Suendenpakt
ich aber erleichtert.«
Das Ende kommt jäh, aber nicht besonders gnädig, und wie immer erinnert es mich an einen Latino-Rumba - Schach, Schach, Schach, Schachmatt.
Ich öffne meine Brieftasche und reiche Zeke einen Zwanziger. Trotzdem geht es mir so gut wie seit einer Woche nicht mehr - weil ich endlich eine Idee habe, wer Manny Rodriguez umgebracht haben könnte.
65
Raiborne
Ich hasse es, Krauss, den »Leichenmann«, am Wochenende anzurufen, aber nicht so sehr, dass ich es bleiben ließe. Wir vereinbaren, dass er von Queens zum Leichenschauhaus kommt. Als ich auf den eingezäunten Parkplatz hinter dem Gebäude fahre, sitzt er bereits mit gekreuzten Beinen auf der Motorhaube seines Volvo. Abgesehen von dem brennenden Glimmstängel in seinem Mund sieht er aus wie ein kleiner Buddha.
»Danke fürs Herkommen«, begrüße ich ihn.
»Nichts zu danken, Connie. Meine Verwandten sind schon seit Freitagabend da. Ich habe gehofft, dass du anrufst.«
Wir tauschen den sonnigen Parkplatz gegen den beigen Flur, wo es ruhiger ist als sonst. In seinem Büro liest mir Krauss den ballistischen Bericht zum Mord an Rodriguez vor.
»Kraussie, könntest du mir einen Gefallen tun und Michael Walkers Bericht auf den Bildschirm holen?«, bitte ich ihn, als er fertig ist.
Walker ist der Jugendliche, den wir drei Blocks entfernt ermordet in seinem Bett gefunden haben. Vielleicht hängen die beiden Morde ja miteinander zusammen. Ich weiß, zwischen den beiden gibt es, oberflächlich betrachtet, Ähnlichkeiten, aber die Tatsache, dass die beiden Jungs nachts im selben Viertel kurz hintereinander umgebracht wurden, reicht mir nicht. Ich brauche mehr.
Doch als Kraussie von den beiden Listen Kaliber, Bohrungsdurchmesser und weitere Daten vorliest, passt nichts
zusammen. Selbst die Machart und die Beschaffenheit der Schalldämpfer sind unterschiedlich.
»Auch die jeweilige Logik ist anders«, stellt Krauss fest. »Ich meine, es ist nicht so schwer zu verstehen, warum Walker, der Hauptverdächtige bei einem dreifachen Mord, eine Fahrkarte ins Jenseits bekommt. Aber ein Laufbursche, der noch nie in Schwierigkeiten war? Das ist irgendwas Privates oder was weiß ich.«
»Oder vielleicht sind sie so unterschiedlich, dass es doch einen Zusammenhang gibt.«
Wir schnappen uns jeweils einen Bericht und lesen ihn in dieser deprimierenden Grabesruhe, die man an einem Sonntagmorgen nur schwer an einem anderen Ort als dem Leichenschauhaus findet, noch einmal durch.
Keinem von uns fällt etwas auf, was der Rede wert wäre. In der ohrenbetäubenden Stille, wie sie sonst nur am Meeresboden herrscht, ziehen wir es vor, zurück in die Sonne zu gehen, zurück in unser so genanntes Leben.
66
Tom
Am Montagabend gehen Kate und ich zum Kiosk, um uns die neuen Januarzeitschriften zu besorgen. Wie Medienleute schnappen wir uns die Vanity Fair, die New York und The New Yorker und eilen zu meinem Wagen zurück.
Im Sam’s setzen wir uns im hinteren Raum an einen Tisch und breiten unsere glänzende Beute, deren Titelblätter wie metallene Auslagen leuchten, vor uns aus. Kate greift zur New York und schiebt mir die Vanity Fair zu. Auf Seite 188 blickt mir Dante durch Gefängnisstäbe entgegen. Ein fantastisches Foto, auf dem der Fotograf nicht nur Dantes Jugendlichkeit und Angst, sondern auch seine gespielte Tapferkeit eingefangen hat, mit der er diese Angst zu verbergen sucht.
In allen Zeitschriften wurde sein Gesicht beleuchtet, um seine Haut dunkler erscheinen zu lassen. Die Hautfarbe und die Hamptons sind eine entscheidende Kombination, um die Auflage in die Höhe zu treiben. Das wird bis zum Äußersten ausgereizt.
Vor allem ist es irgendwie nett, mit Kate hier zu sein. Fast wie bei einer Verabredung. Eine Stunde lang lesen wir unsere Zeitschriften und schieben sie hin und her, unterbrechen nur, um einen Happen von unserer Artischocken-Schinken-Pastete oder einen Schluck kaltes Bier zu nehmen. Der Artikel im New Yorker mit einem sachlichen Schwarzweißfoto, auf dem Dante wie ein Tänzer oder Popstar aussieht, ist ziemlich kurz, aber der von Dominick Dunnie in der Vanity Fair und von Pete Hamill in der New York sind locker
zehntausend Wörter lang. Beide sind fair, sogar mitfühlend. Jedes der Themen, die Kate am Telefon angesprochen hat, von Rassismus über die übereifrige Staatsanwaltschaft bis zu den Gerüchten über den Drogenmissbrauch der Opfer, war zu einer schicken, glänzenden Druckseite erblüht. Dies alles vor uns ausgebreitet zu sehen,
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