Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
Auf keinen Fall hätte ich sie stoppen können.»
«Wen interessiert das? Wenn
ich
hier gewesen wäre …»
«Wenn du hier gewesen wärst, dich geweigert hättest, ihnen deinen Laptop zu geben und Ihnen stattdessen was von deinem Leben in diesem Polizeistaat erzählt hättest, wäre dieser Brent vermutlich auf ein paar ziemlich abseitige Ideen gekommen. Er kennt dich nicht, er kennt mich nicht …»
«Und wo ist dieser verdammte Bliss?»
«Ich weiß nicht. Ich dachte, diese Polizistin, Karen, wäre jetzt Andy Mumfords Nachfolgerin als Bliss’ ständige Teampartnerin. Aber heute war es anscheinend nicht so.»
«Willst du damit sagen, dass sie mich hätten
verhaften
können?»
«Jedenfalls hätten sie uns das Leben ziemlich schwermachen können. Brent wollte die Namen, und er wollte sie noch heute. Er hat sogar gesagt – das muss man sich mal vorstellen:
Mrs. Watkins, wir können es auf die sanfte Tour oder auf die harte Tour machen …
»
«Woher wussten die überhaupt, dass wir die Namen haben?»
«Jane, es gab
Zeitungsartikel
über dich.»
Und Frannie Bliss hatte es gewusst. Er hatte sogar vormittags im Auto heftig mit dem Zaunpfahl gewinkt, indem er sagte, wenn sie ihm eine Mitgliederliste vom Coleman’s-Meadow-Erhaltungsverein geben könnte, wäre das wohl der einfachere Weg. Und wo war er jetzt? Ein- oder zweimal hatte sie Karen Dowells Blick aufgefangen, und Karen hatte sie gequält angesehen, als wollte sie sagen:
Das ist nicht meine Schuld
.
«Ich habe ihr Vertrauen missbraucht», sagte Jane.
«Nein», sagte Merrily. «
Ich
habe
dein
Vertrauen missbraucht. Aber es kam mir so vor, als gäbe es in dieser Situation keine bessere Lösung.»
Jane starrte sie an, sie war immer noch wütend, aber vor allem ratlos und bestürzt.
«Du bist volljährig», sagte Merrily. «Ich hatte kein Recht, ihnen deinen Laptop zu geben, und ich hätte es so oder so nicht getan.»
«Also hast du ihnen deinen Computer gegeben, auf dem die Datenbank auch drauf ist. Und du hast gehofft, dass sie weg sind, bevor ich zurückkomme.»
«Mehr oder weniger, ja.»
«Trau dich
ja nicht
zu sagen, du hättest das gemacht, um mich zu schützen.»
«Nein.» Merrily sehnte sich nach einer Zigarette, aber sie stand nicht auf. «Ich hatte einfach keine Zeit zum Nachdenken. Die hat man nicht, in so einer Situation. Und das wissen sie genau, wenn sie plötzlich vor der Tür stehen.»
Als es das letzte Mal passiert war –
Dürfen wir hereinkommen?
–, hatten sie die Nachricht überbracht, dass Sean ums Leben gekommen war.
«Ich war müde und total nass geregnet, und ich wusste keinen anderen Ausweg, und ich … sehe immer noch keinen.»
«Und was machen sie jetzt damit?», fragte Jane.
«Sie kopieren die Datenbank. Und dann überprüfen sie die Namen. Sie fangen sofort an, vermutlich mit den Leuten aus der Umgebung. Und zwar mit denjenigen, die am … extremsten zu sein scheinen. Jane, hast du … schon mal von einer Gruppe gehört, die sich ‹Kinder der Schlange› nennt?»
«Wer ist das?»
«Sie haben also keinen Kontakt zu dir aufgenommen?»
«Nein. Ich habe noch nie von ihnen gehört. Und du kannst dir ja denken, dass ich so einen Namen nicht vergessen hätte. Wer sind sie?»
«Clement Aylings Anrufbeantworter hat einen Drohanruf aufgezeichnet. Der Anrufer behauptete, er wäre ein Vertreter dieser ‹Kinder der Schlange›.»
Janes Blick blieb vollkommen ausdruckslos.
«Das ist ja schon mal gut», sagte Merrily.
«Okay», sagte Jane. «Was hindert mich daran, eine Rundmail an alle zu schicken, die in der Coleman’s-Meadow-Datenbank stehen, ihnen zu erklären, dass die Polizei bei uns eine Razzia veranstaltet hat, und sie vor der Hexenjagd zu warnen, die es jetzt geben wird?»
«Nichts.»
«Und was hindert mich daran, Eirion anzurufen, damit er es seinen Freunden von der Presse erzählt? Damit es in die Zeitung kommt?»
«Nichts.»
«Aber?»
«Aber … ich schätze, in den meisten anderen Situationen würde so was aussehen wie ein schwerer Eingriff in die bürgerlichen Freiheiten. Aber hier geht es um einen ausgesprochen grauenhaften Mord, der im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit steht. Es ist sehr wohl denkbar, dass jemand aus dieser Datenbank, wenn er es nicht selbst war, zumindest in irgendeiner Verbindung mit dem Täter steht. Und es ist das eine, jemanden im Rahmen einer Sache zu schützen, an die man glaubt … aber einen Mörder zu decken, ist etwas ganz anderes. Und was ist, wenn er … Ich hole
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