Suendenpakt
Handschellen an und führen ihn zum vergitterten Fahrstuhl, der ihn ins Untergeschoss in die Haftzelle bringen wird. Auf der anderen Seite des Saals begleiten zwei andere Sheriffs die Geschworenen durch eine Tür zum wartenden Bus. Der Bus wird sie ein kurzes Stück die Straße entlang ins Ramada Inn bringen, wo sie das Wochenende im zehnten Stock, abgeschieden voneinander und vom Rest der Welt, verbringen werden.
Nachdem der Bus mit den Geschworenen abgefahren ist, huschen Tom und ich durch dieselbe Hintertür nach draußen und über den Parkplatz zum Taxi, das Clarence für uns dort abgestellt hat.
Vorne warten immer noch die Presse- und Fernsehleute auf uns. Sie werden erst merken, was passiert ist, wenn wir schon den halben Sunrise Highway hinter uns haben.
Die ganze Strecke über sagt keiner von uns ein Wort, zum Teil aus Erschöpfung, doch vor allem aus Schüchternheit oder so was in der Art. Plötzlich allein, wissen wir nicht, wie wir uns verhalten sollen. Ich denke sogar über früher nach, als wir jünger waren. Während unseres letzten Jahres
auf der Highschool haben wir uns fast jeden Tag gesehen - die ewigen Strandgammler. Während der College-Zeit war es so ähnlich, und als Tom auf dem St. John’s war, besuchte ich fast alle seine Heimspiele. Deswegen war ich so schockiert, als er mit mir Schluss gemacht hat. Ich weiß immer noch nicht, ob ich über den Schmerz hinweg bin.
Als Tom jedenfalls vor Macklins Haus hält und ich aussteige, merke ich seinem Blick die Enttäuschung an.
Ich bin ebenfalls enttäuscht, aber so hundemüde, dass ich es unbedingt noch bis zum Zimmer schaffen muss, bevor ich zusammenbreche. Meinen Rock knöpfe ich bereits auf der Treppe auf, ziehe das Rollo nach unten und krabble ins Bett.
Die Erleichterung, im sauber bezogenen Bett zu liegen, dauert nur eine Minute. Dann startet mein Hirn den Vor-und Rücklauf und schaltet in den Kritikmodus. Musste Tom die Rassenfrage erwähnen? War es gut, Dante nicht in den Zeugenstand zu rufen? Warum habe ich es Nikki so leicht gemacht, statt sie durch den Reißwolf zu jagen? Wie viel Druck hätten wir wirklich ausüben können, ohne zu wissen, wer oder wo Loco ist? War es nicht vermessen zu glauben, wir könnten den Fall gewinnen?
Dann zieht der Schlaf, das schönste Geschenk, das einem Menschen zuteil werden kann, den schwarzen Vorhang herunter.
Als ich mich wieder aufrichte, wach geworden von etwas, das sich anhört wie ein Specht, der gegen meine Fensterscheibe pocht, ist es halb vier morgens. Ich habe mehr als neun Stunden geschlafen.
Und wieder ein Klick an der Scheibe, und noch einmal. Ich steige aus dem Bett und wanke benommen zum Fenster.
Ich suche das Ende des Rollos und rucke einmal daran. Schwungvoll fliegt es an meinem Gesicht vorbei nach oben.
Im Hof steht, ein Fahrrad zu seinen Füßen, der einzige Junge, der mir jemals das Herz gebrochen hat, und will gerade den nächsten Kieselstein werfen.
Als Tom sein Gesicht zu einem Grinsen verzieht, merke ich, dass ich nackt bin.
102
Tom
Wie kann ein Ex-NBA-Spieler ein fünf Meter entferntes Ziel von der Größe einer Tür verfehlen? Der Kieselstein prallt von der Holzverkleidung ab, trifft den Rand der Regenrinne und fällt neben mir ins Gras.
Ich fische noch ein Stück von Macks Einfahrt aus meiner Tasche und starte einen neuen Versuch. Diesmal landet das Steinchen tatsächlich am Fenster, und auch mit dem nächsten habe ich Glück.
Ich frage mich, wie oft ich noch die Scheibe treffen muss, als das Rollo nach oben schnappt und Kate im Fenster steht. Das Mondlicht beleuchtet ihre sommersprossigen Schultern und vollen Brüste. Nach ein paar unendlichen Sekunden legt sie lächelnd einen Finger an ihre Lippen. Endlich kann ich wieder atmen, jedenfalls so lange, bis sie die Hintertür öffnet und in abgeschnittenen Hosen und einem Led-Zeppelin-T-Shirt barfuß herauskommt.
Auf Zehenspitzen schleichen wir an dem Fotografen des National Enquirer vorbei, der in seinem gemieteten Toyota eingeschlafen ist, und gehen in der Mitte einer Straße mit hochgeklappten Bürgersteigen Richtung Strand. Unsere Schuhe verstauen wir unter der Bank hinter dem East Deck und stapfen barfuß durch die Dünen.
Der Sand ist feucht und kühl, und das Mondlicht schimmert wie ein weißer Teppich, der auf einer seichten Welle auf uns zurollt.
Bevor der Strand schmaler wird, suchen wir uns einen Platz in der Nähe der Klippen. Dort breiten wir eine Decke
aus, auf die mich Kate zieht. Sie blickt mir in
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