Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
dir einen frischen Tee.»
«Was ist, wenn er es noch mal tut, oder?»
«Mmmm.»
«Das ist eine totale, eine
totale
Scheißsituation.» Jane stützte den Kopf in beide Hände. «Und dabei ist alles so gut gelaufen. Ich habe gerade …», sie sah auf, «Bill Blore kennengelernt.»
«Wirklich?»
«Auf der Coleman’s Meadow. Sie haben schon alles vorbereitet.»
«Ja, das wollte ich dir auch erzählen.»
«Coops hat mich in der Schule angerufen. Er sagte, Bill Blore wollte mich kennenlernen. Und, echt … das hat gestimmt. Er will mich morgen interviewen. Vor der Kamera.»
«Das ist toll.»
«Ich werde also für
Trench One
interviewt, während gleichzeitig andere Unterstützer von Coleman’s Meadow, Leute, die meine Petition unterschrieben haben, Leute, die sich zusammengeschlossen haben, um mir zu helfen …»
«Jane …»
«Von den Bullen …», Jane klammerte sich an die Tischkante, «… verhört werden. Vielleicht stürzen sie sich wieder auf alte Leute, sperren sie in Zellen und … ich weiß nicht … verprügeln sie …»
«Okay», sagte Merrily. «Ich rufe Bliss an.»
Um kurz nach sieben wirkte der Marktplatz mit seinem regennassen Kopfsteinpflaster und dem milchigen Lichtschein, den der Weihnachtsbaum verbreitete, wie ein winterliches Gemälde.
Kalt genug war es jedenfalls, und bei Bliss’ Anblick fror Merrily noch mehr. Er trug Jeans und ein altes Stone-Roses-T-Shirt unter einer dünnen Jacke. Merrily vermutete, dass er nicht in sein einsames Haus zurückwollte, aber auch ins Pfarrhaus wollte er nicht kommen. Wahrscheinlich wollte er Jane nicht begegnen.
«Ich wusste nichts davon», sagte er. «Sonst hätte ich es Ihnen erzählt. Vielleicht hatte Karen keine Gelegenheit, mich anzurufen.»
Bliss hatte dicht neben der offenen Markthalle geparkt, und sie standen unter ihrem weit vorspringenden Dach bei seinem Auto. Außer ihnen war kein Mensch auf dem Platz. Es regnete nicht, aber das war vermutlich nur eine kurze Unterbrechung.
«Ehrlich gesagt hatte ich sogar gedacht, falls sie wirklich so weit gehen wollen, würden sie mich zu Ihnen schicken», sagte er. «Ich war darauf vorbereitet. Es tut mir wirklich leid, aber …»
«Ich vermute, es lag daran, dass Aylings Körper im Fluss gefunden wurde.»
«Haben sie darüber mit Ihnen gesprochen?»
«Karen Dowell hat es mir gesagt, als wir für ungefähr dreißig Sekunden im Spülküchenbüro allein waren, während Brent im Haus herumgeschnüffelt hat. Und inzwischen melden sie es schon im Radio.»
«Ich habe mich mit dem Archäologen von der Rotherwas-Grabung unterhalten. Er hat eine Verbindung zum Fluss hergestellt, das nehme ich in meinen Bericht auf. Und das …», Bliss lehnte sich mit den Handflächen auf dem Autodach vor, als wollte er ein paar Liegestütze machen, «… ist dann das große Finale meiner Mitarbeit am Mordfall Ayling.»
«Frannie?»
«Ich wurde zu dem zurückbeordert, was lächerlicherweise als ‹übliche Pflichten› bezeichnet wird.» Er richtete sich auf. «Genauer gesagt soll ich mich um diese kleinen Vorstadt-Dealer kümmern, die wir seit ein paar Wochen überwachen. Die meisten von denen sind richtige Schisser. Keiner, der vor uns abhauen würde.»
«Aber warum …»
«Warum ausgerechnet jetzt, wollen Sie wissen? Drei Tage vor Weihnachten, wo wir sowieso schon verdammt knapp mit Personal sind?»
«Sie denken immer noch, das ist Charlie Howe, oder?»
«Ich bin ihm früher schon mal auf die Zehen getreten. So was vergisst er nicht. Charlie weiß, dass hier was gewaltig stinkt, und seine Tochter soll jetzt den Ventilator spielen, damit alles Unangenehme weggeblasen wird.»
Bliss lehnte sich mit dem Rücken an das regennasse Auto und erzählte Merrily, wie er am Morgen von Howe zur Schnecke gemacht worden war, weil er es versäumt hatte, einen Bericht über eine Konfrontation mit drei betrunkenen Teenagern abzufassen, von denen einer ein Ärztesohn war, der jetzt behauptete, er wäre von einem Bullen bedroht worden, der sich durch obszöne und beleidigende Sprache auszeichnete. Wie die Gletscherfrau diese Situation zu ihren Gunsten manipuliert hatte, musste Bliss Merrily nicht erklären.
Merrily bohrte die Hände in die Jackentaschen und dachte daran, wie Bliss Lol einmal geholfen hatte, Charlie unter Druck zu setzen, damit sie selbst Ruhe vor Annie Howe hatte. Vielleicht hatte Charlie Bliss deshalb auf seine persönliche schwarze Liste gesetzt.
«Glauben Sie denn wirklich, dass sie weiß, was in seiner Zeit
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