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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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schiefe Linie eines Schiffe-versenken-Vierecks.
    »Kann ich sie ausmalen?«
    »Nein, Schätzchen, das ist Beweismaterial. Warum malst du nicht ein Bild aus in einem deiner Malbücher?«
    Jessie ignorierte den Vorschlag. Sie nahm eine der Seiten, die Mitch beiseite gelegt hatte, und studierte sie.
    »Hast du Josh gefunden?«
    Mitch seufzte und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, das sich wie Stacheln aufrichtete. »Noch nicht, Schätzchen.«

    »Er muß traurig sein«, sagte sie leise und legte die Zeichnung behutsam zu den anderen. Sie zeigte einen Jungen mit Sommersprossen und einen großen, zotteligen Hund. Ich und Gizmo .
    »Komm her, Süße«, flüsterte Mitch und breitete einladend die Arme aus. Sie hopste hinein, und er drückte sie fest an sich. »Hast du immer noch Angst, daß jemand kommt und dich mitnimmt?«
    »Ein bißchen«, murmelte sie an seiner Brust.
    Er wollte ihr sagen, sie bräuchte sich keine Sorgen zu machen, er würde schon auf sie aufpassen und daß nichts Schlimmes geschehen würde, wenn sie alle Regeln befolgte. Aber er konnte ihr keins dieser Versprechen geben und haßte das Gefühl von Ohnmacht und Unzulänglichkeit, das die Realität in ihm auslöste. Er wünschte, die Welt wäre ein Ort, wo kleine Mädchen nichts anderes im Sinn haben müßten, außer mit ihren Puppen zu spielen und ihren Hunden rote Schleifen umzubinden – aber dem war leider nicht so. Nicht einmal in Deer Lake.
    Er wiegte seine Tochter sachte hin und her. »Weißt du, Jess, es ist nicht dein Job, dir Sorgen zu machen. Sorgenmachen ist mein Job.« Sie legte den Kopf zurück und blickte ihn unsicher an. »Und was ist mit Oma? Sie macht sich immer Sorgen.«
    »Ja, also Oma ist eine Sorte für sich. Aber was dich und mich betrifft, ist das meine Aufgabe, ja?« »Okay«, sie versuchte zu lächeln.
    Mitch hielt ihr seine Hand hin, die Handfläche nach oben. »Hier, knüll deine Sorgen zusammen wie ein Stück Papier, und gib sie mir.« Jessie kicherte und tat so, als würde sie ihre Sorgen zu einer Kugel zusammendrücken. Dann ließ sie die unsichtbare Last in Mitchs Hand fallen. Er packte sie und stopfte sie in die Brusttasche seines Jeanshemds. Scotch beobachtete das aufmerksam, mit gespitzten Ohren. Es klingelte an der Tür. Der Hund rappelte sich pflichtbewußt kläffend auf und wedelte heftig mit dem Schwanz.
    »Das wird Megan sein«, sagte Mitch und erhob sich mit Jessie auf dem Arm.
    Jessie schob ihre Unterlippe vor. »Wieso besucht sie uns? Du hast gesagt, ich darf länger aufbleiben, weil morgen keine Vorschule ist, und wir könnten Spaß haben.«
    »Wir haben doch sehr viel Spaß gehabt«, sagte Mitch. »Aber du darfst nicht solange aufbleiben wie ich, und wer soll mir dann Gesellschaft leisten, wenn du im Bett bist?« »Scotch.«

    Mitch knurrte und kitzelte sie, und brachte sie zum Quietschen und Kichern, als er sie mit den Beinen voran über seine Schulter schwang. Lächelnd öffnete er die Haustür, ging rückwärts ins Wohnzimmer und rief: »Willkommen im Affenstall!«
    Megans Zögern war dem brutalen Windsturm nicht gewachsen. Sie betrat den Eingang von Mitchs Haus, schloß die Tür hinter sich und fühlte sich sofort wie ein Eindringling. Mitch galoppierte mit Jessie auf der Schulter durchs Wohnzimmer, und ein großer gelber Hund jagte mit einer Barbiepuppe im Maul hinterher. Keiner schien zu registrieren, daß sie dastand, eingewickelt in Wolle und Daunen, mit einer Riesenpackung Schokoladeneis zwischen ihren Fäustlingen. Sie fragte sich, ob sie es merken würden, wenn sie einfach zur Tür rausginge und nach Hause führe.
    Doch ehe sie einen Rückzieher machen wollte, bremste Mitch vor ihr und nagelte sie mit einem wissenden Blick fest. Er zog ihr mit einem Finger den Schal vom Gesicht.
    »Häng deinen Mantel auf, und bleib ein Weilchen, O’Malley«, sagte er leise.
    Sie lächelte etwas mühsam, als sie ihren Schal entwirrte; dann sah sie hinauf zu dem Mädchen, das auf seiner Schulter balancierte. »Hallo, Jessie, wie geht’s dir?«
    »Ich hab morgen keine Vorschule, weil’s zu kalt für kleine Äffchen ist. Hat mein Opa gesagt.«
    »Da hat er recht«, stimmte Megan zu, und ihre Mundwinkel zuckten amüsiert.
    »Deswegen darf ich heute länger aufbleiben und Spaß haben«, warnte Jessie, als könnte das Megan abschrecken.
    Mitch rollte die Augen. »Ja, du darfst lang genug aufbleiben, daß du noch was von der Eiscreme kriegst, die Megan uns mitgebracht hat.
    War das nicht nett von ihr?«
    »Ich mag

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