Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
parkte das Auto weiter unten. Der Morgen dämmerte gerade über den Bergen, als sie im Nebel, geschützt durch dunkle Schatten, die mit Bäumen gesäumte Straße entlanglief.
Sie ging um das Haus herum, betrat aber vorsichtshalber nicht das Grundstück. Sie suchte mit all ihren Sinnen nach einer Schwachstelle.
Du bist eine Hexe, kehr den Zauberspruch um!
Das konnte sie. Sie spürte immer noch die Macht in sich – das Böse, mit dem sie geboren worden war. Sie konnte es entfesseln. Sie würde Fiona finden, sollte diese sie nicht zuerst finden. Sie konnte den Hexenzirkel aufhalten, sie musste es nur planen.
Was unweigerlich den Tod von Menschen bedeuten würde.
Die Erkenntnis, dass Moira etwas tun konnte, bedeutete nicht, dass es richtig oder ungefährlich war. Sie und Peter hatten monatelang geplant, bevor sie Zauberei eingesetzt hatten, um ihre Mutter aufzuhalten. Sie hatten alles getan, um Moira zu schützen und abzusichern.
Und dann hatte dieser Plan im Tod geendet.
Genug, Moira. Mach deine Arbeit!
Sie betrachtete das Haus der Ellis. Sie nahm die Zauber wahr,
merkte aber, dass sie nur gegen böse Geister schützen sollten. Die Kräuter, die im Garten wuchsen, die Pflanzen in den Fenstern und die Talismane über den Türen würden weder eine Person davon abhalten hineinzugehen, noch die Hexe vor einem Eindringling warnen. Vielleicht hatte Moira am Ende doch eine Chance.
Sie entschied sich für den schmalen Hof neben der seitlich am Haus angebauten Garage, da er sie sowohl vor den Blicken der Nachbarn als auch vor denen von Lilys Mutter schützen würde. Außerdem befand sich eine Tür dort, die vom Haupthaus nicht zu sehen war.
Sie trat auf den Hof und konzentrierte all ihre Sinne auf die Umgebung. Zwei Häuser entfernt war ein Fernseher auf einen Nachrichtenkanal eingeschaltet, doch Moira konnte die einzelnen Worte nicht verstehen. Vögel zwitscherten in allen Tonlagen und wurden stetig lauter, während der Morgen erwachte. Sie war ruhig, aber auf der Hut. Sie hatte nicht das Gefühl, der Zauber, mit dem der Ort belegt war, gälte ihr und würde der Hexe ihre Ankunft melden.
Ermutigt näherte sie sich der Tür. Sie war verschlossen.
Für Hexen gab es keine verschlossenen Türen, doch musste man auch keine sein, um mit einem Dietrich umzugehen. Sie zog ein kleines Sortiment aus ihrer Tasche, und drei Sekunden später befand sie sich in der Garage. Still und leise dankte sie Rico, der ihr nicht nur beigebracht hatte, wie man Dämonen umbrachte, sondern auch auf ganz altmodische Weise einzubrechen.
In der Garage stand ein Kleinwagen, und in den vielen Regalen häuften sich Kräuter und Einweckgläser. Auf den ersten Blick sah die Garage aus wie ein Bastelraum, doch Moira wusste, welchen Zweck diese Kräuter und Pflanzen erfüllten – keinen guten. Über der Tür hing ein Trockenblumenstrauß, der, oberflächlich betrachtet, den Raum schmückte, dessen Kräuter
aber Geister vertreiben und die Bewohner des Hauses schützen sollten.
Sie war nicht sicher, wie sie weiter vorgehen sollte, und hielt einen kurzen Moment inne. Sie kannte sich zwar im Haus nicht aus, doch in der Garage konnte sie nicht bleiben, da sie keinen Platz bot, um sich zu verstecken, falls jemand hereinkäme.
Sie versuchte langsam und vorsichtig die Tür zu öffnen, die ins Haus führte. Sie war nicht verschlossen. Sie horchte nach Geräuschen im Innern. Nichts.
Moira wollte gerade durch die Tür gehen, als der Warmwasserboiler hinter ihr ansprang. Sie zuckte zusammen, fluchte und wartete. Der Boden über ihr knarrte und erinnerte sie daran, dass dies ein altes Haus war und sie sich nicht geräuschlos fortbewegen konnte, egal wie vorsichtig sie auch sein würde. Moira wäre zu gerne hineingeeilt, um Lily zu holen, doch widerstand sie der Versuchung, zählte langsam bis zwanzig und ermahnte sich zur Vorsicht. Sie trat in die kleine Waschküche, die zwischen Garage und Küche lag, aus der der Duft frisch gebrühten Kaffees drang. Sie schloss ihre Augen für einen Moment und konzentrierte sich auf die wenngleich auch nur leichten Regungen im Haus. Sie hatte Monate damit verbracht, ihren »Spinnensinn«, wie Rico ihn einmal in einem seiner wenigen heiteren Momente genannt hatte, zu trainieren. Volle Konzentration, Angst hinter sich lassen, Herzschlag verlangsamen. Hören, fühlen, sein.
Oben wurde geduscht, das Rauschen des Wassers war zu hören. Je länger die Dusche lief, umso wärmer und feuchter wurde es im Haus. Moira konnte den
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