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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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konnte.
    »Ich rufe Sie an, ja?« Er wollte sich nicht festlegen.
    »Danke. Hier ist meine Karte. Auf dem Handy bin ich auch abends und an den Wochenenden zu erreichen. Und wenn nicht – sprechen Sie auf Band und ich rufe zurück.« Lara erhob sich.
    »Den Text kann ich behalten?«
    »Aber sicher. Das ist eine Kopie.« Sie folgte ihm. Im Foyer war es kühl. Stefan Reinmann verschwand hinter einer kleinen Tür und kam mit Laras Mantel über dem Arm wieder heraus.
    »Es war mir ein Vergnügen, Sie kennengelernt zu haben.« Er hielt ihr den Mantel hin und sie schlüpfte in die Ärmel.
    »Gleichfalls.« Lara trat durch die Eingangstür, die ihr der Mann galant aufhielt, und zog ihre Handschuhe an. Ihr Mini vor dem Tor war nur noch ein weißer Hügel. Frisch gefallener Schnee hatte ihre Spuren durch den Garten vollständig gelöscht.
    »Ich fürchte, ich muss noch einmal schippen. Schönen Abend noch!« Stefan Reinmann hob die Hand und blieb in der Tür stehen, bis sie hinausgegangen war, ein dunkler Umriss vor gelb erleuchtetem Hintergrund.
    Lara schaltete den Ton ihres Handys wieder an und grinste, als sie die eingegangene Nachricht las: »Wann kommst du? Jo«.

17
    Das dünne Mädchen stemmte die Arme in die Seiten und schob dabei die Schultern weit nach vorn. Dann warf sie den Kopf nach hinten und stolzierte ein paar Schritte weiter. Ihr Gang ähnelte dem eines Storches. Lara hatte das Ganze zwar schon live gesehen, aber hier, auf dem Monitor, wirkte es anders; gleichzeitig näher und doch weiter entfernt – wie ein Werbefilm im Fernsehen. Die Kamera zoomte auf das Model, strich im Zeitlupentempo von unten nach oben über ihren Körper und schwenkte dann zum Ende des Laufstegs. Die nächsten Mädchen erschienen nacheinander, stakten heran und stellten sich in die Lichtkegel.
    Verstehen konnte man nichts. Die Tonspur gab alles in der gleichen Lautstärke wieder: das Murmeln der Leute, das Stakkato der High Heels auf dem Laufsteg, die Opernmusik – während der Show hatte Lara auf Tschaikowski getippt –; sogar wie der Filmende atmete, war zu hören, ein gleichmäßiges Ein und Aus.
    Jetzt kam »Tor B. Hoff« ins Bild, wie er sich mit seinem Pavarotti-Tuch die Stirn abtupfte. Sein Gesicht wirkte in dem bläulichen Licht kantig und verschlossen, fast ein bisschen böse. Der Gedanke, der Nachwuchsdesigner selbst könnte etwas mit der Sache zu tun haben, tauchte wie ein U-Boot aus dem glatten Meer in Laras Kopf auf. War Torben Hoffmann aus Geltungssucht zum Mörder geworden? Lara schüttelte unmerklich den Kopf. Der Junge war ein Weichei. Sie murmelte »Quatsch« und konzentrierte sich auf das, was jetzt kam.
    Ein hastiger Schwenk vom Catwalk weg nach oben. Thomas Mahler, der die Show aufgenommen hatte, hüstelte, ehe er sprach. »Hier ist es mir auch aufgefallen. Torben und ich haben natürlich vorher seine Choreo durchgesprochen, damit ich wusste, was ich wann filmen sollte. In der Nachbearbeitung wollte er alles mit Musik unterlegen. Und das«, er zeigte auf die Trage, die gerade ins Bild kam, »war eindeutig nicht geplant.«
    Die Kamera verweilte auf dem Metallgestell unter der Bahre und wechselte dann zu den Mädchen; fing den aufgerissenen Mund eines Models ein. Rote Blumen erblühten auf ihrem kabukiweißen Gesicht, dunkle Tropfen schwebten an ihrem Körper vorbei und zerplatzten auf dem Laufsteg.
    Das Hintergrundrauschen nahm jetzt zu, einzelne spitze Schreie hoben sich heraus, die Kamera wackelte und fokussierte sich wieder auf die Trage, die nunmehr dicht über dem Laufsteg schwebte.
    »Ich dachte zuerst, es sei ein Scherz. Manche mochten Torben nicht, fanden ihn arrogant und abgehoben. Aber jemandem deswegen die Diplomschau zu sabotieren …«, Thomas Mahler schüttelte seine Korkenzieherlöckchen, »das hätte, glaube ich, keiner fertiggebracht.«
    »Zumal, wenn man bedenkt, dass es sich um Mord handelt.« Lara blickte zu dem jungen Mann. Das Licht der Neonlampen spiegelte sich in seiner Nerd-Brille.
    »Das wussten wir ja zu dem Zeitpunkt noch nicht. Erst als …«, sein Adamsapfel ruckte mehrmals nach oben, als er schluckte, »erst als wir die Bescherung sahen.«
    Der Film war inzwischen bei exakt jener Stelle angelangt. Man sah einen in einer Art Ballettpose erstarrten Torben Hoffmann. Wie ein schlaffer Taubenflügel hing das helle Tüchlein aus seiner Rechten, das Weiß seiner aufgerissenen Augen leuchtete aus der Dunkelheit, sein Mund war zu einem Schrei geöffnet, den man im Tumult nicht hören

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