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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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sie von einem Alptraum in den nächsten stolperte. Es machte sie völlig fertig zu sehen, wie die Leute vom Abhang des Gerichtsgebäudes als riesige Bowlingkegel rutschen und zu wissen, daß jeder von ihnen einen Dollar für die Rettungs-aktionen beigesteuert hatte. Ihr wurde ganz übel bei dem Gedanken, daß dieses Festival zu so vielen Darstellungen der Verzweiflung verzerrt worden, und sie an diesem Tag Zentrum der Aufmerksamkeit, die Starattraktion war.
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    Man hatte sie zur Bude der Freiwilligenzentrale geführt, wo man sie wie die Frau mit zwei Köpfen zur Schau stellte. Sehen Sie die gramgebeugte Mutter beim Austeilen der Poster! Werden Sie Zeuge, wie die schuldige Frau den Getreuen gelbe Trauerbinden anheftet. Sie spürte die Blicke der Reporter.
    Kaum hatten sie sie entdeckt, sprudelte ein endloser Strom von Fragen aus ihnen heraus – Fragen über ihre Gefühle, Fragen nach Schuld und Verdacht, Bitten um ein Exklusivinterview.
    Schließlich hatte sie eine Stellungnahme abgegeben und die Bitte um Joshs Rückkehr ausgesprochen, aber sie waren noch nicht befriedigt. Wie ein Rudel hungriger Hunde, denen man zu wenige Fleischfetzen hingeworfen hat, lungerten sie weiter herum und belauerten sie in der Hoffnung auf mehr. Sie konnte sich nicht bewegen oder reden oder sich die Nase putzen, ohne zu spüren, wie die Kameralinsen sie aufs Korn nahmen.
    Die Gesichter einiger Fernsehleute waren vertraut. Sie hatte nur selten Zeit, sich in Ruhe die Nachrichten anzusehen, aber um sechs und zehn liefen sie immer irgendwo im Hintergrund, egal wo sie sich aufhielt. Die Leute von Minnesota verpaßten ihre Nachrichten nicht, die Einheimischen machten sich sogar selbst darüber lustig. Abgesehen von den Ereignissen in den Twin Cities passierte gewöhnlich nicht viel im Lande; aber alle bestanden darauf, die Nichtereignisse am Ende des Tages zu sehen.
    Hannah kannte einige der Reporter aus der Twin Cities beim Namen.
    Manche Sender hatten sogar selbst Buden aufgestellt, um Geld für die Sache zu sammeln. Ein Stück von dem Freiwilligen-Kiosk entfernt, bot der Meteorologe von Kanal Elf sein Gesicht als Zielscheibe für Sahnekuchen an. Die Star Tribune hatte sich mit der Polizeigewerkschaft zusammengetan, und machte
    Fingerabdrücke und Fotos von Kindern gegen einen Dollar Spende pro Kind – eine Sicherheitsmaßnahme, an die die Eltern von Deer Lake noch nie gedacht hatten.
    Noble Gesten. Überwältigende Teilnahme, wirklich eine
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    rührende Demonstration, aber auch ein makaberes Drama und sie war der Mittelpunkt.
    Es ist deine Schuld, Hannah. Du willst etwas tun, das Kommando übernehmen, wie du es immer machst.
    Aber sie fand einfach nicht die Kraft, ihre Führungsrolle wahrzunehmen. Sie fühlte sich ausgelaugt, verwelkt. Alles drehte sich in ihrem Kopf, sie schloß die Augen und lehnte sich an den Tresen.
    »Dr. Garrison, alles in Ordnung?«
    »Ich glaube, sie fällt in Ohnmacht.«
    »Sollen wir einen Arzt rufen?«
    »Sie ist Arzt!«
    »Also, sie kann sich doch nicht selbst behandeln. Damit hätte sie wirklich eine absurde Patientin.«
    »Der Spruch gilt doch für Anwälte …«
    »Was für Anwälte?«
    Hannah hörte Bruchstücke des Gesprächs wie aus weiter
    Ferne, wie durch einen langen Tunnel. Die Welt schwankte unter ihren Füßen.
    »Verzeihung, Ladies. Ich glaube, Dr. Garrison braucht eine kleine Pause. Nicht wahr, Hannah?«
    Sie spürte, wie eine starke Hand behutsam ihren Arm nahm und zwang sich, die Augen zu öffnen. Pater Tom erschien in ihrem Blickfeld, sie erkannte seine Besorgnis.
    »Sie brauchen ein bißchen Ruhe«, sagte er leise.
    »Ja.«
    Kaum hatte sie das Wort ausgesprochen, kippte der Boden unter ihren Füßen. Er fing sie auf und führte sie über den Platz auf die Freiwilligenzentrale zu. Hannah versuchte, so gut es ging, ihre Füße in Gang zu halten. Reporter bewegten sich auf sie zu, Fotografen und Kameraleute versperrten den Fluchtweg.
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    »Bitte, Leute!« Pater Tom erhob seine Stimme scharf und energisch. »Zeigt ein bißchen Anstand. Seht ihr denn nicht, daß sie für heute genug hat?«
    Offensichtlich wollten sie nicht den Zorn Gottes riskieren, also machten sie den Weg frei; aber Hannah konnte das Klicken der Auslöser und das Summen der Apparate hören, bis sie den Randstein erreichten.
    »Wie fühlen Sie sich?« fragte Pater Tom. »Schaffen Sie’s über die Straße?«
    Hannah gelang ein Nicken, obwohl sie sich nicht sicher war, ob sie nicht gleich zusammenbrechen würde. Um das

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