Suendenpakt
sich selbst zu bemitleiden, wirft sie ihre Dämonen auf die Matte, wo sie einen nach dem anderen bekämpft.
Kunden darüber zu informieren, dass die Zeit um ist, ist in der Dienstleistungsindustrie immer ein kritischer Moment. Die Trainerin beendet ihre Hundert-Dollar-Stunde
mit einem reinigenden Atemzug und einer Runde Glückwünsche.
Die Frauen sammeln sich und ihre Sportsachen zusammen und huschen munter aus der Halle.
Alle außer Teresa, die noch auf ihrer Matte sitzen bleibt, als wäre sie erschreckt über die Aussicht, mit sich und ihrer Zeit alleingelassen zu werden. Sie wirkt sogar erleichtert, als ich mich ihr vorstelle.
»Ich bin sicher, Sie haben von den Morden am Strand im letzten Sommer gehört«, beginne ich. »Ich vertrete den jungen Mann, dem sie zur Last gelegt werden.«
»Dante Halleyville«, bestätigt Teresa. »Er hat es nicht getan.«
»Woher wissen Sie das?«
»Einfach so«, antwortet sie, als wäre ihr die Antwort direkt von der Kristallkugel in ihr Hirn geflattert.
»Ich bin hier, weil Ihr Wagen in der Nähe des Tatorts am Strand stand.«
»Ich wäre an dem Abend auch beinahe gestorben«, erhöht Teresa. »Oder vielleicht war das der Abend, an dem ich gerettet wurde. Ich hatte schon eine ganze Weile durchgehalten, aber an diesem Abend bin ich rausgegangen und wollte mir was organisieren. Ich habe meinen Lieferanten auf dem Parkplatz getroffen. Dann habe ich mir was gespritzt und die ganze Nacht auf einer Decke am Strand geschlafen.«
»Irgendwas gesehen oder gehört?«
»Nein. Das ist doch komisch, oder? Am nächsten Morgen habe ich es meinem Vater erzählt, und zwölf Stunden später war ich wieder in der Klinik.«
»Wer war Ihr Lieferant?«
»Als hätte man die Wahl«, antwortet Teresa.
Ich will nicht aufdringlich wirken, auch wenn ich es bin. »Was meinen Sie?«
»Es gibt nur einen Menschen, von dem Sie auf der Beach Road was kaufen können. Das ist schon so, solange ich mich erinnern kann.«
»Hat er einen Namen?«
»Einen Spitznamen. Loco. Loco der Verrückte.«
61
Kate
Fünf Minuten nach unserem Start vom Heliport in East Hampton blickt der Typ neben mir auf den Verkehr hinab, der die 27 entlangkriecht, und zeigt ein Tausend-Watt-Lächeln. »Nichts wie weg von hier und schnell wieder in die Stadt zurück. Ich liebe es, gerade noch am Strand entlanggerannt zu sein, und eine Stunde später sitze ich schon wieder mit einem Martini in der Hand in meiner Wohnung auf der Fifth Avenue. So wünscht man sich ein Wochenende.«
»Und es ist noch schöner, wenn man sieht, wie sich die armen Trottel da unten Stoßstange an Stoßstange fortbewegen, oder?«
»Sie haben mich beim Gucken erwischt.« Er kichert. Er ist Ende vierzig, braun gebrannt und fit und trägt die Reiseuniform der Überklasse - extrem gebügelte Jeans, Anzughemd und Kaschmirblazer, am Handgelenk eine Patek Philippe aus Platin, an den Füßen italienische Slipper ohne Socken.
»Schon nach fünfzehn Sekunden haben Sie mich durchschaut. Die meisten Menschen brauchen mindestens eine Stunde.« Er reicht mir seine Hand. »Roberto Nuñez, freut mich.«
»Katie. Nett, Sie kennen zu lernen, Roberto.«
Eigentlich wusste ich seinen Namen bereits. Und dass er eine südamerikanische Investmentboutique besitzt und Mort Semels Nachbar in den Hamptons ist. Nachdem uns Toms Begegnung mit Semels Leibwächtern zeigte, wie schwer es ist, mit den Beach-Road-Leuten zu reden, rief ich
Ed Yourkewicz an, den Bruder einer Mitbewohnerin während meines Studiums. Als Hubschrauberpilot fliegt Ed seit kurzem nicht mehr zwischen Bagdad und Falludscha Material hin und her, sondern Milliardäre zwischen Manhattan und den Hamptons.
Letzte Woche habe ich ihm eine Liste von Beach-Road-Bewohnern gemailt und gefragt, ob er mich in einem nicht ganz vollen Hubschrauber während des vierzigminütigen Dreitausendfünfhundert-Dollar-Flugs neben einen von ihnen setzen könnte. Er hat diesen Nachmittag angerufen und gesagt, ich solle mich am Abend um fünf vor sieben an der Südspitze des Flughafens einfinden. »Aber keine Minute früher, sonst fliegt deine Deckung auf.«
Während der nächsten zehn Minuten bemüht sich Roberto erfolglos, das Wunder einzufangen und zu umschreiben, das Roberto heißt. Es gibt ein halbes Dutzend Häuser, den Lamborghini und den Maybach, den endlosen Stress, über ein »bescheidenes, kleines Imperium« zu herrschen, und den täglich stärker werdenden Wunsch, all das für ein »einfacheres, echteres Leben« hinter sich
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