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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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sollte. Doch im Moment muss ich mich beeilen, damit ich nicht zu spät zu einer Verabredung komme.«
    Mit diesen Worten wandte er sich um, sodass das Licht, das zum Fenster hereinströmte, seine hünenhafte Gestalt von hinten beleuchtete und Kershaw seinen Gesichtsausdruck nicht ausmachen konnte. »Falls Sie mich natürlich jetzt verhaften wollen …«
    Sie zögerte: Alle ihre Instinkte rieten ihr, Janusz Kiszka aufs Revier zu schleppen und ihn in die Mangel zu nehmen. Sein ganzes Verhalten schrie regelrecht heraus, dass er für Justyna Kozlowskas Tod verantwortlich war. Ja, vielleicht auch für den von Ela. Trotz seiner gebildeten Sprechweise konnte sie die unterdrückte Wut praktisch in der Luft knistern hören.
    Schließlich jedoch war es nicht die Vorstellung, diesem Riesen ohne fremde Hilfe Handschellen anlegen zu müssen, die sie daran hinderte, ihm seine Rechte vorzulesen, sondern eher die Frage, wie sie Bacon erklären sollte, warum sie jemanden festnahm, ohne zuvor sein Alibi zu überprüfen.
    Sie erhob sich. Du musst dich behaupten. Den schwarzen Peter ihm zuschieben.
    »Wir geben Ihnen wegen der DNA -Probe Bescheid, Mr Kiszka. Da Sie für unsere Ermittlungen derzeit von Interesse sind, würde ich Sie bitten, uns zu informieren, falls Sie planen, London zu verlassen.« Er verbeugte sich leicht, als Zeichen, dass er verstanden hatte.
    »Außerdem brauche ich die Kontaktdaten Ihres Freundes – der, der bezeugen kann, wo Sie am Dienstagabend waren.«
    Janusz gab ihr Oskars Telefonnummer und begleitete sie zur Tür. Im letzten Moment drehte sie sich noch einmal um und blickte ihn mit ernster Miene an – seltsam, dachte er, aber sie sah plötzlich ganz und gar nicht mehr so niedlich aus.
    »Da wäre noch etwas, Mr Kiszka«, meinte Kershaw, die sich an die Tätowierung am Po der Wasserleiche erinnerte. »Kennen Sie zufällig jemanden namens Pawel?«
    Er lachte wegwerfend auf. »Ich kenne etwa ein Dutzend Leute namens Pawel, meine Liebe.«
    Das klang zwar ziemlich plausibel, dachte Kershaw auf dem Weg die Treppe hinunter, doch warum hatte er dann die riesigen Fäuste geballt, als der Name gefallen war?
    Die Zigarre zwischen den Zähnen, lief Janusz im Wohnzimmer hin und her und ließ den Abend mit Justyna im FlashKlub immer wieder Revue passieren. Wenn man der kleinen detektywa glauben konnte, war Justyna, gleich nachdem er sie nach Hause gebracht hatte, noch einmal losgezogen und in ein schickes Hotel in Wapping gefahren, um sich bei Sex und Drogen zu amüsieren. Das passte nicht zu dem Mädchen, wie er sie kannte.
    Oder hatte sie ihm, was ihr Verhältnis zu Pawel Adamski anging, etwas vorgelogen? Vielleicht hatte sie ja früher einmal ein Verhältnis mit ihm gehabt und war wegen einer Jüngeren sitzen gelassen worden.
    Janusz stand da und blickte auf Highbury Fields hinaus. Er wusste, dass mit einer zurückgewiesenen Frau nicht zu spaßen war. Doch je länger er über seine Begegnung mit Justyna nachdachte, desto schwerer fiel es ihm, sie sich in dieser Rolle vorzustellen. Er erinnerte sich an ihren festen Blick und daran, dass sie den Kosenamen des Mädchens benutzt hatte. Nichts hatte auf Unaufrichtigkeit oder ein Täuschungsmanöver hingewiesen. Ihre Sorge um Nika erschien ihm ebenso echt wie ihre Abneigung gegen Adamski.
    Nein, sie war in das Hotel gelockt worden, vielleicht unter dem Vorwand, dass Weronika sie dort erwartete, da war er ganz sicher. Dann hatte man ihr die Drogen eingetrichtert – und alles wies darauf hin, dass Adamski der Mörder war.
    Im nächsten Moment fiel Janusz ein, dass sie ihn an jenem Abend auf einen Kaffee hereingebeten hatte. Er hörte auf, hin und her zu laufen, und schloss die Augen. Heilige Muttergottes! Der Ausdruck, den er in Justynas Augen erkannt hatte, war nicht die Angst vor Zurückweisung gewesen, sondern schlicht und ergreifend Angst . Er musste sich am Kaminsims festhalten. Justyna hatte sich so vor Adamski gefürchtet, dass sie ihn, Janusz, eingeladen hatte – und vielleicht sogar mit ihm, einem Mann, der ihr Vater hätte sein können, geschlafen hätte –, nur um die Nacht nicht allein verbringen zu müssen.
    Und er hatte sie im Stich gelassen. Die Schuld streckte die Hand nach Janusz aus wie ein alter Freund: Wegen seiner verdammten Frömmelei und der Frage, was er Pater Piotr bei der nächsten Beichte sagen sollte, hatte er das Todesurteil des Mädchens unterschrieben.
    Im nächsten Moment läutete Janusz’ Mobiltelefon.
    »Ich bin’s, Scheißkerl!«,

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