Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
Kasse.
«Zum Teufel, Merrily, Sie sehen …»
«… geschafft aus?»
«Total abgehärmt könnte man auch sagen.»
«War ein anstrengender Tag.»
«Brenda hat sich den ganzen Nachmittag ins Bett gelegt. Hat einen Anflug von Migräne.»
«Oh, das tut mir leid.»
Jim lächelte kläglich und stieß einen Seufzer aus.
«Es ist die Art Migräne, die durch die Anwesenheit gewisser Leute ausgelöst wird.»
«Oh.»
Jim blickte nach rechts und links, als könnte ihn jemand belauschen, und dann Richtung Poststelle, an der ein großes GESCHLOSSEN -Schild hing und … war das ein Metallkreuz, dahinten an der Rückwand?
«Ehrlich gesagt», sagte Jim, «ist das auch einer der Gründe, aus denen Brenda den Laden nicht mehr weiterführen will. Einerseits ist es ja gut, eine Poststelle im Dorf zu haben. Gut für den Laden, bringt Laufkundschaft. Andererseits …»
«Shirley.»
«Wenn diese Poststelle schließt, ist es, als würde sich eine Last von unseren Schultern heben. Ich habe überhaupt nichts gegen Religion, wie Sie wissen, aber neun Stunden täglich?» Jim sah Merrily unsicher an. Sie legte einen Zehn-Pfund-Schein auf die Ladentheke und deutete auf die Zigaretten im Regal.
«Diese Kirche, in die sie da geht, in Leominster … erwähnt sie die manchmal?»
«Allerdings, aber ich höre nicht zu.» Er nahm den Zehner. «Wollte, dass ich ein Werbeplakat dafür aufhänge. Ich hab gesagt, nein, wir haben hier schließlich unsere eigene Kirche und eine gute Pfarrerin.»
«Danke. Wie hat sie reagiert?»
«Hat ein finsteres Gesicht gemacht. Da habe ich sie gefragt, ob sie zu zwei Gemeinden gleichzeitig gehören will.»
«Hat sie das näher erklärt? Tut mir leid, Jim, aber ich habe gerade eine ziemlich merkwürdige Postkarte von dieser Kirche bekommen. Vielleicht sollte ich sie selbst mal danach fragen und versuchen, mit ihr zu reden.»
Jim legte eine Schachtel Silk Cut und Merrilys Wechselgeld auf die Ladentheke. «Das würde ich an Ihrer Stelle nicht machen», sagte er.
«Wie bitte?»
«Ich würde sie an Ihrer Stelle eine Weile in Ruhe lassen.»
«Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass Sie das sagen?»
«Na ja, es …» Jim begann mit den Kugelschreibern in seiner Kitteltasche zu spielen. «Es ist klar, dass Shirley Sie beobachtet. Damit sage ich vermutlich nichts, was Sie nicht schon selbst …»
«Pfarrerinnen sollten nicht rauchen und Freunde haben, ohne verheiratet zu sein? Oder eine Kirche betreten, ohne die Soutane zu tragen?»
«Oder das Fleisch verschmähen, dass DER HERR uns geschenkt hat.»
«Was?»
«Sie hat mich gefragt, warum Sie nie Fleisch bei uns kaufen. Ich habe keine Ahnung, was das soll. Sie beobachtet alles, verstehen Sie? Die ganze Zeit liegt sie auf der Lauer, verdammt. Das Hauptthema ist gerade das … hrm … das blasphemische Buch.»
«Oh, verflixt noch mal … woher weiß sie das denn schon wieder?»
«Wenn man die Poststelle führt, erfährt man früher oder später alles, schätze ich. Sitzt dort wie in einem Beichtstuhl, so kommt’s mir langsam vor, hinter diesem schusssicheren Glas. Erfährt mehr, als gut für sie ist.»
«Tja, vielen Dank auch, Amanda von
Ledwardine Livres
.»
«Dieses Buch», sagte Jim. «Ist da ein Loch vorne im Umschlag?»
«Ja.»
«Und dieses Loch führt geradewegs bis zur Hölle runter», sagte Jim. «Angeblich.»
«Und genau dorthin fahre ich hinab, oder?»
«Ich habe gedacht, wenn wir den Laden aufgeben, werde ich am Boden zerstört sein», sagte Jim. «Aber wenn ich’s mir jetzt überlege, stimmt das vielleicht gar nicht.»
Samstag
… wenn von der Bibel behauptet wird,
sie sei fehlerlos und ohne Widersprüche,
so wird sie zu einer spitzen und
möglicherweise gefährlichen Waffe in den
Händen fehlbarer und bestechlicher Menschen.
Stephan Parsons
Unheilige Furcht
29 Heidnische Psychopathen
Als Jane vor dem Badezimmerspiegel stand, blickte ihr ein angespanntes und besorgtes Gesicht entgegen. Ein Gesicht, das die Erkenntnis ausdrückte, dass dieser Tag viel entscheidender für sie werden konnte, als sie geahnt hatte.
Sie war lange vor dem Hellwerden aufgewacht, wissend, dass sie den Coleman’s-Meadow-Erhaltungsverein ans Messer geliefert hatte … dass sie unter dem Druck dieses abartigen Polizeistaats gegen die Interessen ihrer eigenen Mitstreiter gehandelt hatte. Aber Moms Argument, unter den Leuten könnte jemand sein, der rohe Gewalt als zulässiges Mittel betrachtete, war leider nicht von der Hand zu weisen. In der grauen
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