Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
reden über das Innenministerium, wenn wir nichts Dringenderes zu tun haben.»
«Wo ist Buckland zurzeit?», fragte Bliss.
«Das wissen wir nicht.»
«Das hilft natürlich.»
«Wir haben nichts gegen ihn in der Hand. Er ist siebenundzwanzig Jahre alt, sieht aber jünger aus. Keine Vorstrafen.»
«Gar keine?»
«Es gibt keine Akte über ihn, außer als Opfer. Er wurde in einem Pub zusammengeschlagen, als er siebzehn war.» Annie lachte trocken auf. «Der Hauptverdächtige wurde sehr viel später tot auf einem Parkplatz gefunden. Der Mörder wurde nie gefasst.»
«Aber Buckland wurde doch dazu vernommen, oder?»
«Der Mord geschah viereinhalb Jahre nach der Schlägerei in dem Pub. Und mehrere Jahre bevor wir von Glyn Bucklands lebenslanger Faszination für Klingen erfuhren. Außerdem gab es keine DNA -Spuren. Na ja, heutzutage muss man kein Psycho sein, um zu morden. Das geht auch ganz kühl und berechnend. Wann sind Sie das letzte Mal einem Messerstecher mit einem moralischen Ethos begegnet?»
«Oder auch nur einem, der weiß, wie man das schreibt.»
«Ethos?»
«Ich dachte eher an Messer.»
Howe lachte.
«Auf jeden Fall ist Buckland intelligent genug dafür. Und er hat eine Vollzeitbeschäftigung. Ist selbständig. Arbeitet an verschiedenen Orten, deshalb ist er schwer ausfindig zu machen. Außerdem benutzt er verschiedene Namen, angeblich aus Sicherheitsgründen. Er arbeitet im Sicherheitsdienst.»
«Was für eine Art Sicherheitsdienst?»
«Alles Mögliche. Er fährt Geldtransporter, berät beim Einbau von Alarmanlagen und so weiter. Ich glaube, auf diese Art lernt er Leute kennen, die sich so stark bedroht fühlen, dass sie extreme Maßnahmen ergreifen wollen. Das sehen sie nur als andere Art von … Sicherheitsdienst.»
«Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass er den Lasky-Mord begangen hat?»
«Die Umstände passen zusammen, und zwar außerordentlich gut. Er hat regelmäßig für Lasky gearbeitet. Lasky hat ihn an seine Kunden weiterempfohlen. Es hat aber nicht gereicht, um ihn zum Verhör zu laden. Aber das würde ich in diesem Stadium sowieso nicht gerne tun.»
«Weil er nicht weiß, dass seine Schwester bei Ihnen war. Er hat keinerlei Grund zu der Annahme, dass er unter Verdacht steht. Er fühlt sich sicher.»
«Genau. Wir sollten ihn in Ruhe lassen, bis wir genügend gegen ihn in der Hand haben.»
«Okay», sagte Bliss. «Wenn wir also von einer Art Unterausschuss von Hereforward ausgehen, würden Bill Blore und vielleicht Lyndon Pierce dort eine Art Beraterfunktion haben.»
«Sonst noch jemand?»
«Denken Sie an Ihren Vater?»
«Wenn ich das muss, dann muss ich es.»
Ihr schmales Gesicht war erhitzt, ihr Haar fiel in weißblonden Wellen über die eine Wange. Am Mundwinkel hatte sie einen Kaffeefleck. Sie sah Charlie kein bisschen ähnlich.
Bliss sagte: «Ich glaube, Charlie wurde mit hübschen jungen Gespielinnen bei Laune gehalten, und mehr war da vielleicht nicht. Vermutlich geht es um eine Ledwardiner Sache, aber ich weiß verdammt noch mal nicht, um was genau.»
«Groß ist das Dorf ja nicht.»
«Noch nicht. Aber heute Nacht kommt man dort nicht mit dem Auto hin. Alle Zufahrtsstraßen sind überschwemmt.»
«Ist Blore dort?»
«Und Pierce garantiert auch. Wie gehen wir es an?»
Howe klopfte mit dem Kaffeelöffel einen langsamen Takt auf den Tisch.
«Dieser Kerl …», sagte Bliss. «Man muss ja schon eine ziemlich niedrige moralische Hemmschwelle haben, wenn man einen Mord begeht, um einen Pädophilenclub vor einer belastenden Zeugenaussage zu schützen.»
«Er ist ein Kind des neuen Wertevakuums», sagte Annie Howe.
61 Um dich funkeln zu sehen
Merrily sah Stooke die Eingangstür des
Swan
aufreißen und in den Regen hinausgehen. Sie zögerte einen Moment.
Lol sang einen neuen Song. Es ging um Lucy, die wie ein Raubvogel über ihm schwebte, wie ein Wächter.
Wächter?
Oh Gott, es war spät. Und es war ein langer Tag. Die Kirche war entweiht worden, Merrily zitterte vor Nikotinentzug. Sie sah auf ihre Hände. Sie bestanden aus Pixeln.
Hinter ihr in der Lounge sang Lol.
… und du spürst, dein Herz lässt nicht los, nimmer.
So wünscht es sich Miss Devenish – für immer
Merrily straffte die Schultern und ging hinaus in die Dunkelheit.
Jane saß lange schweigend da. War das der Schlusspunkt? Würde sie es überhaupt noch ertragen, hier zu leben? Vielleicht sollte sie sich an irgendeiner abgelegenen Uni bewerben.
Mom wäre dann allerdings
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