waren diese Leute vermögend.
    »Ich kann so lange bleiben, bis andere Patienten nach mir fragen. Meine Sprechstunden muß ich allerdings einhalten, Mr. Serre. In dieser Gemeinde bin ich die einzige Ärztin.«
    »Das verstehe ich natürlich«, sagte Adam höflich. »Wir sind mit allem einverstanden, was Sie möglich machen können.«
    Kurze Zeit später, nachdem Lucie ihre Medizin bekommen, sie bei sich behalten hatte und wieder eingeschlafen war, saßen sie in dem kleinen Salon und besprachen den allgemeinen Verlauf der Krankheit.
    »Zuerst wird sie ihre normale Hautfarbe wiederbekommen«, sagte Dr. Potts. »Das sollte bereits morgen festzustellen sein. Nach einem weiteren Tag wird sie wieder etwas essen wollen. Etwas Einfaches. Ich möchte Sie nicht erschrecken, Mr. Serre«, fuhr die Ärztin fort, »aber Sie werden ebenfalls sehr krank werden, so wie es jetzt aussieht. Ich vermute, Ihnen ist bereits übel.« Sie musterte ihn mit erfahrenem Blick.
    »Ich glaube nicht.«
    »Das können Sie nicht so leicht abtun, Mr. Serre. Lassen Sie mich Ihren Puls fühlen.« Nachdem sie ihn eine Zeitlang beobachtet hatte, sagte sie: »Vielleicht sollte ich nach einer Krankenschwester schicken. Sie werden spätestens heute abend im Bett liegen. Wir verhängen keine Quarantäne mehr, aber es ist eine schwere Arbeit, alles sauber zu halten.«
    »Ich muß mich um Lucie kümmern«, antwortete Adam. »Ich kann es mir nicht leisten, krank zu sein.«
    Die Ärztin lächelte. »Ganz gleich, was Sie sagen, Mr. Serre, Ihre Tochter wird höchstwahrscheinlich die ganze Nacht friedlich schlafen. Und wie fühlen Sie sich, Lady Flora?« fragte Dr. Potts.
    »Mir geht es ganz gut. Ich glaube, daß die rosa Limonade daran schuld ist. Adam und Lucie haben sie von einer Verkäuferin am Chicagoer Bahnhof gekauft und davon getrunken«, erklärte Flora.
    »Seien Sie froh, daß Sie nichts davon getrunken haben«, erklärte die Ärztin.

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