Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
damit aufzuhören – eine Angewohnheit, in die sie immer verfiel, wenn sie nervös war.
Anthony mochte Moira nicht, da er dachte, sie wäre eine Hexe und für den Tod eines seiner »Brüder« verantwortlich – so nannte er die Jungen, mit denen er zusammen in dem Waisenhaus aufgewachsen war. Skye vermutete, dass es streng genommen kein Waisenhaus war – Anthony hatte von St. Michael nie als ein solches gesprochen –, doch wusste sie nicht so recht, wie sie den Ort sonst hätte bezeichnen sollen. Keiner der Jungen dort hatte Eltern, und sie hatten alle den Nachnamen von einem der dort lebenden Priester oder Mönche angenommen.
Eigenartig, aber Skye hatte nie groß darüber nachgedacht, auf welch ungewöhnliche Weise Anthony aufgewachsen war, da er ihr nie etwas verheimlichte. Trotzdem musste sie immerzu daran denken, wie viele Mütter ihre Kinder vor einem Kloster ausgesetzt hatten, um sie als Krieger Gottes erziehen zu lassen. Allein schon die Idee kam ihrem analytischen Verstand suspekt vor.
Sie war ebenfalls mit vierzehn Jahren von ihrer Mutter verlassen worden, die mit einem Mann fortging, der ihr zuerst viele Versprechungen gemacht hatte, um sie anschließend umzubringen. Verlassen zu werden war auch für Skye keine unbekannte Erfahrung.
Und sie liebte Anthony. Sie glaubte ihm das, was er sagte, obwohl es sich ungewöhnlich anhörte.
Doch dann war Moira O’Donnell aufgetaucht, und Skye erlebte eine Seite an Anthony, die in den wenigen Monaten, seitdem sie sich kannten, nur kurz zum Vorschein gekommen war. Wut und Feindseligkeit. Hatten er und Moira etwas miteinander gehabt? Sie versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen und ihn auf ihren Instinkt als Polizistin und nicht auf weibliche Unsicherheiten zu schieben, doch es funktionierte nicht.
Rod verhielt sich ungewöhnlich still, als er die Autopsie durchführte – obwohl er generell eher wortkarg war, wenn er junge Menschen obduzieren musste. Er arbeitete konzentriert und bedacht, ohne irgendwelche Scherze zu machen, die ihm gewöhnlich über die Lippen kamen. Daher empfand Skye die Autopsie als um einiges unangenehmer. Hätte ein Betrunkener oder ein Sechzigjähriger mit einem Herzinfarkt oder ein erschossenes Bandenmitglied auf der Bahre gelegen, hätte Rod den ein oder anderen Witz gerissen, um die Spannung zu lockern, aber Abby war erst siebzehn; sie hatte noch ihr ganzes Leben vor sich gehabt. Alles …
Skye war zu dieser Autopsie hinzugekommen, nachdem sie Abbys Eltern die Nachricht vom Tod ihrer Tochter überbracht hatte. Die beiden hatten an ihrem Küchentisch gesessen und Kaffee getrunken, beide im Glauben, Abby schliefe in ihrem Bett. Die Situation war die schlimmste gewesen, die Skye je erlebt hatte. Sie kannte Hiram Weatherby und wusste, er würde ihr keine Ruhe lassen, bis der Fall gelöst wäre.
Er war immerhin der Bürgermeister und das Ratsmitglied, das sich allen voran für ihre Ernennung als Sheriff eingesetzt hatte.
Sie sagte zu Rod: »Spann mich nicht so auf die Folter! Ich warte schon seit dreißig Minuten.« Das Einzige, was aus seinem Mund gekommen war, waren knappe Anweisungen an seine Assistentin gewesen.
»Ich habe nichts«, erwiderte er kurz angebunden. »Gar nichts.«
»Nichts … Was zum Teufel soll das bedeuten?«
»Das Herz – einwandfrei. Die Lungen – kräftig. Keine Anzeichen von Krebs, Herzinfarkt, inneren Blutungen oder körperliche Hinweise auf eine Überdosis. Ich habe die Labortests mit dem Vermerk ›dringend‹ verschickt, und Monica hat sich gerade Gewebeproben von jedem wichtigen Organ, von der Haut und vom Haar angesehen. Ein zweiter Satz Proben wird gerade genommen, um ihn an das staatliche Labor zu schicken, das zusätzliche Tests durchführen kann, die über unsere Möglichkeiten hinausgehen. Plötzliche Überdosen schlagen sich normalerweise irgendwo nieder. Doch nichts – keine Einstiche im Arm, kein Blut in ihrer Nase, keine Anzeichen von Wunden oder Verbrennungen in ihrem Mund. Sie hat wahrscheinlich noch nicht einmal je in ihrem Leben eine Zigarette geraucht; ihre Lungen sind in einem tadellosen Zustand. In ihrem Magen befindet sich so gut wie nichts, etwas Flüssigkeit – wahrscheinlich Tee –, keine Feststoffe. Schick das auch dorthin.«
»Es roch ganz eigenartig, als wir dort ankamen – vielleicht wurde sie durch die Luft, die sie einatmete, vergiftet.«
»Keine Anzeichen von Gewalt an ihren Nasenhöhlen, am Hals oder in den Lungen. Sieht aus, als hätte ihr Herz
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