Sündenkreis: Thriller (German Edition)
Dämonen.«
»Dafür muss ich ein klein wenig ausholen. Wie viel Zeit haben Sie denn?«
»Genug. Erzählen Sie. Darf ich mitschreiben?« Lara zeigte auf ihr Notizbuch, das er noch immer in der Hand hielt, und er gab es ihr zurück.
»Aber gern. Ich werde mich bemühen, mich verständlich auszudrücken.« Stefan Reinmann lächelte um Verständnis heischend, und deutete auf die Thermoskanne. »Möchten Sie noch Tee? Oder lieber etwas Stärkeres? Einen Portwein?« Noch ehe Lara den Kopf schütteln konnte, hatte er schon nach der Putzfrau gerufen und »zwei Gläschen Porto« geordert.
Nachdem die Tür sich hinter der Frau geschlossen hatte, lehnte er sich zurück und begann.
»Zuerst kurz zu den vermeintlichen ›Dämonen‹. Im sechzehnten Jahrhundert gab es in Trier einen Weihbischof namens Peter Binsfeld oder Petrus Binsfeldius. Er war gleichzeitig ein sogenannter Hexentheoretiker, der ein Traktat geschrieben hat, in dem es um Hexen und Zauberer ging. Dieser Peter Binsfeld hat jeder Todsünde einen Höllenfürsten zugeordnet. Lucifer zu superbia , Mammon zu avaritia , Asmodaeus zu luxuria . Dieselben Zuordnungen hat auch Ihr Täter vorgenommen. Zu gula , der Völlerei, gehört Beelzebub .«
Lara und Stefan Reinmann zuckten gleichzeitig zusammen, als Laras Handy klingelte. Sie machte eine entschuldigende Geste, und der Sektenmann nickte, dass sie ruhig abnehmen solle.
»Lara? Hast du das mit der Fast-Food-Leiche gehört? Wo steckst du gerade?« Jo redete so schnell, dass sie gar nicht zum Antworten kam. »Ich war unterwegs, aber jetzt bin ich durch mit meinen Aufträgen. Wir müssen reden. Wo wollen wir uns treffen?«
»Hallo, Jo.« Lara konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wenigstens war er nicht nachtragend. »Im Moment gar nicht.« Sie konnte hören, wie er nach Luft schnappte, und grinste stärker.
»Wie gar nicht?«
»Ich bin mitten in einem Gespräch. Mit Herrn Reinmann. Und es wird auch noch ein Weilchen dauern.«
»Oh, sorry. Das wusste ich nicht.« Er machte eine Pause und setzte dann hinzu: »Du ›recherchierst‹ schon wieder?« Es hörte sich ein klein wenig amüsiert an. »Treffen wir uns hinterher?«
Lara beschloss, ihn nicht länger zappeln zu lassen. »Das wäre nicht schlecht. Ich habe eine Menge neue Informationen.« Der Sektenbeauftragte nickte ihr zu und nippte an seinem Portwein.
»Das ist gut. Soll ich hinkommen?«
»Brauchst du nicht. Ich rufe dich an, wenn wir hier fertig sind.«
»Mach das. Und beeil dich. Bis dann.« Jo hatte aufgelegt.
»Mein Kollege.« Lara lächelte entschuldigend und legte das Handy auf den Tisch.
»Das habe ich gehört. Er ermittelt mit Ihnen zusammen in dem Fall?«
»Ermitteln kann man das eigentlich nicht nennen. Wir sind Journalisten, keine Kripobeamten, Jo ist eigentlich Fotograf. Er hilft mir ab und zu.« Sie senkte den Blick wieder auf ihre Notizen. »Was können Sie mir denn noch über die Todsünden erzählen?«
»Heutzutage sind es sieben. Das wussten Sie aber bestimmt schon. Die Todsünden sind keine Erfindung des Christentums. Schon die Völker im alten Orient waren der Ansicht, dass es schwerwiegende Verfehlungen gibt, durch die sich der Mensch von seinem göttlichen Ursprung entfernt und abtrennt. Im Volk Israel wurden schon um 1000 vor Christus elementare Regeln in Stein gemeißelt, aus denen sich die Zehn Gebote ableiten. Eine Einteilung menschlicher Laster findet man dann wieder bei Euagrios Pontikos. Das war ein Mönch, der im vierten Jahrhundert in Ägypten gelebt hat. In seinem Werk ›Über die acht Gedanken‹ benennt er acht negative Eigenschaften, von denen die Mönche heimgesucht werden können. Sünden entstehen der klassischen Theologie nach aus schlechten Charaktereigenschaften. Diese Charaktereigenschaften werden auch als Hauptlaster bezeichnet. Sie sind selbst keine Sünden im engeren Sinne, jedoch die Ursache von Sünden. Im Katechismus der katholischen Kirche werden unter der Nummer 1866 folgende sieben Hauptlaster genannt: Stolz, Habsucht, Neid, Zorn, Unkeuschheit, Unmäßigkeit und Trägheit. Drücke ich mich verständlich aus?«
»Absolut.« Lara schrieb »Trägheit« und sah dann zu Stefan Reinmann hinüber. Die Augen des Kirchenmannes leuchteten wie kleine Halogenscheinwerfer. »Derzeit gibt es also sieben Todsünden.« Sie kritzelte »Welche fehlen bei den Opfern?« hinter die Auflistung, als er fortfuhr.
»Das ist leider nicht exakt. Es mag Ihnen verwirrend erscheinen, aber es ist theologisch falsch, die
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