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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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Verlangen explodierte. Tobte durch ihren Körper. Staubte sie zurück zur Vernunft.
    Mitch merkte es im selben Augenblick, in dem es passierte. Er hörte, wie sie erschrocken den Atem anhielt, fühlte wie ihre Rückenmuskeln unter seinen Händen erstarrte. Und er dankte Gott, daß ihr Warnsystem besser aufpaßte als seines, denn in fünf Minuten hätte er sie einfach gleich hier genommen ohne Bett und ohne jede Rücksicht. Er begehrte sie zu sehr und das aus Gründen, die er nicht ganz begriff. Sein ganzer Körper hämmerte vor Verlangen, es pulsierte in seinem Unterleib.
    Er hob langsam den Kopf, seine schweren Augen bohrten sich in die ihren, und genauso langsam zog er die Hälften ihres Hemdes über ihren kleinen, rundlichen Brüsten zusammen.
    »Sind Sie ganz sicher, daß Sie nicht doch ein Bett im Angebot haben?« Seine Stimme klang rauh.
    »Tut mir leid«, murmelte sie.
    Er ließ sie von der Küchentheke gleiten, hielt sie aber fest, zwischen seinen Beinen eingekeilt, dann beugte er sich vor und hauchte zarte federleichte Küsse über ihren Haaransatz, zog sie an sich, drückte seine Erektion gegen ihren Bauch, ließ sie wissen, was er wollte, was sie bei ihm bewirkte.
    Megan zitterte, als sie seine Härte fühlte, erbebte bei der Vorstellung, wie sie beide zusammensein könnten, nackt im Bett nebenan. Sie zitterte vor Schmerz des Verlangens und vor den Konsequenzen, die dieses Verlangen mit sich brächte. Er konnte sie ruinieren, ihre Karriere ruinieren, an der sie so hart gearbeitet hatte. Und trotz alledem begehrte
sie ihn. Der Wind blies durch das offene Fenster hinter ihr und kühlte den Schweiß auf ihrer Haut. »Ich will ja nicht sagen, daß es nicht verlockend wäre«, bemerkte sie, obwohl es sie ungeheure Mühe kostete, so cool zu klingen. Da hämmerte eine Faust gegen die Wohnungstür, und der Duft von Pizza kroch durch die Ritzen. »Aber unsere zehn Minuten sind um.«

21 Uhr 16, – 10 Grad
    Paul saß in dem Ledersessel hinter seinem Schreibtisch. Außerhalb der Lichtpfütze seiner Messinglampe war das Büro dunkel. Die Steuerkanzlei Christianson und Kirkwood erstreckte sich über einige Räume eines gemieteten Büros im Omni-Komplex, ein etwas gewagter Name für ein einstöckiges Backsteingebäude, in dem es außerdem noch einen Immobilienmakler, eine Versicherungsagentur und ein paar kleinere Kanzleien gab. Um diese Zeit waren alle anderen Büros im Gebäude leer, die Anwälte, Agenten und Sekretärinnen nach Hause gegangen.
    Die Erkenntnis traf Paul wie eine stumpfe Klinge.
    Seine Familie war zerbrochen, zerrissen. Sogar schon vorgestern abend war sie angenagt und voller Schadstellen gewesen. Wegen Hannah. Die phantastische Dr. Garrison, Retter der Kranken und Verwundeten. Der Liebling der Stadt. Das Modell moderner Fraulichkeit. Weil sie egoistisch war, weil ihr ihr Job mehr bedeutete als ihre Ehe, war die gesamte Struktur des Familienlebens aus den Fugen geraten und zerbröselt. Wegen ihr mochte er abends nicht heim. Wegen ihr hatte er eine Affäre. Wegen ihr war Josh verschwunden.
    Obwohl schon seit Stunden von der Suche zurück, waren seine Füße Eiszapfen. Der Adrenalin pumpte immer noch durch seinen Körper, drängte ihn aus dem Stuhl, ließ ihn ab- und auflaufen. Szenen rollten beschleunigt durch seinen Kopf. Die Freiwilligen, Hunderte von ihnen, wie sie durch den knietiefen Schnee trampelten, die Luft mit ihrem Atem vernebelten, die vor Spannung knisterte. Das Hämmern der Hubschrauberrotoren. Das Kläffen der Bluthunde und Bellen der Polizeihunde. Die Motoren der Kameras und das Scheppern der Tonausrüstung. Der grelle Lichtschein. Die hartnäckigen Fragen der Reporter.

    »Mr. Kirkwood, haben Sie etwas zu sagen?«
    »Mr. Kirkwood, möchten Sie eine Erklärung abgeben?«
    »Ich möchte nur meinen Sohn zurück. Ich würde alles tun – alles geben, nur um ihn wiederzukriegen.«
    Es schien so unwirklich. Als wäre die Welt aus dem Lot geraten. Als wäre seine Existenz das Spiegelbild der Realität, voller Schatten und scharfer Konturen. Das machte ihn unruhig, schüttelte ihn, so als würde ihm seine Haut nicht mehr passen. Er war ein Mensch, der Ordnung brauchte, nach Ordnung lechzte. Die Ordnung war den Bach hinuntergegangen.
    »Paul, setz dich. Du mußt dich ausruhen.«
    Die Stimme kam aus dem Halbdunkel. Fast hätte er sie vergessen. Sie war ihm von der Gebetsandacht gefolgt, bedacht darauf, nicht direkt hinter ihm das Gebäude zu betreten. Das war eines der Dinge, die er am meisten

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