Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
gegangen bin», sagte Karen. «Aber wer weiß?»
Bliss stellte sich vor, wie sich Howe und Brent gegenseitig auf die Schulter klopften und sich mit koffeinfreiem Kaffee zuprosteten.
«Warum haben sie das mit dem Quarz rausgegeben?»
«Sie haben den Quarz nicht erwähnt, Boss. Nur die Steinfragmente. Und von den Augen haben sie auch nichts gesagt. Es hieß nur: Steine, die mit dem Kopf gefunden wurden. Die Pressemitteilung ging am späten Nachmittag raus – das war, bevor man im Fluss den Körper entdeckt hat. Und dann sind wir mit dem Computer reingekommen, und alles hat sich ergeben, eins aus dem anderen», sagte Karen.
«Was ist mit seiner Frau und den beiden anderen Frauen?»
«Wurden zu Hause befragt, aber nicht mitgenommen. Ma’am setzt immer noch auf Wilford Hawkes.»
«Haben Sie ihn gesehen?»
«Bei der ersten Befragung.»
«Und?»
«Schwer zu sagen. Sie sind da besser als ich, Boss. So, jetzt muss ich aber los, heute hat mein Freund Geburtstag.»
«Oh. Okay. Machen Sie sich einen schönen Tag», sagte Bliss. «Danke, Karen.»
Sie war schwer in Ordnung. Als sie gegangen war, setzte sich Bliss an seinen Schreibtisch. Howe hatte ihm eine schmale Akte zustellen lassen, in der sich Kopien von Briefen befanden, die am Computer verfasst und ausgedruckt worden waren. Angeblich stammten sie von anonymen Bewohnern eines Hereforder Vorstadtviertels und nannten den Namen eines Kokain-Dealers aus der Gegend dort. Das wäre normalerweise ziemlich interessant gewesen, aber solange der Mordfall Ayling lief, war das bestenfalls etwas für einen Detective Sergeant. Oben auf den ersten Brief hatte Howe geschrieben:
Francis, darum sollten wir uns so schnell wie möglich kümmern.
Die Kuh.
Bliss nahm den Brief in die Hand.
Wir haben entschieden, dass wir uns nicht länger mit diesem dreckigen Geschäft in unserer anständigen Gegend abfinden wollen. Einige von uns haben Kinder, die im Teenageralter oder jünger sind, und wir wollen nicht, dass sie mit dem Gedanken aufwachsen, so würden sich alle Erwachsenen benehmen.
In zwei weiteren anonymen Briefen stand so ziemlich das Gleiche, und sie nannten denselben Namen, Gyles Bank-Jones. Gyles führte ein Juweliergeschäft, manchmal warb er auch bei Home-Shopping-Partys für seine Produkte, ähnlich den Tupperware-Partys, die Bliss noch von seiner Mutter kannte. Und angeblich hatte Bank-Jones immer auch ein paar andere Waren dabei.
Soweit wir wissen, lagert er die Drogen bei sich zu Hause, und es ist zu erwarten, dass er jetzt eine Menge Vorräte für Weihnachten dahat. Wir bitten Sie dringend, sich einzuschalten.
Es folgten recht detaillierte Informationen über einige Verkaufspartys, die in diesem Viertel, in dem auch Bank-Jones lebte, abgehalten worden waren. Es waren so viele, dass die Einwohnerschaft eigentlich mit Modeschmuck behängt sein musste wie die Pfingstochsen. Die Briefe, glaubte Bliss, waren von einer Bürgergemeinschaft geschrieben worden. Es schien, als wären die Leute aus der Gegend tief über die Frage gespalten, ob Mr. Bank-Jones nun gut oder schlecht für die Gemeinschaft war.
Lustlos öffnete Bliss ein Päckchen Kaugummi. Diese Briefe hatten vermutlich seit Wochen in der Ablage gegammelt. Partydrogen waren überall auf dem Vormarsch, und man konnte Wochen damit verschwenden, solche Leute zu beobachten. Kein Vorstrafenregister und eine weiße Weste, weißer als weiß. Und anonyme Briefe nützten einen Scheiß; man brauchte Namen, verlässliche Zeugen. Otto Normalverbraucher schien keine Ahnung von den Anforderungen der Staatsanwaltschaft zu haben.
Dann, ein paar Tage zuvor, war der dritte Brief gekommen.
Er war direkt an die Zentrale geschickt worden.
Und er war unterschrieben. Er kam von einem Alan Sandison, der erst kürzlich in das Viertel gezogen war und mit seiner Frau zu einer Party eingeladen wurde, zu der Mr. Bank-Jones seinen Glitzerschmuck und ein paar winzige Päckchen mitgebracht hatte, die in der Küche eilig geöffnet wurden und deren Inhalt die Mehrzahl der Gäste gierig durch die Nase hochgezogen hatte.
Den Nachbarn, die Sandison und seine Frau eingeladen hatten, war leider entgangen, dass Alan Sandison Baptistenpfarrer war.
Manchmal war es einfach zum Lachen.
Mr. Sandison erklärte, er sei bereit, vor Gericht gegen Gyles Bank-Jones auszusagen, nicht aber gegen seine Nachbarn, die nach seiner Überzeugung nur verführt worden waren, die armen Lämmchen.
Na gut. Bliss schob sich einen Kaugummistreifen in den Mund. Nicht
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