Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
Dann war er wieder zu seinem Haus in Marden gefahren, wo sie auf ihn wartete. Es wäre sicherer gewesen, nach Malvern zu gehen, aber sie mussten beide später in die Goal Street. Es gab so viel zu tun. So viele langwierige Verhöre.
«Eins macht mich fertig», sagte er. «Glaubst du, dass die Morde an Clement Ayling und Mathew Stooke durch unsere Steuern mitfinanziert worden sind?»
«Francis … fang gar nicht erst an, darüber nachzudenken.»
«Und Leonora? Wie viel liefert sie uns noch?»
«Ich dachte zuerst, das wird ein Kinderspiel, aber sie ist ziemlich schlau. Anscheinend ist ihr aufgefallen, dass sie Blore als Initiator hinhängen könnte. Sie kennt ihn schon eine ganze Weile. Das lässt sich auch beweisen, weil sie vor ungefähr einem Jahr für eine Sonntagszeitung eine Reportage über ihn gemacht hat. Da könnte alles angefangen haben. Bestimmt fühlten sie sich sehr zueinander hingezogen. Und wenn sie über Stooke redet, kommt es einem vor, als hätte er damals schon seinen Zweck für sie erfüllt. Zeit, sich nach etwas Neuem umzusehen. Außerdem wurde er aus irgendeinem Grund anscheinend immer nerviger. Er ist wohl in eine persönliche Krise hineingerutscht. Das hat sie zweimal gesagt. Aber wodurch wurde diese Krise verursacht?»
«Ich habe mich mit Mrs. Watkins darüber unterhalten, und mit
diesem Thema
werde ich mich garantiert nicht näher befassen und die Staatsanwaltschaft auch nicht. Sagen wir einfach, es sind eine Menge Tantiemen von Stookes Buch zu erwarten. Davon hätte sie bei einer Scheidung nur die Hälfte bekommen. Und Blore – der ist nicht so wohlhabend, wie man glauben könnte. Er hat unten in Surrey drei Kinder aus einer gescheiterten Ehe.
So etwas
versteht die Staatsanwaltschaft.»
Bliss küsste Annies Hals. Sie legte ihre schlanke Hand auf seine.
Charlies Tochter.
Wahnsinn.
Sie hatten nicht viel über Charlie geredet, und Bliss wusste, dass Annie im Zwiespalt war. Auf der einen Seite dachte sie, wenn durch Furneaux alles herauskäme, wäre es wenigstens vorbei. Dann gäbe es einen mittleren Sexskandal, weil Steve für Charlie junge Frauen herangeschafft hatte, ebenso wie er andere mit Drogen versorgte. Kontrolle. Allerdings konnte man Charlie nur kontrollieren, wenn er es aus irgendeinem Grund für nützlich hielt, so zu
erscheinen
, als könnte er kontrolliert werden.
Bliss hatte das Thema etwa eine Stunde zuvor zögernd angesprochen. Annie war wegen Charlie so, wie sie war. Weil sie einen großen, sehr großen Abstand zwischen das legen wollte, was sie auszeichnete, und das, was Charlie Howe auszeichnete.
«Wie auch immer», hatte sie gesagt, eine Hand an der Innenseite von Bliss’ Oberschenkel. «
Das hier
wird ihn viel mehr verletzen, falls er es je herausfindet.»
«Und wird er es herausfinden?»
«Könnte sein.» Und dann hatte sie gesagt: «Ich habe unten auf dem Sideboard ein Foto von dir und deiner Frau gesehen. Sie ist eine echte Schönheit, oder?»
Bliss hatte sich aufgerichtet und in das ernste, kantige Gesicht geblickt. Er hätte ihr von
keine Schwerverbrecher in unserem Bett
erzählen können und auch sonst noch so einiges.
«Annie», sagte er. «Ich muss dir sagen, das ist etwas, wovon du überhaupt nichts verstehst.»
Als er später im Dunkeln aufwachte, schlief die stellvertretende Superintendentin noch. Die Vorhänge waren offen, ein bleicher Mond hing über den Dächern. Es hatte nicht geregnet. War die Regenzeit womöglich vorbei?
Bliss und Annie hatten beschlossen, Blore wegen Mordverdachts zu verhaften. Sie warteten noch auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.
Und sie hatten Gregory. Der eine relativ offene Aussage gemacht hatte.
Wenn man darüber nachdachte, hatte er schon in der Nacht zuvor am Rand von Coleman’s Meadow nicht mehr viel zu verlieren gehabt.
Es war klar, dass Gregory – der sich durch Blores Unfähigkeit in der Defensive fühlte – schließlich geglaubt hatte, seine einzige Rettung bestünde darin, Gomers Jeep zu klauen und sich über die Felder davonzumachen.
Bliss war bei dem Anblick schlecht geworden, so sicher war er gewesen, dass einer von den beiden – Gomer oder Lol Robinson – den Messerstich abbekommen würde.
Was Gregorys Entschlossenheit schließlich geschwächt hatte, war schwer zu sagen. Terry Stagg zufolge, der als Erster bei dem Jeep gewesen war, hatte Gregory einen entschlossenen Hieb mit dem Messer durch die leere Luft vollführt – einen Hieb, der auf nichts gerichtet war –, und der Schwung
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