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Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Titel: Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Merrily direkt in die Augen.
    «Ich komme zu Ihren lausigen Messen und höre mir Ihre sogenannten Predigten an, damit ich das Licht hochhalten kann, damit jeder sieht, was Sie in Wirklichkeit sind. Es ist nicht unbemerkt geblieben, Merrily Watkins, dass Sie die christliche Ordnung auflösen. Sie haben viele Lieder gestrichen, damit sich die Stimmen nicht mehr zu Gottes Lob erheben können. Sie haben den Abendgesang durch ihre obskure
stille Einkehr
ersetzt, damit das Dämonische eindringen kann.»
    «Shirley, wer genau leitet Ihre Kirche?»
    «Dann sitzen alle im Kerzenlicht da und öffnen dem Dämonischen ihre Herzen in der Stille, die doch mit Lobpreis erfüllt sein sollte.»
    «Wer leitet die Kirche vom Herrn des Lichts, Shirley?»
    «Die Kirchenältesten. Und zu denen gehöre ich inzwischen. Ich lerne, das Wort Gottes zu verkünden.»
    Und schon begann sie die Technik anzuwenden, alles, ganz gleich, wie verdreht es war, wie die Heilige Schrift klingen zu lassen.
    «Und wer betreibt die Webseite der Kirche in Amerika?»
    «Ich muss Ihre Fragen nicht beantworten. Halten Sie uns für dumm?» Shirley begann den Kopf ganz schnell zu schütteln, als wolle sie den eindringenden Dämonen nur ein bewegliches und damit schwerer zu treffendes Ziel bieten. «Ihre Kirche … ist auf Wollust gegründet, ein Schlangennest! Zuerst kamen die Frauen ins Amt, jetzt sind es Homosexuelle und Perverse. Männer, die ihr Ding in andere Männer stecken und immer noch glauben, sie könnten das Wort Gottes verkünden.»
    «Und was ist dann mit dem Begründer der Kirche vom Herrn des Lichts?», sagte Merrily. «Was ist mit dem Pfarrer, der den Frauen ein Kruzifix in die Vagina schiebt?»
    Ihr wurde leicht übel. Und zwar weil sie sich in diese Argumentation geflüchtet hatte. Und was war, wenn sich James Bull-Davies getäuscht hatte, was Vater Ellis anging?
    Shirley hatte den Mund aufgerissen. Er sah aus wie ein Spalt in einer Felswand. Ihre Augen traten hervor, und sie umgriff die Ladenkasse, wie um sie hochzureißen und auf Merrily zu schleudern.
    «Warum fragen Sie ihn nicht einmal danach, Shirley? Schreiben Sie ihm eine E-Mail.»
    Es war Zeit zu gehen. Das war Zeitverschwendung. Wenn es je eine Gelegenheit gegeben hatte, zu Shirley durchzudringen, hatte Merrily sie verpasst.
    «Denken Sie nicht, man hätte Sie nicht gesehen», flüsterte Shirley, während sich mit einem Ping der Glocke die Ladentür öffnete, «wie Sie mit dem Täufer des Antichristen über die Weide mit den Steinen gegangen sind.»
    Edna Huws, die Organistin, kam mit zwei Einkaufstaschen herein.
    «Ist das alles nicht schrecklich, Merrily? Ich wusste nichts davon, bis ich Frühstücksfernsehen gesehen habe. Ich war früh schlafen gegangen. Und jetzt sitzen wir in unserem eigenen Dorf fest! Man weiß nicht mehr, was in dieser Welt vorgeht.»
    «Davon sprachen wir auch gerade», sagte Merrily.
    «Mr. Bull-Davies will, dass ich mein Haus verlasse. Aber ich werde nicht gehen. Ich habe ihm erklärt, dass ich das Weihnachtsfest die ganzen letzten dreißig Jahre bei mir zu Hause verbracht habe, in Ruhe und Frieden, manchmal mit Freunden, manchmal allein, und dass ich nur aus dem Haus gegangen bin, um in der Kirche Orgel zu spielen, und ich habe nicht mehr viele Jahre vor mir, und ich lasse mich nicht an Weihnachten vertreiben!» Sie sah Merrily ängstlich an. «Aber das passiert nicht, oder, Mrs. Watkins? Das Wasser steigt nicht mehr weiter in der Church Street. Oder doch?»
    «Wir beten alle, dass es nicht so kommt, Mrs. Huws.»
    «Danke. Ich danke Ihnen. Oh, guten Morgen, Mrs. West. Ist das alles nicht schrecklich?»
    «Das ist es wirklich, Mrs. Huws.» Shirley ließ die Arme sinken. «Was möchten Sie haben, Mrs. Watkins?»
    «Eine Schachtel Silk Cut, bitte.»
    Shirley lächelte.
    «Ich fürchte, die Zigaretten sind uns ausgegangen, Mrs. Watkins.»
    Merrily schaute zu den Regalen und sah nur Pfeifentabak und Zigarettenpapier.
    «Mr. Prosser hat ja keinen großen Vorrat. Hat die letzten gestern Abend verkauft. Panikkäufe, Sie wissen ja, wie die Menschen sind. Er hat heute eine neue Lieferung erwartet. Die wird aber jetzt nicht mehr kommen, oder? Jetzt, wo wir auf einer Insel leben.»
    Shirley West triumphierte.

48 Geschichte und Angst
    Der blaue Stretch-Land-Rover von Jumbo Humphries parkte an einer heruntergekommenen Ecke im Plascarreg. Bliss ging langsam darauf zu, vorbei an einem ausgebrannten schwarzen Nissan Micra. Wenn der wachsbleiche Himmel und die Pfützen

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