Suendenpakt
noch fertig geputzt. Es gibt also keinen einzigen Beweis, kein Indiz, der oder das Ihre Geschichte unterstützt oder bestätigt.«
»Einspruch«, schreit Howard.
»Worauf wollen Sie hinaus, Ms. Costello?«, fragt Richter Rothstein.
»Als Sie vor zwei Tagen - nach Ihrem Besuch von Jesus - beschlossen haben, mit dieser Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, mit wem haben Sie zuerst darüber gesprochen?«
»Ich habe das East Hampton Police Department angerufen.«
»Und mit wem genau haben Sie gesprochen?«
»Officer Lindgren.«
Ich rede und denke gleichzeitig, jedenfalls versuche ich es. »Ms. Robinson, wurden Sie in letzter Zeit verhaftet? Sagen wir, in den letzten paar Monaten?«
»Ja, Ma’am. Drogen.«
»Also wegen Drogenbesitz?«
»Ja.«
»Und wer hat Sie verhaftet?«
Nikki Robinson blickt nach rechts und links, überall hin, nur nicht zu mir, aber sie entkommt mir nicht. »Officer Lindgren«, antwortet sie schließlich.
Auf allen Seiten erhebt sich wütendes Protestgeschrei, und Richter Rothstein hat keine andere Wahl, als seine Drohung wahr zu machen und den Gerichtssaal räumen zu lassen.
98
Loco
Die kleine Nikki zieht im Zeugenstand die totale Schau ab. Wer hätte gedacht, was diese Schlampe so drauf hat? Aber diese oberschlaue Costello bringt sie dazu, ihr von Lindgren und der Verhaftung zu erzählen, und das Chaos bricht aus, so dass Rothstein den Gerichtssaal räumen lässt und Feierabend macht.
Alle drängen nach draußen auf den heißen Innenhof, und wären nicht die zweihundert Polizisten, käme es auf der Stelle zu Ausschreitungen. Die Stimmung ist so aufgeheizt, dass Rothstein die Verhandlung für weitere vierundzwanzig Stunden vertagt.
Also marschieren wir erst wieder Donnerstagvormittag zurück in den Gerichtssaal. Dieser Rothstein muss denken, wir sind alles Kinder, weil er uns eine Moralpredigt über die Bedeutung einer friedlichen Gerichtsverhandlung in einer freien Gesellschaft hält. Dieser Trottel - für das halten ihn nämlich die meisten von uns.
Dann wendet er sich an Ms. Costello, die Marie Scott in den Zeugenstand ruft. Das kommt bestimmt gut. Marie Scott, Dantes geliebte Großmutter, ist eine wichtige Zeugin.
Schon mein erster Blick sagt mir, dass sie eine dieser gottesfürchtigen, rechtschaffenen Frauen ist, die man nach einer Tragödie immer in den Nachrichten sieht. Ihr wisst schon, der Typ, der immer Haltung bewahrt, egal, was für eine furchtbare Sache gerade passiert ist.
Sie ist nicht mehr die Jüngste, ihr Rücken ist aber gerade
wie ein Brett. Und mit dem Tempo, mit dem sie zur Vereidigung schreitet, würde man glauben, sie wäre hier, um eine besondere Auszeichnung von George Bush entgegenzunehmen.
»In welchem Verhältnis stehen Sie zu dem Angeklagten, Ms. Scott?«, fragt Costello.
»Ich bin stolz, sagen zu können, dass dieser junge Mann mein Enkel ist«, wirft Marie Scott mit kräftiger Stimme in den Saal.
»Wie lange lebt Dante schon bei Ihnen?«
»Fünf Jahre. Seit Dantes Mutter ihre Haftstrafe absitzt. Dantes Vater war damals schon tot.«
»Dann haben Sie Dante seitdem aufgezogen?«
»Genau, und bis zu diesen falschen Anschuldigungen ist er nie in Schwierigkeiten geraten. Kein einziges Mal.«
Wenn ich eine Frau wie Marie sehe, frage ich mich immer, warum ihre Kinder so missraten sind, wenn sie sich selbst immer im Griff hat. Auch wenn sie mit Dante hervorragende Arbeit geleistet hat, wie kommt es dann, dass ihre Tochter im Gefängnis sitzt? Dieses pharisäerhafte Gehabe muss bei den Kindern genau das Gegenteil bewirken.
»Wo hat er bei Ihnen zu Hause gewohnt?«, fragt Costello weiter.
»Wir sind nur zu zweit. Also hatte er sein eigenes Zimmer.«
»Könnten Sie es uns beschreiben, Marie?«
»Es ist nichts Besonderes. Sein Bett war für ihn viel zu klein, aber der Schreibtisch war groß genug, und es hängen Regale an der Wand. Wir konnten uns keinen Computer leisten, aber er hat einen an der Schule benutzt.«
»Was befindet sich auf den Regalen?«
»An der einen Wand all die Sachen, die ein Schüler eben
hat - Bücher, CDs. Auf dem anderen Regal liegt sein Kram vom Basketball. Er nennt sie seine Traumwand, weil sie seinem Traum gewidmet ist, in der NBA zu spielen. Natürlich sagt er nicht NBA dazu, er sagt ›Liga‹.«
Das ist alles höchst faszinierend, aber worauf willst du hinaus, Großmütterchen?
»Was befindet sich alles an der Wand, Marie?«
»Fünf Regalbretter. Auf dem offenen Teil stehen seine Trophäen von den All-Star
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