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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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und ihnen entgegenkam, um sie zu ihrem Tisch zu geleiten. Die Köpfe neigten sich wieder über die Teller, Geklapper setzte ein. Nur ein Mann schaute nicht sofort nach unten, sondern musterte den Führer und das Kind an dessen Hand etwas länger. Seine Augen schienen zu glühen. Dann wandte er den Blick ab, und Romain Holländer wusste, dass die Debatte heute Abend schwerer werden würde als gedacht. Er ließ Konrads Linke los und bedeutete dem Jungen, sich neben ihn zu setzen. Die kleine Frau schöpfte Suppe auf ihrer beider Teller, und dann aßen sie schweigend, während rund um sie herum leises Gemurmel wie ein Hintergrundrauschen das Essen begleitete. Manchmal lachte ein Kind, wurde aber gleich wieder zur Ruhe gemahnt. Die Gemeinde hatte entschieden, sich während des Essens nicht von anderen Dingen ablenken zu lassen. Geplapper nahm nur die Konzentration auf das Wesentliche.
    Romain Holländer schmeckte nichts von dem, was er da in sich hineinlöffelte, obwohl das, was die Frauen kochten, immer schmackhaft war. Seine Gedanken kreisten um den Mann mit den glühenden Augen.
    »Lasst uns reden, meine Brüder und Schwestern.« Romain Holländer lächelte gütig und ließ den Blick über die im Kreis sitzenden Jünger gleiten. Es gab kein vorgegebenes Thema, aber alle wussten, dass er ihnen mit seiner jeweiligen Predigt Hinweise für die darauffolgenden Gespräche gab. Heute stand demzufolge »bedingungslose Hingabe« im Mittelpunkt.
    »Wem können wir helfen, innere Ruhe zu finden, wer möchte uns etwas berichten?« Wieder schwenkte der Blick, huschte über die Menschen, blieb für einen Sekundenbruchteil am Gesicht von Frieder Wörth, dem Mann mit den glühenden Augen, hängen, und glitt dann weiter, während sich das gütige Lächeln vertiefte. Frieder Wörth war ein kleiner hagerer Mann. Sein Haar wurde bereits dünn, obwohl er noch keine vierzig war. Er saß sehr gerade, den Rücken durchgedrückt, die sehnigen Unterarme hatte er auf die Oberschenkel gelegt. An den Schläfen drückten sich feste Muskelstränge nach außen.
    Romain Holländer konnte meist schon vorher sehen, wer gleich sprechen würde. Die Betreffenden setzten sich aufrechter hin, machten kleine Gesten, hoben die Schultern oder holten tief Luft. Dieses Mal begann eine junge Frau – Sarah. Seit sie den Kindern des Himmels beigetreten war, hatte sie zu Hause Schwierigkeiten. Ihre Eltern akzeptierten die Kirche nicht und setzten Sarah unter Druck, sich von der vermeintlichen Sekte fernzuhalten. Die Gemeindemitglieder nickten und murmelten zustimmend, während sie sprach. Viele von ihnen hatten Ähnliches erlebt. Die meisten hatten eine eigene Wohnung, arbeiteten und mussten sich die Woche über in ein Alltagsleben eingliedern. Es war nicht das erste Mal, dass sie mit Problemen wie diesen hier zu tun hatten.
    »Finden wir eine Lösung für Sarah?« Romain musste nicht lange warten.
    »Du kannst bei mir wohnen, wenn du möchtest.« Melinda, eine stille Vierzigjährige, sprach leise. »Deine Eltern können nichts dagegen haben, wenn du zu einer Freundin ziehst. Du bist schließlich volljährig. Wir helfen dir beim Umzug. Dann kannst du dich wieder voll und ganz unserer Kirche widmen.« Einige nickten. Das, was Melinda gesagt hatte, passte wunderbar zur Predigt ihres Führers. Romain Holländer lächelte, während er aus den Augenwinkeln Frieder Wörth beobachtete. Der Mann rutschte auf seinem Stuhl hin und her, die Hände hatte er im Schoß verschränkt, die Fingerknöchel waren weiß. Romain Holländer wusste nicht genau, was der Mann wollte, aber er hatte eine Ahnung. Und es wäre nicht förderlich, wenn Wörth seine »Probleme« im Beisein der Gemeinde vortrug. Deshalb zeigte er auf Max Frenzel, dessen Körperhaltung ebenfalls andeutete, dass er etwas auf dem Herzen hatte.
    »Prinzipal« – der junge Mann atmete schwer, ehe er fortfuhr –, »ich finde, wir sollten mehr auf unsere Gebote achten. Die Welt ist voller Sünde und wir müssen uns wappnen.« Er machte eine kurze Pause und atmete wieder schwer.
    »Gibt es einen konkreten Anlass für deine Mahnung?« Romain Holländer musterte das weiche Gesicht des Zwanzigjährigen, während dieser den Kopf schüttelte. »Nicht direkt. Aber der Teufel ruht nicht. Ständig versucht er, uns in Versuchung zu führen. Wir sollten allen, auch Außenstehenden, ein Beispiel für den richtigen Lebenswandel geben.« Einige Gemeindemitglieder in der Runde nickten beifällig, und davon angefeuert, fuhr Max Frenzel

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