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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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sie wollten, bis es vorbei war. Aus, Äpfel, Amen. Sie waren an erster Stelle Kollegen, an zweiter ein Liebespaar, weit entfernt davon, Tapetenmuster auszusuchen.
    »Jessie schläft?«
    »Wie ein Stein. Sie war fix und fertig, das arme Ding.«
    Mitch ging zum Kamin und warf noch ein Scheit in die Flammen. Er stocherte in der Glut herum, dann stützte er sich mit einer Hand am Sims ab und schaute in die Flammen. »Ihre Großmutter, die Königin der Panik, hat sie mit Joshs Entführung ganz durcheinandergebracht.
    Und ich war, Gott weiß, nicht sehr vorsichtig ihr, seit das alles angefangen hat.«
    »Du hattest ja auch allerhand um die Ohren.«
    »Die Geschichte meines Lebens.«
    »Na ja, jetzt wo wir Olie haben …«
    »Aber Josh nicht!«
    »Vielleicht kriegen wir das vom Labor, womit wir bei ihm ansetzen können.«
    Mitch wollte nicht an die Blutflecken denken, die man im Van gefunden
hatte. Mehr als alles andere fürchtete er bei diesem Fall den Gedanken an eine letzte Mitteilung für Hannah und Paul. Er wollte nicht, daß sie diesen Schmerz erlebten und, um ehrlich zu sein, wollte er ihn auch in sich selbst nicht neu entfachen. Und erst recht wollte er sich nicht vor Augen halten, daß er Hannah und Paul im Stich gelassen hatte, so wie er Allison und Kyle im Stich gelassen hatte. Das endlose Karussell wirbelte durch seinen Kopf, drehte sich unbarmherzig weiter, wie das Rad in einem Hamsterkäfig. »Hast du mit Hannah darüber gesprochen, daß wir Blutproben von ihr und Paul brauchen?«
    Mitch stemmte sich vom Kaminsims ab. Auf der anderen Seite des Raums lag Scotch in einem Sessel und sah sich die David-Letterman-Show an. »Ich mach es morgen.«
    »Das Labor braucht sie, um Vergleiche anstellen zu können.«
    »Ich weiß. Morgen …«
    »Wenn du es nicht machen willst …«
    »Ich hab gesagt, morgen!« Er drehte sich mit erhobenen Händen um. »In Ordnung.« Megan äffte die Geste nach und entfernte sich von ihm. Sie sah sich die Stapel von Papieren an, die auf dem eichenen Couchtisch lagen. Aussagen von Leuten, die Verbindung zur Eishalle hatten, Aussagen der Anwohner dort, der Nachbarn von Olie, zusammengerollte Faxe mit Informationen, die die Behörden des Staates Washington und des NCIC in Washington, D. C. geliefert hatten. Und inmitten der Standardformulare mit ihren Standardfragen, die Seiten aus Joshs Notizbuch.
    »Hast du noch mehr Hinweise auf Olie gefunden?« fragte sie. Sie kannte die Antwort bereits, weil sie ihre eigene Kopie des Notizbuchs etliche Dutzend Male durchforstet hatte. Es gab viele Zeichnungen von Kreaturen aus dem All, aber nur eine von Olie und daneben die Notiz, bei der sich ihr das Herz umdrehte: hatte Olie Josh verraten?
    Die Kinder hänseln Olie. Er kann doch nichts dafür, wie er aussieht.
    »Nein.«
    »Und ich hab die Aussagen durchgewühlt, bis mein Gehirn einen Kurzschluß gekriegt hat, und ich kann immer noch nichts sehen, was wir dem Bezirksstaatsanwalt melden könnten. Nichts, außer Vermutungen und Spekulationen und schlichter widerlicher Gemeinheit. Einige von Olies Nachbarn bräuchten dringend eine Lektion in Mitgefühl.«
    Josh hätte ihnen da ein oder zwei Sachen beibringen können. Die Ironie war zu bitter, um sich mit ihr auseinanderzusetzen.

    »Ich hab ein ganz ungutes Gefühl«, Mitch durchmaß unruhig den Raum, die Hände in den Taschen, die Stirn gerunzelt. »Wenn der Kidnapper Olies Notizbuch vor zwei Monaten gestohlen hat und diese ganze Sache wie ein Superhirn geplant hat …, dann paßt das einfach nicht zu Olie. Irgendwie ist es makaber. Olie ist ein armseliger Wurm, nicht makaber.«
    »Also ist es sein Partner«, folgerte Megan.
    »Da bin ich mir ebenfalls im Zweifel. Olie ist ein Einzelgänger, war es seit jeher. Und jetzt hat er plötzlich einen Partner?« Er schüttelte den Kopf.
    »Ein verurteilter Pädophile sieht einen Jungen am Wegrand und hat einen Van mit Blutflecken auf dem Teppich«, konterte Megan. »Wenn du einen Verdächtigeren weißt, würde ich das gerne hören.«
    »Weiß ich nicht«, gab Mitch zu. »Ich will damit nicht sagen, daß er unschuldig ist, aber komisch kommt es mir trotzdem vor.«
    »Was ist an diesem Fall nicht komisch? Die ganze Sache stinkt zum Himmel, wie ein Schlachthaus während einer Hitzewelle. Das Haus war voller Computerausrüstung …«
    »Aber der Printer war nicht mit dem …«
    »Ich hab ein paar Typen losgeschickt, die Printshops mit Laserprinterbenutzung zu überprüfen, man muß nur seine Diskette reinbringen.«

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