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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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ein paar Anhaltspunkte geben?«
    390
    Wright entspannte sich ein bißchen. »Pädophile haben oft ein besseres Verhältnis zu Kindern als zu Erwachsenen. In den meisten Fällen wollen sie dem Kind gar nicht schaden, sondern es nur unter ihre Kontrolle bringen«, fuhr er fort, bevor Paige eine weitere Reizfrage einwerfen konnte. »Sie glauben vielleicht wirklich, daß sie Kinder lieben und versuchen oft Arbeit zu finden, die sie in Kontakt mit oder in die Nähe von Kindern bringt.«
    »Eine Tatsache, die den Ring schließt nach Deer Lake und zum Fall Leslie Olin Sewek.« Paige ließ Garrett Wright einfach stehen, um sich ihrem Hauptstar zuzuwenden. »Der Schatten von Josh Kirkwoods Entführung liegt über dieser Stadt, und die Aufdeckung eines Kinderschänders in genau der Eishalle, vor der Josh verschwand, hat die Bürger dieser ruhigen Gemeinde verängstigt und empört. Aber ganz gewiß hat keiner mehr Grund, über diese Enthüllung empört zu sein, als Paul
    Kirkwood, Joshs Vater.«
    Paul saß in einem der beiden Regiestühle im vorderen Teil des Raums.
    Sein braunes Haar war perfekt frisiert, der Knoten seiner Seidenkrawatte saß exakt in der Mitte über dem dunkelblauen Wollpullover, korrekt passend zu seinem Nadelstreifenhemd.
    Die tiefliegenden Augen, die von Natur aus dunkle Schatten hatten, wurden von der Kamera betont und machten sein
    gehetztes, finsteres Gesicht noch eindringlicher. Ein ideales Gesicht fürs Fernsehen.
    Paige setzte sich in den anderen Regiestuhl. »Paul«, sagte sie leise und berührte seinen Arm. »Wieder sind all unsere Herzen bei Ihnen und Ihrer Frau, Dr. Hannah Garrison. Wie ich höre, ist Hannah so mitgenommen, daß sie nicht zu uns kommen
    konnte.«
    Paul runzelte die Stirn. Hannah hatte ihre Teilnahme an dem Interview verweigert, obwohl sie sich ständig beklagte, daß sie 391
    zu der Suche nichts beitragen konnte. Sie fand die Idee dieser Sendung widerlich, reißerisch und geldgierig, keinesfalls würde sie der Sache dienlich sein.
    In den Sonntagszeitungen waren Farbfotos von ihr erschienen, wie sie vor der Bude der Freiwilligenzentrale ihren Kollaps hatte und Vater Tom McCoy sie wegführte. Sie stellten sie als Heldin dar – tapfer und mutig, die sich angesichts dieser unglaublichen widrigen Umstände um Stärke bemüht. Die disziplinierte, gefühlvolle Dr. Garrison, die so vielen Leuten geholfen hatte.
    Die Tatsache, daß sie selbst an dieser Situation schuld war, wurde kaum erwähnt, auch nicht, daß ihre Karriere ihre Ehe zerstört hatte, ihre Familie zerrissen und ihn in die Arme einer anderen Frau getrieben hatte. Statt dessen sagten sie, Josh wäre entführt worden, während Dr. Garrison um das Leben eines Unfallopfers kämpfte. Alles hatten sie umgedreht, damit sie Gegenstand von Bewunderung und Mitleid würde.
    »Sie ist zu Hause bei unserer Tochter«, sagte er knapp.
    Paige schaute direkt in die Kamera. »Dr. Garrison, unsere Gebete begleiten Sie.«
    19 Uhr 30, -34 Grad, Windabkühlungsfaktor: -52 Grad Der Fernseher im Wohnzimmer lief. Hannah konnte ihn hören –
    murmelnde Stimmen, Veränderungen in Tonfall und Lautstärke
    –, aber verstand keine einzelnen Worte. Sie wollte es auch nicht, haßte TV 7 für dieses Interview, haßte ihre Nachbarn und Freunde, die es sich ansehn würden, haßte es, daß Leute, die sie nicht mal kannte, gebeten würden, ihre Gefühle über diese Schreckenstat auszusprechen.

    Wie konnte Paul sich nur bereit erklären, daran teilzunehmen?
    Da er ihre Gefühle so einfach ignorierte, war ein weiterer 392
    Beweis für die ständig wachsende Kluft zwischen ihnen.
    Es hatte eine Zeit gegeben, in der er diese Sendung genau so aufdringlich und heuchlerisch gefunden hätte wie sie. Heute abend war seine größte Sorge gewesen, was er anziehen sollte, und er hatte über eine Stunde im Bad mit Vorbereitungen dafür zugebracht. Der Gedanke, daß sie ihn nicht mehr
    wiedererkannte, schlich ihr in regelmäßigen Abständen durch den Kopf.
    Sie stand in der Mitte von Joshs Zimmer, weil sie vor lauter Unruhe nicht sitzen konnte. Olie Swain war verhaftet, aber noch nicht offiziell angeklagt. Es hatte noch keine amtliche Verlautbarung über ein Geständnis oder Hinweise auf Joshs Verbleib gegeben. Nichts. Schweigen. Sie fühlte sich nach wie vor am Rande eines Abgrunds; jeder Muskel, jede Faser ihres Körpers war bis zum Zerreißen gespannt, während sie darauf wartete, in die eine oder andere Richtung zu fallen. Die Erwartung hatte sich so in ihr

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