Suendenpakt
entschieden.
99
Tom
Am nächsten Morgen, als sich die Zuschauer zurück in den Gerichtssaal schleppen, ist jedem Gesicht die Spannung anzumerken. Sie lastet schwer im Saal. Nach einer heißen Woche und einer Klimaanlage, die kaum mehr als eine Geräuschkulisse bietet, stinkt es nach getrocknetem Schweiß und anderen Körpergerüchen. Auf dem Weg zu meinem Platz neben Kate klebt mir bereits das Hemd am Rücken.
Die Entscheidung, Dante nicht in den Zeugenstand zu rufen, ist ein kalkuliertes Risiko, doch einen erschreckten Jugendlichen der Gnade der Staatsanwaltschaft auszusetzen, schien noch riskanter. Damit kommt meinem Schlussplädoyer umso mehr Bedeutung zu. Ich notiere mir gerade meine letzten Hinweise, als der Gerichtsdiener »Alles erheben!« kräht.
Viel zu schnell marschiert Richter Rothstein herein, klettert auf sein Podest und blickt zu mir.
»Mr. Dunleavy«, sagt er. Ich wende mich ein letztes Mal an die Geschworenen.
»Meine Damen und Herren, als ich zu Beginn der Verhandlung vor Ihnen stand, habe ich Sie gebeten, nichts von dem, was Sie hören, zu akzeptieren, bis Sie es durch Ihr eigenes Urteilsvermögen einschätzen können. Ich weiß, dass Sie dies getan haben, weil ich Sie dabei beobachtet habe und weil ich die Wirkung in Ihren Augen sehen kann. Dafür möchte ich Ihnen danken.
Heute Vormittag werden wir uns die Anklage der Staatsanwaltschaft zum letzten Mal vornehmen und ihre so
genannten Beweise Stück für Stück unter die Lupe nehmen.«
Auf meinem Gesicht steht der Schweiß. Während ich mir die Stirn abwische und einen Schluck Wasser nehme, ist nur das Surren dieser nutzlosen Klimaanlage zu hören.
»Als ich Dantes Verteidigung übernommen habe, dachte ich, es ginge um den tragischen Fall eines Jugendlichen, der zur falschen Zeit am falschen Ort war. Jetzt ist mir klar: Es war nicht Pech, das Dante Halleyville und Michael Walker an dem Abend, als Eric Feifer, Robert Walco und Patrick Roche umgebracht wurden, auf das Grundstück von Smitty Wilson geführt hat. Dante und Michael wurden absichtlich an den Tatort gelockt, um ihnen die Morde anzuhängen. Das ist die einzige Erklärung, die Sinn ergibt.
Warum genau sind Dante und sein bester Freund an jenem Abend zu Wilsons Fünfzig-Millionen-Dollar-Anwesen gegangen? Als sich Dante gestellt hat, erzählte er der Polizei, er habe um fünf Uhr abends einen Anruf erhalten. Wir wissen, dass er die Wahrheit sagt, weil die Kontrolle bei der Telefongesellschaft ergeben hat, dass er genau um siebzehn Uhr eins einen Anruf erhalten hat. Er wurde von einem Münzfernsprecher vor einer Fischbude aus getätigt, der Clam Bar in Napeague.
Der Anrufer gab sich als Eric Feifer aus. Er forderte Dante auf, zu Wilsons Grundstück zu kommen, um den überzogenen Streit beizulegen. Dante als anständiger Mensch hatte dasselbe Bedürfnis, diese dumme, von der Staatsanwaltschaft schamlos zu einem kleinen Rassenaufstand hochstilisierte Angelegenheit beizulegen. Er war also einverstanden, sich mit Feifer am Abend zu treffen. Außerdem hatte Michael Walker offenbar vor, an diesem Abend Marihuana zu kaufen. Dante hat uns das gesagt.
Doch die Person, die angerufen hat, meine Damen und Herren, war nicht Eric Feifer. Es war jemand, der sich als Eric Feifer ausgegeben hat.
Wenn Eric Feifer der Anrufer war, hätte er sein Mobiltelefon benutzt. Er brauchte nicht irgendwohin zu fahren, um einen Anruf zu tätigen, der nicht auf ihn zurückzuführen sein würde, weil er nichts zu verbergen hatte. Doch der Anrufer, der Dante und Michael diese Morde in die Schuhe geschoben hat, hatte etwas zu verbergen. Deswegen hat er ein Münztelefon benutzt.
Der Anruf« - ich mache eine kurze Pause, um mir noch einmal das Gesicht abzuwischen - »war nur einer von mehreren Schritten, mit denen die tatsächlichen Mörder Dante diese Sache anzuhängen versuchten, doch es war der wichtigste. Er führte Dante und Michael an den Tatort, und sobald die Mörder hörten, dass sie eintrafen, brachten sie diese drei jungen Männer um.
Dante und Walker werden also an den Tatort gelockt, aber das reicht den Mördern noch nicht. Sie finden heraus - möglicherweise über eine Verbindung zur Polizei -, wo sich Michael Walker versteckt. Sie töten ihn mit derselben Waffe, die sie für den Mord an Feifer, Walco und Roche verwendet haben. Sie sorgen dafür, dass Walkers vollständige Fingerabdrücke auf der Waffe zurückbleiben, und behalten die Waffe, bis sich Dante freiwillig stellt.
Sobald sie
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