Sündenkreis: Thriller (German Edition)
tätowiert.«
»Auf die … Das ist unglaublich! Wo genau?«
»Sie müssen darüber bitte Stillschweigen bewahren.«
»Ja, ja, sicher.«
»Auf ihren Rücken.«
»Warten Sie mal eben einen Augenblick.« Lara sah, wie ihr Gegenüber sich zurücklehnte und sich die Augen rieb. Dann verschränkte er die Arme. »Inzwischen sind es doch mehr als drei Tote, nicht?«
»Fünf.« Lara atmete lange aus.
»Fünf? Das klingt aber gar nicht gut. Wo sind denn die Texte von den anderen beiden?«
»Die habe ich leider nicht. Die Polizei hält sie unter Verschluss.«
»Ach ja. Das kann man nachvollziehen. Sie wollen nicht alles preisgeben, was sie wissen.« Stefan Reinmann schüttelte sacht den Kopf und lächelte dabei. »Deshalb wollten Sie mir also nicht sagen, woher diese Texte stammten!«
Lara zuckte die Schultern und hob die Augenbrauen.
»Wie sind diese biblischen Sprüche denn Ihrer Meinung nach mit den Toten verknüpft?«
»Das ist die entscheidende Frage.« Lara nahm sich ein Stückchen Kandiszucker aus der silbernen Dose und steckte es in den Mund. »Wenn wir das wissen, sind wir dem Mörder ein ganzes Stück näher.«
»Das ist ja spannend. Ich hatte bisher noch nie etwas mit solchen Dingen zu tun.« Stefan Reinmann hatte die beiden Blätter wieder in die Hand genommen und betrachtete nachdenklich die Sätze. »Das Ganze klingt nach einem religiösen Fanatiker. Jagen Sie den Täter? Glauben Sie, dass Sie ihm schon auf der Fährte sind?«
»Nicht wirklich. Jo und mir fehlen einfach die Mittel. Ich habe im Umfeld der ersten drei Toten recherchiert, aber nichts von Bedeutung gefunden, und jetzt ist uns irgendwie die Luft ausgegangen. Wenn die Opfer zufällig ausgewählt wurden, ist es besonders schwer, eine Beziehung zum Täter herzustellen.«
»Da stimme ich Ihnen zu.«
Lara schob den Zuckerkristall im Mund hin und her und drückte ihn dann nach rechts, damit er beim Sprechen nicht störte. »Da Sie nun schon eingeweiht sind, kann ich Sie auch noch etwas anderes fragen.«
»Etwas zu den Fällen?« Stefan Reinmann hatte sich aufgesetzt.
»Bei den Toten waren nicht nur Texte auf den Rücken graviert.« Lara sah, wie ihr Gegenüber sich etwas nach vorn beugte und den Kopf leicht schief hielt. »Jeder von ihnen hatte auch Wörter auf der Stirn.«
»Einzelne Wörter? Welche?«
»Einen Moment bitte.« Lara suchte in ihrer Tasche nach dem Notizbuch. »Beim ersten Opfer waren es Lucifer und superbia . Die zweite Tote hatte die Wörter luxuria und Asmodaeus auf die Stirn tätowiert. Beim dritten – dieses Mal handelte es sich um einen Mann – avaritia und Mammon .«
»Von dem stammt auch dieser Text?« Reinmann zeigte auf die beiden Blätter vor sich.
»Genau. Vom vierten Opfer, einer Mitarbeiterin des Jugendamtes, weiß ich nur, dass etwas auf ihrer Stirn stand, nicht jedoch, was. Heute früh wurde ein weiteres Opfer gefunden, in einer Fast-Food-Filiale in Großpösna.«
»Das habe ich in den Nachrichten gehört. Und dieser Tote war auch tätowiert?«
»Eine der Putzfrauen, die ihn gefunden haben, sagte, auf seiner Stirn habe das Wort ›Gulag‹ gestanden. Hier habe ich alles chronologisch aufgelistet.« Lara reichte ihr aufgeschlagenes Notizbuch über den Tisch, und Stefan Reinmann vertiefte sich in die Aufzeichnungen. Die mächtige Standuhr in dem Eichenkasten hinter ihm klickte leise, dann schlug sie fünfmal. Das goldene Pendel schwang lautlos von links nach rechts. Draußen quietschte der Keilriemen eines Autos.
» Superbia , avaritia , luxuria . Und gula , nicht Gulag . Sie wissen, was das ist?« Stefan Reinmann fixierte Lara mit seinen leuchtenden Augen. Sie schüttelte den Kopf.
»Das sind Todsünden.« Das Wort schwang in Laras Kopf hin und her wie das Pendel des altertümlichen Regulators: Todsünden. Todsünden. Todsünden.
Der Sektenbeauftragte hatte inzwischen weitergeredet. » Superbia ist der Hochmut, die Eitelkeit oder der Stolz; avaritia ist die Habgier, luxuria heißt Wollust, Genusssucht, Ausschweifung und gula ist die Völlerei oder Gefräßigkeit, im übertragenen Sinne auch die Unmäßigkeit oder Selbstsucht.« Er holte tief Luft, wartete, bis Lara ihn ansah. »Dann hätten wir da noch die jeweils anderen Begriffe: Lucifer , Asmodaeus und Mammon . Ich nehme an, bei dem Mann von heute früh stand neben gula noch Beelzebub . Das wissen Sie aber nicht genau, oder?«
»Nein, leider. Was bedeuten denn diese Bezeichnungen? Sind es Synonyme? Für mich klingt das nach irgendwelchen
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