Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
erstaunt, doch zeichnete sich auf ihren Gesichtern eine fast kindliche Begeisterung ab.
»Dies ist Djeseru-Sutech.« Tariq hatte sein Pferd an Theas linke Seite gelenkt. »Das Erbe meiner Vorfahren.«
»Djeseru-Sutech?« Sie starrte ihn an. »Diese Stadt gibt es wirklich? Und sie wird sogar bewohnt?« Sie hatte immer geglaubt, Khalil spüre einem längst verlassenen Ort nach, in dessen Überresten er die kostbarsten Schätze vermutete.
»So ist es«, bestätigte Tariq. Dann trieb er sein Pferd an und übernahm die Führung. Verblüfft sah Thea ihm nach. Als die Menschen ihn gewahrten, hielten sie in ihren Bewegungen inne, um ihm ihre Ehrfurcht zu bezeugen und sich vor ihm zu verneigen.
Ganz allmählich eröffnete sich ihnen die wahre Größe von Djeseru-Sutech. Die Umgebung des geheimen Zuganges war nur ein kleiner Teil gewesen. Je näher sie zur Stadtmitte gelangten, umso breiter wurden die Straßen. Schließlich erreichten sie einen Prunkweg, der mit weißen Marmorplatten gepflastert war. Die Steine leuchteten so hell in der Sonne, dass Thea die Augen abwenden musste, um nicht geblendet zu werden.
Die Gebäude wurden immer größer und ansehnlicher. Am Ende der Straße erhoben sich zwei eindrucksvolle Paläste, von denen der eine durch seine lebensecht bemalten Fassaden bestach. Halb nackte Menschen mit Tierköpfen waren darauf abgebildet, dazwischen hatte man sonderbare Zeichen in den Stein geritzt. Manche der Tiere erkannte Thea, andere waren ihr völlig unbekannt. Vor dem Prachtbau standen Männer in schlichten weißen Kitteln, die ihnen bis zu den Knien reichten. Ihre Köpfe waren kahl rasiert. Einer der Männer war vornehmer gekleidet – sein Gewand reichte bis zu den Knöcheln, und um den Hals hing ihm ein ähnlicher Kragen, wie Horeb ihn getragen hatte. In der Hand hielt er einen langen Stab, an dessen Spitze die goldene Figur eines liegenden Tieres, vielleicht eines Hundes, angebracht war.
Er trat einen Schritt vor, beugte das Haupt vor Tariq und hob mit feierlicher Stimme an zu sprechen. Seine Gefährten wiederholten die Worte und verneigten sich ebenfalls. Tariq nahm die Ehrbezeugung mit erhabener Handbewegung entgegen.
»Verstehst du, was er sagt?«, erkundigte sich Thea bei Said, der neben ihr auf seinem Reittier saß.
»Ich glaube, so etwas wie: Ruhm und Ehre dem Sethemhat, dem Herrn der Wüste und Herrscher über Djeseru-Sutech. «
»Und was hältst du davon?«
Er hob kaum merklich die Schultern. »Ich begnüge mich fürs Erste mit ehrlichem Erstaunen.«
Vor dem zweiten großen Prachtbau hielt die Karawane an. Das Kamel ging in die Knie, Lena sprang aus der Sänfte, und zwei Männer trugen Philip ins Innere des Palastes. Lena folgte ihnen auf dem Fuß. Auch Thea wäre am liebsten umgehend hinterhergeeilt, doch kaum war sie vom Pferd gestiegen, da spürte sie eine Hand auf der Schulter.
»Du wolltest doch wissen, wie man mich im Gebirge nennt.« Tariq lächelte sie herausfordernd an. »Hier bin ich Sethemhat, Verkörperung des Gottes Seth, der über die Wüste herrscht.«
Said hatte die Worte gehört. »Du nennst dich Verkörperung eines Gottes?«
»Ich nenne mich nicht so. Ich bin es«, lautete die Antwort. Said runzelte die Stirn, sagte aber nichts weiter. Für ihn musste es erschreckend sein, mit echten Heiden zusammenzutreffen, doch Thea war begeistert. Hier war also noch jemand, der an alte Götter glaubte oder sie zumindest zu seinem Vorteil nutzte, so wie es Gundula zu tun pflegte.
»Und wie soll ich dich nennen?«, fragte sie. »Tariq, Sethemhat oder gar Erhabener?«
»Wie es dir gefällt.«
»Sethemhat«, wiederholte Thea. »Nennt dein Wüstenstamm sich deshalb Sethi?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, diese Stadt ist dem Gott Seth gewidmet, ihr Name bedeutet Die Heiligkeit des Seth. Und seit jeher war es üblich, dass ihre Herrscher Seth in ihrem Namen tragen. Ebenso wie die Krieger, die zu ihrem Schutz bereitstehen.«
»Deshalb gab es also keine Frauen und Kinder in eurem Lager. Es sind vorgelagerte Wachtposten«, entfuhr es Thea.
Sethemhat nickte. »So halten wir es seit Jahrhunderten.«
»Seit Jahrhunderten«, wiederholte Thea. »Wie alt ist diese Stadt tatsächlich?«
»Es heißt, sie wurde zu Anbeginn der Zeiten gegründet und wird bis zum Ende aller Zeiten fortbestehen. Hier lebt das Erbe der alten Götter weiter, das Erbe Ägyptens und seiner Pharaonen, das ganze Wissen, das unser Volk in Jahrtausenden angesammelt hat und das andernorts Mord und Brandschatzung
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