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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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verwickelt. Nichts Ernstes, aber nun, ich muss zugeben, ich war nicht angeschnallt«, erwiderte er mit einem entschuldigenden Grinsen. »Diese Lektion habe ich jetzt gelernt.«
    Schwachsinn . »Mit Ihrem eigenen Auto, Mr Kiss-ka, oder dem eines Freundes?«
    »Es war eine Droschke.«
    »Sie meinen ein Taxi ?« Abgesehen von einem prähistorischen Ausdruck hie und da war sein Englisch erstaunlich fließend. Wären der Akzent und etwas undefinierbar Ausländisches an seinem Aussehen und seiner Kleidung nicht gewesen, sie hätte ihn beinahe als – nun – »Oberschicht« beschrieben.
    »Ja, ich hatte die letzte U-Bahn verpasst und deshalb eines auf der Straße angehalten.«
    Wodurch seine Geschichte nicht nachzuprüfen war, falls sie es versuchen sollte.
    »Ein kaputter Spiegel und ein Autounfall«, stellte sie fest. »Würden Sie sich als überdurchschnittlich ungeschickt bezeichnen, Mr Kiss-ka?« Ihr Tonfall war leicht sarkastisch.
    »Man spricht es Kisch-ka aus«, verbesserte er sie und verzog die Lippen zu einem Lächeln. »Ja-nusch Kisch-ka.« Inzwischen pochte sein Schädel höllisch, doch er wusste, dass er sich nichts anmerken lassen durfte. Was zum Teufel wollte dieses Mädchen von ihm?
    »Darf ich Sie fragen, was Sie beruflich machen, Mr Kisch-ka?«
    »Ich bin Geschäftsmann«, antwortete er und umfasste die Tasse. Ihr fiel auf, dass sie fast zwischen seinen Händen verschwand. »Hauptsächlich Import und Export.«
    Kershaw wies mit dem Kopf auf den Stapel New Scientist auf dem Tisch.
    »Sind Sie im wissenschaftlichen Bereich tätig?«
    »Nicht wirklich. Ich bin einfach ein wissbegieriger Mensch.« Wieder lächelte er, um bloß nicht unhöflich zu wirken.
    Kershaw trank ihren Kaffee. Bacon hatte ihr einmal erklärt, Schweigen sei die bei einer Vernehmung am meisten unterschätzte Waffe.
    Janusz widerstand der Versuchung, es zu brechen, und spürte, wie ihm vom Dauerlächeln allmählich die Gesichtsmuskeln wehtaten. Außerdem stellte er fest, dass sie abgekaute Fingernägel hatte, eine scheußliche Angewohnheit, vor allem bei einer Frau.
    »Darf ich fragen, ob Sie verheiratet sind, Mr Kiszka?«
    »Ja, meine Frau lebt in Polen. Wir haben einen Sohn.«
    Ihr fiel auf, dass er seinen Kaffee nicht angerührt hatte.
    »Und Sie wohnen lieber hier?« Sie zog eine Augenbraue hoch, um ihn zu provozieren.
    »Der polnischen Wirtschaft geht es derzeit nicht sehr gut – viele Leute arbeiten woanders.« Sein perfektes Englisch zeigte die ersten Schwachstellen. »Hören Sie, meine Liebe, ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber was ist los?«
    Sie schenkte ihm ein reizendes Lächeln. »Oh, vermutlich nichts Wichtiges.« Sie kramte in ihrer Handtasche und förderte ein Asservatentütchen aus Plastik zutage, das sie zwischen sich und Janusz auf den Tisch legte. »Erkennen Sie das?«
    Als er sich vorbeugte, spürte er einen schmerzhaften Stich in den Rippen. Kurwa mac! Das Ding sah zwar aus wie durch die Waschmaschine gedreht, doch er erkannte es auf Anhieb. Wie zum Teufel war die Kleine an seine Visitenkarte geraten? Wenn er sie im Haus auf dem Land fallen gelassen hatte, steckte er jetzt ordentlich in der Tinte.
    »Klar, das ist meine Karte«, erwiderte er, lehnte sich zurück und holte seine Zigarrenschachtel heraus. »Gibt es da ein Problem?«
    »Ja, Mr Kiszka, ich fürchte schon. Ich muss Ihnen mitteilen, dass sie im Besitz einer Person war, die gestern tot aufgefunden wurde, vermutlich war eine Überdosis die Todesursache. Wir untersuchen die Umstände, die zu ihrem Tod geführt haben.«
    Janusz hasste diese Polizistensprache voller verhüllter Drohungen, die ihn an die Ausdrucksweise der milicja zur Zeit des Kommunismus erinnerte. Offenbar war das kleine Mädchen ein Detective, wenn auch wahrscheinlich in untergeordneter Position. Janusz hätte sich wegen seines Leichtsinns ohrfeigen können. Er zündete sich eine Zigarre an und zog daran, um sich zu beruhigen.
    »Es tut mir leid, das zu hören, aber ich habe Hunderten von Leuten meine Karte gegeben«, entgegnete er und beschrieb einen Bogen mit seiner Zigarre, um die weite Verbreitung zu unterstreichen.
    »Es scheint Sie nicht sonderlich zu interessieren, wer gestorben ist«, antwortete das Mädchen. Ihre graublauen Augen hatten inzwischen einen stahlharten Ausdruck angenommen und blickten ihn eindringlich an. Außerdem fiel ihm ihr Cockney-Akzent allmählich auf die Nerven. Er erinnerte sich an ein Sprichwort, das sein Großvater gern zitiert hatte: Wenn der Teufel

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