Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
zum Opfer fiel, weil religiöse Fanatiker meinten, alles im Namen des einen Gottes vernichten zu müssen. Doch hier hat es die Zeiten überdauert, und hier wird es für alle Ewigkeiten bewahrt.«
»Ihr glaubt noch an die alten Götter?«, fragte Said.
»So ist es«, antwortete Sethemhat, ohne zu zögern. »Ich lese deine Gedanken – Götzendiener und Heiden. Aber was bist du als Muslim anderes für die Christen, in deren Begleitung du reist? Oder was sind sie für dich?«
»Der Islam erkennt die Schriftbesitzer an«, widersprach Said. »Christen und Juden sind für uns Muslime keine Heiden.«
»Im Gegensatz zu uns, ich weiß.« Sethemhat rang sich ein schmales Lächeln ab. »Was hast du vor? Wirst du uns mit dem Säbel in der Hand entgegentreten wie so viele deiner Glaubensbrüder?«
»Nein«, erklärte Said. »Meiner Überzeugung nach entscheidet Allah allein darüber, was mit den Ungläubigen geschieht. Ein solches Urteil zu fällen, kann nicht Aufgabe der Menschen sein.«
»Eine höchst seltene Auffassung. Gewöhnlich dient euer Gott doch immer wieder als Vorwand, um anderen den Schädel einzuschlagen und sich ihrer Reichtümer zu bemächtigen.«
»Muss ich alles gutheißen, was Menschen unter dem Deckmantel ihrer Religion tun?«
»Nein«, gestand Sethemhat ein. »Dein schwer verletzter Freund ist Christ, und dennoch bist du bereit, einen hohen Preis für seine Rettung zu zahlen. Das spricht für dich.«
»Du hast uns den Preis noch nicht genannt.«
»Er wird euch kundgetan, wenn es so weit ist. Keine Sorge, er lässt sich begleichen. Die Frage ist nur, wie bereitwillig ihr es tun werdet.«
»Gehört es zu deinem göttlichen Rang, in Rätseln zu sprechen?« Thea verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Sethemhat mit strengem Blick. »Kannst du uns nicht einfach sagen, was du von uns willst?«
»Noch ist es zu früh«, lautete die Antwort.
»Göttliches Geheimnis, wie?«
Sethemhat lachte. »Lasst uns lieber nach eurem Freund sehen. Horeb wird alles Menschenmögliche für ihn tun.«
35. Kapitel
D er Palast, in den man Philip trug, war so glanzvoll, dass sein Anblick Lenas Sorgen kurzzeitig in den Hintergrund drängte. Nicht in ihren kühnsten Träumen hätte sie sich Ähnliches ausmalen können. Die Empfangshalle wurde von riesigen Säulen gesäumt, die allesamt mit farbenprächtigen Bildern verziert waren. Frauen und Männer, die seltsamen Wesen mit menschlichen Körpern und Tierköpfen huldigten. Waren es alte Bilder, oder glaubten die Bewohner dieser Stadt noch immer an heidnische Rituale? Einen Moment lang war Lena verunsichert. Was, wenn sie wirklich Heiden waren? Nun, darum würde sie sich später Gedanken machen. Erst einmal galt es, Philips Leben zu retten, und dafür war sie zu jedem Opfer bereit. Wirklich zu jedem?, vernahm sie die Stimme ihres Gewissens. Würdest du ihm auch deine unsterbliche Seele opfern? Sofort unterdrückte sie den Gedanken und schalt sich eine Närrin. Niemand würde so etwas von ihr verlangen.
Sie folgte den Männern, die Philip trugen, durch weitläufige Flure in einen Nebentrakt des Palastes. Hier reihte sich Tür an Tür zu zahlreichen Zimmerfluchten. In einem dieser Räume wurde Philip auf ein breites Bett gelegt. Die Füße der Liegestatt waren wie Löwenpranken geformt und erinnerten Lena an die Stühle im Haus des Mikhail. War es eine ägyptische Sitte, Betten und Stühle mit Tierfüßen zu versehen?
Nachdem die Männer Philip aufs Bett gelegt hatten, verschwanden sie.
Für eine kurze Weile war Lena mit Philip allein, doch noch ehe sie einen Gedanken fassen konnte, erschien Horeb in Begleitung eines zweiten kahl rasierten Mannes, der genauso gekleidet war wie er. Allerdings wirkte der Fremde deutlich älter als Horeb, und tiefe Falten furchten sein Gesicht.
Hinter den beiden Männern traten zwei junge Mädchen ein. Sie trugen kurze Tuniken, die nicht einmal die Knie bedeckten und auch die Schultern frei ließen. Schon aus der Sänfte heraus hatte Lena einige Blicke auf die Bewohner der Stadt werfen können. Anscheinend störte sich hier niemand daran, dass Frauen und Mädchen sich öffentlich zeigten, als befänden sie sich in einem Badehaus.
»Das ist Amutef, mein hochverehrter Lehrer in der Kunst des Heilens«, stellte Horeb den alten Mann vor. »Wir werden versuchen, deinen Gemahl zu retten, doch dazu musst du uns vertrauen!«
Lena nickte. »Ich bin bereit, alles für Philips Heilung zu tun.«
»Gut.« Horeb wies die Mädchen
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