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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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nicht. Aber er hatte bereits ein paar kurze Blicke darauf ergattert.
    Die Möbel im Wohnzimmer waren alle alt und, wie er sah, liebevoll gepflegt. Auf jedem verfügbaren freien Platz stapelten sich Kartons, Bücher, Geschirr, Überdecken und noch mehr Bücher. Es sah aus, als hätte sie bis jetzt nur das Allernotwendigste ausgepackt.
    »Stellen Sie einfach die Kartons beiseite, wenn Sie sich setzen wollen«, rief sie.
    Sie kam aus dem Schlafzimmer und rollte sich die Ärmel eines Flanellhemds auf, das drei Nummern zu groß war. Der schwere Pullover und der Rollkragen waren weg, sie trug nur noch die schwarzen Leggings, die wie eine zweite Haut saßen. Ein Pärchen Kurzhaarkatzen strichen um ihre Beine, bettelten um Aufmerksamkeit. Die größere war schwarz mit einem weißen Lätzchen, einem krummen Schwanz und einer vorwurfsvollen Stimme. Die kleine, ein grauer Tiger, warf sich vor ihr auf den Teppich und rollte sich laut schnurrend auf den Rücken.
    »Vorsicht vor meinen Aufpassern«, sagte sie grinsend. »Wenn sie Sie mit einer riesigen Portion Whiskas verwechseln, sind Sie verloren.« Sie wandte sich zur Küche, und die beiden trabten mit hocherhobenen
Schwänzen hinterher. »Die Schwarze heißt Friday«, sagte sie und öffnete eine Dose Katzenfutter, »die Graue Gannon.«
    Mitch amüsierte sich. Sah ihr ähnlich, die beiden nach Personen aus der alten Polizeiserie zu taufen. Nichts Sanftes oder Flauschiges, keine niedlichen Namen, sondern echte Cop-Namen.
    »Meine Tochter wäre begeistert«, sagte er, und sofort regte sich wieder sein schlechtes Gewissen. Er warf einen Blick auf die Uhr und mußte feststellen, daß er zum zweiten Mal hintereinander Jessies Schlafenszeit verpaßt hatte. »Wir haben einen Hund, und das reicht für unser Haus. Sie bettelt ihre Großeltern seit Ewigkeit um eine Katze, aber ihr Großvater ist allergisch dagegen.« Das war zumindest Joys Ausrede, einfach die Schuld auf Jurgen abwälzen! Mitch vermutete, daß es wohl eher daran lag, daß Joy keine Lust hatte, Katzenklos auszuleeren und Haare von ihren Möbeln zu bürsten.
    »Sie können sich glücklich schätzen, daß Sie jemanden haben, der sich um sie kümmert«, sagte Megan. Sie warf die leere Dose in den Müll, bückte sich und kramte in einer brauen Kühltasche neben dem Eisschrank.
    »Ja, muß ich wohl«, Mitch nahm die Flasche Bier, die sie ihm reichte.
    »Ich wäre lieber selbst bei ihr.«
    »Wirklich?«
    »Ja, wirklich«, bekräftigte er und versuchte den Ausdruck in ihren Augen zu deuten. Überraschung? Verletztheit? Mißtrauen? »Warum denn nicht? Sie ist meine Tochter.«
    Sie hob eine Schulter, aber senkte den Blick auf den Verschluß ihrer Bierflasche, den sie gerade öffnete. »Ein Kind allein aufziehen ist eine Last, die die meisten Männer nicht tragen wollen.«
    »Dann gibt es einen Haufen Männer, die nicht Vater sein sollten.«
    »Ja genau … das kann man laut sagen.«
    Mitch stand mit der Bierflasche in der Hand da und ließ Megan nicht aus den Augen, die den Verschluß in den Papierkorb warf und einen tiefen Zug nahm. Die Bemerkung klang so, als hätte sie damit selbst schon Erfahrungen gemacht.
    »Sie sagten, Ihr Vater wäre Cop?«
    »Zweiundvierzig Jahre in Blau.« Sie lehnte sich an die Arbeitsplatte, verschränkte Beine und Arme. »Er hat seine Sergeantenstreifen gekriegt und ist nie weiter aufgestiegen. Wollte er auch nie. Wie er jedem erzählt, der zuhört, wird die ganze echte Polizeiarbeit in den Gräben gemacht.«

    Das bißchen Humor konnte ihre Verbitterung nicht ganz kaschieren, wie sie selbst bemerkte. Er sah, wie ihre Augen warnend flackerten. Sie stellte das Bier beiseite, drehte sich zum Fenster über dem Spülstein und öffnete es einen Spalt, dann trat sie zurück und starrte hinaus ins Nichts. Mitch ging zum Ende der Küchentheke, nur so nahe, daß er sie anschauen, so nahe, daß er ihre Spannung fühlen konnte.
    »Haben Sie Brüder?«
    »Einen.«
    »Ist er auch ein Cop?«
    »Mick?« Sie lachte. »Du lieber Gott, nein. Er ist Anlageberater in
    L. A.«
    »Also sind Sie statt ihm in Vaters Fußstapfen getreten?« Er ahnte ja nicht, wie wahr das war, dachte Megan, während sie in die Nacht hinausstarrte, deren kalter Atem durch das Fenster hereinwehte. Es hatte wieder leicht zu schneien begonnen, feine trockene Flocken, die aus den Wolken herabrieselten und wie Pailletten im Schein der Straßenlampen glitzerten. Sie hatte einen Großteil ihres Lebens damit verbracht, hinter ihrem Vater wie ein

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