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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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droben hinter sich hatte.
    »Es ist falsch « , wiederholte sie. »Es ist, als ob wir auf einem Zug säßen, der aus den Gleisen gesprungen ist und den keiner aufhalten kann. Ich will ihn aufhalten.«
    »Das können wir wohl nicht, Hannah«, gestand er traurig.
    »Wir können uns nur festhalten und mitreißen lassen.«
    Er streckte seine Hand über den Tisch, bot sie ihr schweigend an. Aus guten Gründen, gerechten Gründen und Gründen, die er sich nicht einmal in den tiefsten, privatesten Winkeln seines Herzens eingestehen würde. Gründe, die sie nie erfahren und wahrscheinlich nie vermuten würde. Wozu auch. Eine
    Nachfrage würde die Schleusen für hundert weitere öffnen, für die er keine Antworten hätte, also brachte er sie zum Schweigen.
    In diesem Augenblick war nur eins wichtig: Hannah etwas Trost zu spenden, ihr zu vermitteln, daß sie nicht allein war.
    Eine einzelne Träne perlte durch ihre Wimpern. Sie streckte langsam ihre Finger aus und nahm seine. Ihre Handflächen paßten perfekt ineinander. Die Finger schlossen sich
    automatisch. Die Wärme der Berührung und die Gefühle, die sie in ihr auslöste, erstaunten Hannah.
    »Ich würde es für dich ändern, wenn ich könnte, Hannah«, flüsterte er. »Wenn ich ein Wunder bewerkstelligen könnte, würde ich keinen Augenblick zögern.«
    Hannah dachte, sie sollte ihm danken, aber ihr Mund wollte 326
    keine Worte formen. Sie konnte scheinbar nicht mehr tun, als sich an ihm festhalten, und seine ruhige Kraft und Überzeugung in sich aufnehmen – sich der schmerzlichen Ironie bewußt werden, daß der einzige Mann, der bereit war, diese Qual mit ihr zu teilen, nicht ihr Ehemann war, sondern ihr Priester.
    Sie spürte den Eindringling, Sekunden bevor Albert Fletcher sich räusperte. Ein Gefühl von Zorn und Mißfallen besudelte den Augenblick wie eine Rußschicht, die über ihre Haut rieselte.
    Sie wandte den Blick zur Kellertür, und verfluchte sich und Fletcher, während sie ihre Hand aus Pater Toms riß. Wie lange stand Fletcher schon da? Er hatte keine Veranlassung, sie zu bespitzeln oder sie vorwurfsvoll anzustarren, als hätte er sie bei etwas Unerlaubtem erwischt. Und sie hatte keinen Grund sich schuldig zu fühlen … aber tat es doch.
    »Mensch, Albert«, sagte Tom, zog die Hand zurück, die er Hannah angeboten hatte und drückte sie auf sein Herz. »Willst du uns einen Herzinfarkt verpassen? Was, zum Teufel, hast du denn im Keller zu suchen?«
    Der Diakon sah ihn mit strenger Miene an. Er war wie üblich in schwarz gekleidet – Hose, Rollkragenpullover, alte
    Steppjacke –, eine Gewohnheit, die vielleicht aus der Trauer um seine Frau entstanden war, oder durch seine Scheinheiligkeit. Er hielt einen ziemlich großen Pappkarton im Arm, voller
    Wasserflecken und mit einer weißen Schimmelschicht bedeckt.
    Der modrige Geruch überlagerte das Aroma des Eintopfs. »Ich sortierte die Sachen im Lagerraum.«
    »Hinten im Verlies?« Tom schüttelte sich angewidert. »Das Zeug muß da seit der Auferstehung liegen. Was willst du denn damit?«
    »Es ist Geschichte und verdient erhalten zu werden.« Der Diakon warf Hannah einen düsteren Blick zu. »Tut mir leid, wenn ich bei etwas gestört habe.«
    Tom schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Er hatte alle 327
    Mühe, seinen Zorn im Zaum zu halten. Gott alleine würde sein Richter sein.
    Trotz Fletchers frömmelndem Gehabe war er nicht Gott, nicht einmal ein passabler Ersatz.
    »Dr. Garrison brauchte Zuflucht. Soweit ich informiert bin, sind wir nach wie vor zuständig für Herberge und Trost.«
    Fletcher sah durch ihn hindurch. »Natürlich, Pater«, murmelte er. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen …«
    Er nickte Hannah zu und marschierte zur Tür hinaus, unter Hinterlassung einer sehr gespannten Atmosphäre. Hannah vermied es, Tom in die Augen zu sehen und stand auf. Sie zog ihren Mantel von der Stuhllehne.
    »Ich sollte nach Hause fahren«, sagte sie leise. »Paul wird sich schon wundern.«
    Tom seufzte und schob seine Brille hoch. »Sie haben nicht aufgegessen.«
    »Zu Hause kann ich weiteressen. Ich verspreche es, es gibt reichliche Auswahl, die Aufläufe türmen sich bereits.« Sie machte ihre Jacke zu, dann zwang sie sich, ihre Schuldgefühle und ihre Scham zu verdrängen, und sah ihm in die Augen.
    »Trotzdem, danke. Für das Essen … für die Unterstützung …
    für alles.«
    Er wollte sagen, es wäre selbstverständlich, aber das war es nicht. Sondern etwas wesentlich Komplizierteres, als sie

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