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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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glaube, sie hat meinen Dad einfach nicht mehr lieb gehabt, und ich glaube, sie wollte keine Mom sein, also war sie eines Tages weg.«
    Der Augenblick dehnte sich. Der Kühlschrank summte. Mitchs Tochter musterte sie mit ernsten braunen Augen.
    »Das ist wie Scheidigung«, sagte Jessie. »Mami und Papi von meiner Freundin Janet haben sich scheidigen lassen, aber er will samstags immer noch ihr Papi sein. Es ist ganz schwer, wenn man klein ist.«
    »Manchmal.« Megan staunte über sich selbst. Sie redete nicht über ihre Vergangenheit, niemals, mit niemandem. Sie war vorbei, längst vorbei, spielte keine Rolle mehr. Und trotzdem saß sie jetzt hier und unterhielt sich mit einer Fünfjährigen über diese Dinge, und es war so … richtig , was ihr eine Höllenangst einjagte. Was machte sie da? Was dachte sie sich dabei?

    Du hast zuviel gearbeitet, O’Malley.
    Mitch stand im Wohnzimmer, wie angewurzelt. Er hatte nicht vorgehabt zu lauschen, hatte nur kurz durch die Tür spitzen wollen, um zu sehen, wie Jessie und Megan miteinander auskamen. Jessie wollte ihn immer für sich haben und war sehr eifersüchtig, wenn es um ihre Zeit zusammen ging. Er müßte sehen, wie sie sich benahm, wenn er nicht dabei war, um auf ihre Manieren zu achten. Er hatte aber ganz sicher nicht damit gerechnet, ein Geständnis Megans über ihre streng gehütete Vergangenheit zu hören.
    Er erinnerte sich daran, wie sie ihm von ihrer Mutter erzählt hatte. Trotzig. Voller Haß. Ihre Reserviertheit hatte sie wie ein Schild vor sich hingehalten. Die Frau, die seiner kleinen Tochter bei häuslichen Verrichtungen Geheimnisse anvertraute, war nichts von all dem, sondern eine Frau, die selbst ein kleines Mädchen gewesen war; mit der Angst, sie hätte ihre Mutter irgendwie vergrault. Die Wahrheit rührte ihn.
    Verdammt. Er war sich sicher gewesen, daß er die Leidenschaft, die zwischen ihnen funkte, im Griff hatte. Er konnte sie verstehen, sie kontrollieren, bis zu einem gewissen Maß. Aber er hatte nicht mit mehr gerechnet. Wollte nichts, was tiefer ging.
    Nimm es ganz leicht, Holt. Es ist nur Sex, keine Ehe. Sie ist mit ihrer Polizeimarke verheiratet. Hast du ein Glück!
    »Joy wollte darauf hinweisen, daß Kanal Vier eine Sondersendung über Deer Lake und unser ›Problem‹ in den Zehn-Uhr-Nachrichten bringt, zusammen mit Sicherheitstips. Sie hat wohl gedacht, daß ich vielleicht etwas lernen könnte.«
    Megan biß sich auf die Lippe, um nicht zu grinsen. »Ja«, sagte er, nahm sich eine Schüssel und schaufelte sich einen mittleren Berg Eiscreme hinein. »Diese Nachrichtensprecherin Shelby weiß vielleicht etwas über Polizeiarbeit, was ich in den über fünfzehn Jahren meines Jobs übersehen habe.«
    »Sie meint es doch gut«, besänftigte Megan ihn. Er schluckte und fletschte die Zähne. »Wenn dem nur so wäre.«
     
    Sie aßen ihr Eis und spielten eine Runde Candy Land. Mitch und Megan verschoben ihre Pläne, die Aussagen noch einmal durchzugehen, bis Jessie im Bett war. Jessie bemühte sich standhaft, bis zu den Nachrichten wachzubleiben und protestierte, als Mitch ein Machtwort sprach. Sie war müde und überdreht und weinte ein bißchen, als er sie
in ihr Zimmer hinauftrug, aber sie schlief ein, kaum daß ihr Kopf das Kissen berührt hatte.
    Unten tigerte derweilen Megan ruhelos in seinem Wohnzimmer auf und ab. Scotch lag mitten auf dem Teppich und wartete darauf, daß sie seinen Bauch kraulte, wedelte jedesmal, wenn sie an ihm vorbeiging, hoffnungsvoll mit dem Schwanz.
    »Ein nettes Haus hast du«, sie lehnte sich an die Ledercouch.
    »Danke.«
    Mitch sah sich mit den Augen eines Fremden um. Die Wände waren kahle, gebrochene weiße Flächen, die nahtlos übergingen in einen beigen Berberteppich. Fad und leblos, nur der Backsteinkamin und zwei verglaste Bücherschränke links und rechts davon belebten das Ganze ein wenig. Die Möbel hatte er selbst ausgesucht. Allinsons Einrichtung konnte er nicht mehr um sich haben, diese Stücke weckten allzu schmerzliche Erinnerungen. Er hatte sie durch langweilige gepolsterte Sitzmöbel in neutralen Farben ersetzt, die aus einem Kaufhaus stammten. Sein einziger Luxus stellte die karamelfarbene Ledercouch dar. »Eigentlich sollte ich Bilder aufhängen oder so was«, murmelte er verlegen. »Ich hab da kein Geschick dafür.«
    Megan verkniff es sich, ihm ihre Hilfe beim Einrichten anzubieten. Die Vorstellung war einfach zu häuslich. Häuslich, aufdringlich und besitzergreifend. Sie würden das haben, was

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